Zum Inhalt

Braucht Facebook eine Einwilligung für personalisierte Werbung?

Der Oberste Gerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Auslegung vorgelegt, ob Facebook eine Einwilligung zur Verwendung von Kundendaten für personalisierte Werbung benötigt. Seit Inkrafttreten der DSGVO stützt sich Facebook hierfür auf die mit Nutzern abgeschlossenen Verträge und argumentiert, Werbung stelle einen erforderlichen Teil ihrer Dienstleistung dar.

Legt man als Nutzer ein Profil auf Facebook an, muss man seit Inkrafttreten der DSGVO die neuen Nutzungsbedingungen inklusive der „Daten-Richtlinie“, der „Cookie-Richtlinie“ und der „Rechtsgrundlage-Information“ akzeptieren. Darin enthalten ist z.B. eine Zustimmungserklärung des Nutzers für die Verwendung seiner Daten zur Bereitstellung von personalisierter Werbung. Den Vertragsbedingungen nach kann Facebook hierfür auch sensible Daten, wie die politische Meinung oder die sexuellen Orientierung, sowie auch Daten, die Facebook von Dritten mittels z.B. Cookies, Social Plugins oder Pixel erhält, heranziehen. Facebook rechtfertigt diese Datenverarbeitung damit, dass sie zur Erfüllung ihrer Vertragsverpflichtungen erforderlich sei. Der Oberster Gerichtshof (OGH) hält diese Auffassung jedoch keinesfalls für selbstverständlich. Die Kernfrage des vorliegenden Verfahrens ist, so der OGH, ob die Willenserklärung zur Verarbeitung von der Beklagten unter das Rechtskonzept der „Vertragserfüllung“ geschoben werden kann, um damit den deutlich höheren Schutz, den eine „Einwilligung“ für den Kläger bietet, auszuhebeln. Hierfür erachtet der OGH den „objektiven Vertragszweck“ als maßgeblich und meint: die „Erforderlichkeit einer Datenverarbeitung zur Vertragserfüllung hängt davon ab, ob ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der beabsichtigten Datenverarbeitung und dem konkreten Zweck des rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses besteht. …Die Tatsache, dass die Zwecke der Verarbeitung durch vom Anbieter formulierte Vertragsklauseln abgedeckt sind, bedeutet nicht automatisch, dass die Verarbeitung für die Erfüllung des Vertrags erforderlich ist.“

Ebenfalls legt der OGH dem EuGH die Frage zur Auslegung vor, ob es mit dem Grundsatz der Datenminimierung vereinbar ist, dass Facebook alle personenbezogenen Daten von Nutzern (auch jene, welche von Dritten durch z.B. Cookies, Social Plugins oder Pixel gesammelt werden) ohne Einschränkung für personalisierte Werbung analysiert, aggregiert oder verarbeitet. Weitere zwei Vorlagefragen befassen sich mit der zulässigen Verwendung von sensiblen Daten für etwa Werbezwecke, wenn Facebook diese Daten nicht differenziert hat bzw Verbraucher diese nicht auf der Plattform veröffentlicht haben, die Informationen jedoch öffentlich bekannt sind. Für eine Entscheidung dieser vorgelegten Fragen ist nun der EuGH zuständig.

Teilurteil zu Schadenersatz

Im konkreten Anlassfall hat der betroffene Verbraucher an Facebook auch einen Antrag auf Auskunft der von ihm verarbeiteten Daten gestellt. Dieser wurde von Facebook über längere Zeit nicht ausreichend beantwortet. Hierbei beurteilt der OGH auch das von Facebook zur Auskunftserteilung bereitgestellte Online-Tool für unzureichend. In diesem musste der Kläger „mindestens 60 Datenkategorien mit Hunderten, wenn nicht Tausenden von Datenpunkten durchsuchen, was mehrere Stunden Arbeit erfordern würde.“ Als Folge der unzureichenden Auskunftserteilung hat das Gericht festgestellt, dass der Betroffenen „massiv genervt“ ist und, dass es den Kläger stört, dass er über einen Teil der Daten „keine Kontrolle hat, weil sie in den Tools nicht angezeigt werden“. Laut OGH ist es nicht erforderlich, dass der Kläger unter einer psychischen Beeinträchtigung leiden muss, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Mit der vorliegenden Feststellung ist klargestellt, „dass tatsächlich ein spürbarer und objektiv nachvollziehbarer immaterieller Schaden vorliegt.“ Die Vorinstanzen haben dem Kläger hierfür bereits EUR 500,- Schadenersatz zugesprochen. Dies bestätigte der OGH nun mittels Teilurteil.

 

OGH 23.6.2021, 6 Ob 56/21k
Das (Teil-)Urteil im Volltext.
Der Vorlagebeschluss im Volltext.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Der VKI hatte die Sky geklagt, nachdem diese ihren Kund:innen angekündigt hatte, personenbezogene Daten mit der Österreichischen Post abgleichen zu wollen. Der OGH wertete die zugrundeliegende Vertragsbedingung und zwei weitere Datenschutzklauseln von Sky für unzulässig.

Gesetzwidrige Änderungsklausel von WhatsApp

Gesetzwidrige Änderungsklausel von WhatsApp

Der VKI hatte WhatsApp geklagt. Anlass für die Klage war eine Änderung der Nutzungsbedingungen von WhatsApp im Jahr 2021. Im Zuge dessen prüfte der VKI auch die Nutzungsbedingungen von WhatsApp und klagte daraus weitere fünf Klauseln ein. Verfahrensgegenstand beim OGH war nur mehr die Anlassklausel.

Preisänderungen bei Mobilfunkunternehmen

Preisänderungen bei Mobilfunkunternehmen

Laut Medienberichten planen Telefon- und Internetanbieter im Frühling eine Entgelterhöhung. Wir bieten hier eine allgemeine Übersicht über Preisänderungen bei Telekommunikationsunternehmen.

2.Instanz bestätigt Strafe von T-Mobile

2.Instanz bestätigt Strafe von T-Mobile

Der VKI hatte T-Mobile wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens geklagt. Das OLG Wien gab der Klage des VKI rechtskräftig statt. In der Folge verstieß T-Mobile mehrmals gegen das Urteil, weshalb der VKI bisher schon zwei Exekutionsanträge einbrachte. Das Landesgericht (LG) für ZRS Wien bestätigte nun von der ersten Instanz verhängte Strafe in Höhe von EUR 60.000,--.

EU-Roamingregeln verlängert und verbessert

EU-Roamingregeln verlängert und verbessert

Grundsätzlich dürfen Betreiber für Roaming in der EU sowie in Norwegen, Liechtenstein und Island seit 15.6.2017 keine Aufschläge mehr verrechnen. Diese Regelung wäre mit 30.6.2022 ausgelaufen. Die EU hat durch eine neue Verordnung aber dafür gesorgt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher im EU-Ausland weiterhin prinzipiell die gleichen Preise fürs Telefonieren, SMS-Schreiben und Surfen wie zu Hause bezahlen. Auch die Qualität der Datentarife muss, wenn möglich, gleich gut sein, wie im Inland.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang