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Urteil: Ratenzahlungs- und Anerkenntnisformblatt eines Inkassobüros - Gesetzwidrige Klauseln und gesetzwidrige Handlungspraktiken

Der VKI führt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - eine Verbandsklage gegen Klauseln in einem Ratenzahlungs- und Anerkennungsformblatt eines Inkassobüros.

Das HG Wien ist der Rechtsauffassung des VKI gefolgt, dass aufgrund der Ausgestaltung des Vertragsformblattes dem Inkassobüro das Gestaltungsrecht eingeräumt ist, einen entgeltlichen Zahlungsaufschub in Kraft zu setzen, weswegen das Verbraucherkreditegesetz (VkrG) zur Anwendung gelangt und dem Verbraucher die entsprechenden Informationen nach § 6 VkrG zu erteilen sind. Außerdem ist eine Aufschlüsselung der Kosten jeder einzelnen Leistung des Inkassobüros erforderlich, um dem Verbraucher ein klares Bild über die Höhe des geschuldeten Kapitalbetrages wie auch der Inkassokosten zu geben. 

Eingangs stellte das Gericht fest, dass es sich bei dem inkriminierten Ratenzahlungsformular, welches aus einem Aufforderungsschreiben(Vorderseite) und dem Ratenansuchen(Rückseite) besteht, um ein Vertragsformblatt handelt. Es wird nach dem Gericht unzweifelhaft ein an Verbraucher vorformuliertes Schreiben versandt, in welchem die Beklagte bekannt gibt, welche Leistungen sie begehrt (Höhe), unter welchen Bedingungen diese zu erbringen ist (Zahlungstermin, Bankverbindung), und welche Zahlungsoptionen (Ratenansuchen) dem Verbraucher angeboten werden. Ein solches Schreiben sei als Einheit zu betrachten und könne nicht in Vorder- und Rückseite geteilt werden.

Folgende Klauseln bzw Handlungspraktiken sieht das Gericht als gesetzwidrig an:

"Kosten entsprechen den von der Höhe des konkreten Rechnungsbetrages abhängigen Beträgen der Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen, BGBl 1996/141 idF BGBl II 2005/103."

Die Klausel sei intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Die InkassogebührenVO enthalte in § 4 Abs 2 eine Gebührenanpassungsklausel. Durch den bloßen Verweis auf die VO sei für den Verbraucher absolut nicht ersichtlich, welcher Betrag von ihm nun höchstens zu bezahlen sei. Damit seien für den Verbraucher die aktuellen Werte nicht bekannt bzw könnten diese nur unter aufwendigster Recherche und Berechnung von ihm ermittelt werden. Somit verstoße der Verweis auf die VO gegen das Gebot der Erkenntlichkeit und Verständlichkeit.

"Hiermit anerkenne ich die Richtigkeit dieser fälligen Forderung in der Höhe von EUR […] zuzüglich vereinbarter Zinsen. Es ist mir leider nicht möglich, den Betrag in einem zu zahlen. Daher ersuche ich Sie, mir die Zahlung in monatlichen Raten in der Höhe von EUR …. zum jeweils …… des Monats, beginnend mit …….., durch Übersendung einer schriftlichen Bestätigung zu genehmigen."

Auch diese Klausel ist nach dem HG Wien intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, weil dem Verbraucher ganz offensichtlich seine vertragliche Position verschleiert werde. Es ergäbe sich nämlich bei logischer Betrachtung kein klares Bild über die Höhe der anzuerkennenden Forderung. Es gehe nicht hervor, um welche Zinsen es sich bei den im Anerkenntnis erwähnten handeln solle. Die bereits angefallenen Zinsen gegenüber dem Auftraggeber seien ja bereits in der Gesamtforderung enthalten, wo Raum für andere Zinsen sein solle, zeige sich dem Verbraucher nicht.

"Gemäß Datenschutzgesetz (DSG 2000) teilen wir Ihnen mit, dass wir Ihre Daten an die Kreditauskunftei Deltavista GmbH, Diefenbachgasse 35, 1150 Wien weitergeben. Sie können die weitere Verwendung der Daten für Bonitätsauskünfte dadurch vermeiden, indem Sie dieser Zahlungsaufforderung vollständig und fristgerecht nachkommen."

Die Klausel überschreite entgegen der Auffassung der Beklagten die gesetzliche Ermächtigung des § 152 Abs 1 GewO ("Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Auskunfteien über Kreditverhältnisse berechtigt sind, sind nicht zur Erteilung von Auskünften über private Verhältnisse, die mit der Kreditwürdigkeit in keinem Zusammenhang stehen, berechtigt."), weil sich die Bestimmung nur auf die in Zusammenhang mit der Kreditwürdigkeit stehenden Daten beziehe. Die Klausel erwecke den Eindruck, es könnten sämtliche Schuldnerdaten, die wie auch immer geartet seien, weiterleitet werden. Da auch die Z 1 und Z 4 des § 8 DSG nicht zur Anwendung kämen, bleibe als rechtmäßige Alternative für eine Datenweitergabe nur die Zustimmung des Konsumenten gemäß § 8 Abs 1 Z 2 DSG. Weder werde diese Zustimmung eingeholt, noch werde über das Widerrufrecht belehrt. Überdies sei auch nach § 8 DSG die Angabe gefordert, welche Daten von der Weitergabe betroffen sind.

Zu der in der Klageausdehnung nach § 28 KSchG inkriminierten Klausel

"Ich kann binnen einer Woche ab Erhalt der Bestätigung von dieser Ratenvereinbarung zurücktreten, ein Absenden der Rücktrittserklärung innerhalb dieser Frist genügt nicht."

wie auch zu den nach § 28a inkriminierten Klauseln, es zu unterlassen "beim Anbot einer Ratenzahlungsvereinbarung und Anerkenntnissen einen höheren als den Verzugszinssatz anzugeben, welchen der Konsument aufgrund seiner vertraglichen Vereinbarung oder von Gesetzes wegen, aus dem Vertragsverhältnis zum Auftraggeber der beklagten Partei, schuldig ist zu zahlen",

und

"den Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen und Anerkenntnissen zu ermöglichen, ohne dabei Angaben zum anwendbaren Satz der Verzugszinsen und die Art seiner etwaigen Anpassung, einen Warnhinweis über die Folgen ausbleibender Zahlungen und das Recht auf vorzeitige Rückzahlung zu machen",

führte das HG Wien aus, dass sich aus dem Zusatz "zuzüglich vereinbarten Zinsen" (In Klausel 1) die‚ Entgeltlichkeit der Ratenvereinbarung ergebe. Mit dem Text werde der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, ein Gestaltungsrecht auszuüben und damit einen entgeltlichen Zahlungsaufschub in Kraft zu setzen. Somit sei § 25 VKrG anzuwenden, der nahezu  alle Bestimmungen des zweiten Abschnittes des VkrG auf den entgeltlichen Zahlungsaufschub erstrecke. Daher wären die Pflichtinformationen des § 6 VkrG in der Vereinbarung mit dem Verbraucher anzuführen.

Die Beklagte hat es weiters zu unterlassen "den Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen und Anerkenntnissen zu ermöglichen, ohne dabei die Inkassokosten gesondert und mit jedem Betreibungsschritt aufgeschlüsselt auszuweisen". Nach Ansicht des HG Wien bestehe die Verpflichtung zu Bezahlung von Betreibungskosten zwar ex lege, jedoch in den gesetzlich festgelegten Schranken des § 1333 Abs 2 ABGB wie aber auch des § 6 Abs 1 Z 15 KSchG. Auch ein im schuldhaft im Verzug befindlicher Verbraucher habe das Recht zu erfahren, auf welchen konkreten Leistungen die Höhe der gegen ihn erhobenen Schadenersatzforderung beruhe, wenn er diesbezüglich einen Vertrag abschließe. Es sei nicht ersichtlich, dass es Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, durch die Einführung des § 1333 Abs 2 ABGB den Anwendungsbereich des § 6 Abs 1 Z 15 KSchG einzuschränken.  Zur Art der nach § 6 Abs 1 Z 15 KSchG erforderlichen Aufschlüsselung kam das Gericht unter Auseinandersetzung mit den Gesetzesmaterialien (311 BlgNR 20 GP 21f) , Literaturstimmen (Krejci in Rummel³, § 6 KSchG Rz 145j) und Judikatur (LGZ Wien 28.03.1995, 45 R 777/94) zur Auffassung, dass das Vertragsformblatt diesen Anforderungen nicht genüge.  So sei aus dem Punkt "Evidenzzahlungsgebühr*, quartalsweise im Voraus" nicht klargestellt, für welches Quartal hier ein Entgelt anerkannt bzw bezahlt werden solle, wobei dieser Hinweis der Beklagten absolut zuzumuten sei und auch - wie von der Beklagten in Treffen geführt -zu keinerlei Unübersichtlichkeit führen würde. Im Gegenteil würde dies zur Transparenz der Betreibungstätigkeit beitragen. Hinsichtlich des Punktes "Kosten weiterer Mahninterventionen nach der ersten Mahnung (zB zweite/dritte Mahnung, Stundungs-/Vergleichs-/Ratenvereinbarung, Telefoninkasso)" sein nicht einzusehen, warum es nur möglich sein soll, die Kosten für die erste Mahnung in einem eigenen Punkt auszuweisen, jedoch nicht die Kosten für die zweite und dritte Mahnung. Auch dies würde nicht zu Unübersichtlichkeit oder Untunlichkeit führen. Insgesamt sei daher eine Aufschlüsselung der Leistungen der Beklagten zu verlangen. Nur diese Vorgehensweise könne den vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung bezwecken Schutz des Verbrauchers bewirken. Der Unterlassungsanspruch sei daher berechtigt.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. (Stand 30.10.2013)

HG Wien 18.10.2013, 18 cg 130/12z
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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