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Urteil: Unzulässige Klauseln von Zalando

Das OLG Wien erklärte 7 von 9 Klauseln der AGB von Zalando als gesetzwidrig.

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage wegen der AGB von der Zalando AG eingebracht.

Folgende 7 Klauseln wurden dabei vom OLG Wien als gesetzwidrig eingestuft:

Klausel 1: Ein Beschaffungsrisiko wird von uns nicht übernommen, auch nicht bei einem Kaufvertrag über eine Gattungsware. Wir sind nur zur Lieferung aus unserem Warenvorrat und der von uns bei unseren Lieferanten bestellten Warenlieferung verpflichtet. (6.11. in AGB)

Die Klausel ist im Vergleich mit dem dispositiven Leistungsstörungsrecht der §§ 918 ff ABGB nachteilig für die Kunden: Sowohl beim subjektiven Schuldnerverzug als auch bei der vom Schuldner zu vertretenden nachträglichen Unmöglichkeit hat der Kunde einen Schadenersatzanspruch auf den Nichterfüllungsschaden. Durch obige Klausel wird dem Verbraucher in solchen Fällen die Möglichkeit genommen, von Zalando Schadenersatz zu verlangen, der bereits darin besteht, dass sich der Käufer mit den bestellten Modeartikeln bei einem anderen Händler zu einem teureren Preis eindecken muss.

Klausel 2: Die Verpflichtung unsererseits zur Lieferung entfällt, wenn wir trotz ordnungsgemäßem kongruenten Deckungsgeschäft selbst nicht richtig und rechtzeitig beliefert werden und die fehlende Verfügbarkeit nicht zu vertreten haben, Sie hierüber unverzüglich informiert haben und nicht ein Beschaffungsrisiko übernommen haben. (6.12. in AGB)

Die Klausel ist intransparent, weil sie den Konsumenten kein klares Bild über ihre vertragliche Position verschafft. So bleibt vor allem unklar, ob die angeführte Rechtsfolge tatsächlich nur bei Fehlen jeglichen Verschuldens der Beklagten (und ihrer Erfüllungsgehilfen) eintritt, aber auch was unter dem Begriff des "ordnungsgemäßen kongruenten Deckungsgeschäfts" zu verstehen ist.

Klausel 3:
Dauert das Leistungshindernis in den vorgenannten Fällen über einen Zeitraum von mehr als 4 Wochen nach den ursprünglich geltenden Lieferzeiten an, so sind Sie zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Weitergehende Ansprüche, insbesondere auf Schadenersatz, bestehen nicht. (6.13. in AGB)

Laut AGB (6.9.) werden die als "lieferbar" gekennzeichneten Waren grundsätzlich innerhalb von 5 Werktagen geliefert.

Die starre vierwöchige Nachfrist in obiger Klausel kann zu einer unzumutbar langen Bindung an den Vertrag führen kann, die gegenüber dem dispositiven Recht des § 918 ABGB gröblich benachteiligend ist, weil die dort vorgesehene angemessene Nachfrist bei Vorliegen eines entsprechend dringenden Bedarfs des Konsumenten wohl kaum länger als die ursprüngliche Lieferfrist zu bemessen wäre. Die Klausel bewirkt somit eine unangemessen lange Bindung des Verbrauchers an den Vertrag und ist daher gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KSchG unwirksam sowie gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich aus der Bestimmung des (seit 13.6.2014 durch § 7a KSchG idF des VRUG ersetzten) § 5i KSchG für sie nichts gewinnen, weil die dort normierte Lieferfrist von 30 Tagen nur dann gelten soll, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Es handelt sich dabei um eine dispositive Fälligkeitsregelung, die durch
die Vereinbarung einer Lieferfrist bei den im Online-Shop der Beklagten als lieferbar bezeichneten Artikeln gemäß Punkt 6.9. ihrer AGB auf 5 Tage verkürzt wurde.

Klausel 4: Verbraucher können Ihre Vertragserklärung gemäß § 5e Konsumentenschutzgesetz (KSchG) innerhalb von 7 Werktagen ohne Angabe von Gründen in Textform (zB Brief, Fax, E-Mail) oder - wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird - durch Rücksendung der Sache widerrufen. (7.1. in AGB)

Der Rücktritt nach § 5e KSchG erfordert nicht die Schriftform. Die gegenüber § 6 Abs 1 Z 4 KSchG speziellere Bestimmung des § 5e KSchG ist gemäß § 2 Abs 2 KSchG zu Gunsten des Verbrauchers einseitig zwingend. Sie lässt daher die Vereinbarung der Schrift- oder Textform nicht zu.

Anmerkung: Die Erklärung des Rücktritts für alle ab dem 13.6.2014 abgeschlossenen Fern- und Auswärtsgeschäfte ist auch nach der nunmehr sogar ausdrücklichen Anordnung in § 13 FAGG an keine bestimmte Form gebunden ist.

Klausel 5: Für dem Kunden im Rahmen der Geschäftsabwicklung zugefügte Schäden haften wir nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit oder bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit der für uns tätigen Erfüllungsgehilfen. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist, ausgenommen bei Personenschäden, ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gilt auch für Mangelfolgeschäden. (13. in AGB)

Aus § 6 Abs 1 Z 9 KSchG kann nicht darauf geschlossen werden, dass die Haftungsfreizeichnung für leicht fahrlässig verursachte Schäden - über Personenschäden hinausgehend - ganz generell für zulässig erklärt wird. Auch eine solche Freizeichnung bedarf nämlich noch einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Führen Freizeichnungsklauseln wie hier - zu einem - wenn auch mit Ausnahme von Personenschäden - generellen Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit, liegt darin somit schon aufgrund ihrer Allgemeinheit eine gröbliche Benachteiligung der Verbraucher iSd § 879 Abs 3 ABGB.

Klausel 6: Wir speichern Ihre Bestell- und Adressdaten zur Nutzung im Rahmen der Auftragsabwicklung (auch durch von uns eingesetzte Auftragsabwicklungspartner oder Versandpartner), für eventuelle Gewährleistungsfälle, für Verbesserungen unseres Angebots und für Produktempfehlungen gegenüber Kunden gemäß des Inhalts unserer Datenschutzerklärung. (15. in AGB)

Klausel 8: Ihre personenbezogenen Daten werden an Dritte nur weitergegeben oder sonst übermittelt, wenn dies zum Zweck der Vertragsabwicklung oder Abrechnung erforderlich ist oder Sie zuvor eingewilligt haben. Im Rahmen der Bestellabwicklung erhalten beispielsweise die hier von uns eingesetzten Dienstleister (wie bspw Transporteur, Logistiker, Banken) die notwendigen Daten zur Bestell- und Auftragsabwicklung. (2.3. in AGB)

Beiden Klauseln fehlt es an der notwendigen Transparenz iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil für den Verbraucher die Tragweite seiner Einwilligung nicht durchschaubar wird.

Hingegen sind folgende beiden Klausel laut OLG Wien zulässig:

Klausel 7: Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrages einschließlich dieser Regelungen ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder sollte der Vertrag eine nichtvorhergesehene Lücke aufweisen, bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen oder Teile solcher Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder fehlenden Bestimmungen treten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen. (18. in AGB)

Während das Erstgericht den ersten Satz als unzulässig beurteilte, sind laut zweiter Instanz beide Sätze rechtskonform:

Es geht in der Klausel nur darum, dass im Fall der Nichtigkeit einer Klausel der AGB (und nicht des gesamten Vertrags) an ihre Stelle die jeweilige gesetzliche Regelung treten und die Gültigkeit des restlichen Vertrags im Übrigen davon unberührt bleiben soll. Diese Rechtsfolge entspricht der stRsp, wonach die Nichtigkeit einer Klausel noch nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge hat, sondern zur Vertragsanpassung führt, die sich am dispositiven Recht zu orientieren hat.

Klausel 9: Wenn Sie nicht möchten, dass Facebook über unseren Internetauftritt Daten über Sie sammelt, müssen Sie sich vor Ihrem Besuch unseres Internetauftritts bei Facebook ausloggen. (7. in AGB)

Die Klausel will die Verbraucher nur darüber informieren, dass Facebook Daten über sie auch auf der Website der Beklagten sammelt, solange sie bei Facebook eingeloggt sind. Der Klausel kommt erkennbar reiner Informationscharakter, nicht aber vertragsgestaltende Wirkung zu, sodass ihr Entfall ohne Konsequenzen bliebe. Die Klausel kann daher nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG verstoßen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 23.9.2014).

OLG Wien 27.8.2014, 5 R 26/14a
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer - Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG



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