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Inkassobüro: Anwendbarkeit des VKrG - OGH ersucht EuGH um Vorabentscheidung

Im vom VKI wegen Verletzung der vorvertraglichen Informationspflichten gem § 6 VKrG angestrengten Verbandsverfahren gegen INKO hat der OGH das Verfahren mit Beschluss vom 17.2.2015 (4 Ob 199/14i) ausgesetzt, und den EuGH um Vorabentscheidung ersucht.

Die Frage, ob ein Inkassobüro, das im Auftrag und Namen von Gläubigern Raten- oder Stundungsvereinbarungen mit Verbrauchern abschließt, vorvertragliche Informationspflichten - ua über die Laufzeit der Ratenvereinbarung und den effektiven Jahreszins - gem § 6 VKrG treffen, hängt nämlich davon ab, ob es unter den Begriff des Kreditvermittlers iSd § 2 Abs 4 VKrG fällt und ob ein entgeltlicher Zahlungsaufschub iSd § 25 VKrG auch dann vorliegt, wenn sich der Verbraucher nur zur Zahlung solcher Zinsen und Kosten verpflichtet, die er aufgrund seines Verzugs ohnehin schon von Gesetzes wegen zu leisten gehabt hätte. Beide Fragen hängen maßgeblich von der Auslegung der dem VKrG zugrunde liegenden Verbraucherkreditrichtlinie ab.

Der OGH selbst spricht sich in der Begründung dafür aus, beide Vorlagefragen zu bejahen:

1)    Die Legaldefinition des Kreditvermittlers iSd § 2 Abs 4 VKrG unterscheidet nicht zwischen dem typischen Berufsbild des Gewerbes und der Tätigkeit von Inkassobüros, die ausschließlich zum Zweck der Forderungseintreibung für ihre Auftraggeber Vereinbarungen abschließen, die als Kreditierungen iSd RL zu qualifizieren sind.

2)    Die Schutzvorschriften des VKrG sind zwar auf unentgeltliche Zahlungsaufschübe nicht anwendbar (§ 25 VKrG). Der Entgeltlichkeitsbegriff ist aber nach Ansicht des OGH weit auszulegen und umfasst auch solche Ratenvereinbarungen, die bloß eine Zahlungspflicht konkretisieren, die sich ohnehin schon - wegen Verzugs - aus dem Gesetz ergibt. Grund dafür ist der Schutzzweck der Norm, eine informierte Entscheidung zu treffen und dem Schuldner zu ermöglichen, die Vereinbarung mit anderen Finanzierungsformen zu vergleichen. So könne auch ein in Verzug befindlicher Schuldner ein Interesse daran haben, zu erfahren, welche konkrete Belastung mit der Vereinbarung verbunden ist.

Für die Anwendbarkeit des VKrG spricht nach dem OGH auch, dass in der RL eine Bestimmung existiert, die ausdrücklich regelt, dass die Mitgliedstaaten vorsehen können, welche Bestimmungen bei im Fall von Zahlungsverzug getroffenen Vereinbarungen über "Stundungs- und Rückzahlungsmodalitäten" gelten sollen (Art 2 Abs 6). Würde man einen engen Entgeltlichkeitsbegriff vertreten wollen, hätte diese Bestimmung aber keine eigenständige Bedeutung, weil entsprechende Vereinbarungen dann vom Anwendungsbereich des Gesetzes von vornherein ausgeschlossen wären.

OGH 17.2.2015, 4 Ob 199/14i
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer

Anmerkung:
Zuvor hatte der OGH bereits der Verbandsklage des VKI gegen INFOSCORE stattgegeben ohne die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen (10 Ob 28/14m).

In der Lehre ist die Anwendbarkeit des VKrG bei derartigen Stundungsvereinbarungen umstritten: Ausf zum Thema Haghofer, VbR 2014/115 und Graf, VbR 2014/81 einerseits; Rabl, ÖBA 2014, 187 und Kellner, VbR 2014/82 andererseits.

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