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Urteil: Santander: Unzulässige Klauseln zu Zahlungsverzug in Kreditverträgen

OLG Wien: Verzugszinsen, die 5 Prozentpunkte über dem Sollzinssatz liegen, aber vierteljährlich kapitalisiert werden, sind in Verbraucherverträgen unzulässig.

In einem Verbandsverfahren, das der VKI im Auftrag des Sozialministeriums führte, wurden folgende Klauseln der Santander Consumer Bank GmbH als unzulässig erklärt:

Klausel 1: Für ausbleibende Zahlungen werden für die jeweils überfälligen Forderungen zuzüglich zum jeweils zur Anwendung gelangenden Sollzinssatz (Pkt 3 des Kreditvertrages) sofort fällige Verzugszinsen von 5% p.a., welche kontokorrentmäßig angelastet werden, verrechnet.

Klausel 2: Der KN ist verpflichtet, der BANK den aufgrund seines Verschuldens tatsächlich entstandenen Schaden zu ersetzen und dabei insbesondere sämtliche Mahn- und Inkassospesen, alle der BANK bei Verfolgung ihrer Ansprüche auflaufenden Spesen und Kosten, inklusive der Kosten für außergerichtliche Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen zu bezahlen, soweit die daraus resultierenden Beträge entweder gerichtlich bestimmt wurden, oder zweckentsprechend, angemessen und zur Rechtsverfolgung notwendig waren. Die wichtigsten Kosten bei Zahlungsverzug sind: 1. Mahnung EUR 20,30, 2. Mahnung EUR 33,10, 3. Mahnung EUR 47,00, Stundungs- und Zahlungsvereinbarungsgebühr EUR 38,00.

Klausel 4: Die Zinsen werden dem Konto am Ende eines jeden Kalenderquartals angelastet und dem Kapital zugeschlagen.

Es fehlen in Klausel 2 sowohl die in § 1333 Abs 2 ABGB vorgesehene Einschränkung auf ein angemessenes Verhältnis zur betriebenen Forderung als auch eine sachliche Rechtfertigung für die massive Erhöhung der Mahngebühr ab der zweiten Mahnung (s 2 Ob 1/09z). Die Regelung hat somit keinen Bestand. Hinzuweisen bleibt darauf, dass der OGH in 2 Ob 1/09z eine Klausel, die, ganz wie im vorliegenden Fall, sowohl Verzugszinsen als auch Mahngebühren regelte, als eine Einheit behandelte und sich nicht veranlasst sah, die Regelung ersterer im Rahmen einer allseitigen Überprüfung der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen als selbständigen Klauselteil zu qualifizieren. Schon deshalb ist das Ersturteil in Ansehung der klagsstattgebenden Punkte 1. und 2. zu bestätigen.

Im Übrigen verstößt die Beklagte mit ihrer Verzugszinsenregelung auch gegen § 6 Abs 1 Z 13 KSchG. Danach dürfen (soweit hier relevant) die im Fall des Verzugs des Verbrauchers zu zahlenden Zinsen den für den Fall vertragsmäßiger Zahlung vereinbarten Zinssatz um mehr als fünf Prozentpunkte pro Jahr nicht übersteigen. Eine Umgehung dieser Bestimmung durch unterjährige Kontokorrent-Konstruktionen scheidet nach ihrem klaren Wortlaut, wie vom Berufungsgericht hervorgehoben, aus. Hier liegt das vom Verbraucher im Verzugsfalle pro Jahr zu Zahlende jedenfalls über der gesetzlichen 5 %-Schwelle.

Aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung des Regelwerks der Beklagten steht somit die Normierung einer kontokorrentmäßig anzulastenden Verzugszinsenhöhe von 5 % nach Klausel 1 im Zusammenwirken mit der quartalsmäßigen Verrechnung nach Klausel 4 mit § 6 Abs 1 Z 13 KSchG nicht in Einklang, sodass der Beklagten diese gesetzwidrigen Regelungen zu untersagen sind. Dabei scheidet ein Aufrecht-Belassen der Klausel 4 als für sich allein betrachtet gesetzeskonform von vornherein aus.

Hingegen ist folgende Klausel laut OLG Wien nicht zu beanstanden:

Klausel 3: Terminsverlust tritt ein, wenn der KN mit einer Kreditrate, einem Teil einer Kreditrate oder Nebenforderungen mindestens sechs Wochen in Verzug ist. Verzug ist gegeben, wenn die Zahlung am Fälligkeitstag nicht oder nicht zur Gänze geleistet ist. Voraussetzung für die Geltendmachung des Terminsverlustes ist, dass die BANK dem KN - allenfalls auch innerhalb des vorerwähnten Zeitraumes von sechs Wochen - unter Androhung des Terminsverlustes und unter Setzung einer Nachfrist von mindestens zwei Wochen gemahnt hat.

Der klagende VKI hatte hierzu geltend gemacht, dass diese Regelung zum Terminsverlust in untrennbarem Zusammenhang mit der, obigen unzulässigen Verzugszinsen- und Kostenregelung stehe, weil bei einem Verzug mit der Zahlung dieser Beträge der Terminsverlust ausgelöst werden könne. Dazu führt das OLG Wien aus: Beträge aufgrund einer unzulässigen Verzugszinsen- und Kostenregelung dürfen gar nicht verrechnet werden. Ein Zahlungsrückstand mit gar nicht Geschuldetem ist nicht möglich. Terminsverlust kann nur durch unbeglichene wahre Verbindlichkeiten eintreten. Hingegen führen unbeglichene buchmäßige Negativsalden, denen in Wahrheit gar keine Verbindlichkeit zugrundeliegt, ohnehin zu keinem Terminsverlust. Die Konsequenzen des von der angegriffenen Klausel 3 normierten Terminsverlustes einerseits und die Frage, ob die Beklagte aufgrund unzulässiger anderer Klauseln unberechtigte Beträge in den Schuldsaldo aufnimmt, andererseits sind somit voneinander gänzlich unabhängig.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 18.1.2016, 4 R 129/15t
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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