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Urteil: Zahlreiche unzulässige Klauseln bei Partnervermittlungsinstitut

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat - im Auftrag der Arbeiterkammer Steiermark - die Inhaberin des in weiten Teilen Österreichs tätigen Instituts "Kontakt - Die Partnervermittlung", Frau Elisabeth Barasits, wegen zahlreicher unzulässiger Klauseln im Partnervermittlungsvertrag geklagt. Das Landesgericht Wiener Neustadt hat der Klage des VKI zur Gänze stattgegeben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Behauptung des Unternehmens, der Betrieb sei seit 31.05.2016 "ruhend gestellt" und Frau Barasits befinde sich seit April dieses Jahres in Pension, war nicht geeignet, das Gericht davon zu überzeugen, dass eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben wäre: Bereits der Umstand, dass das Unternehmen der Aufforderung des VKI nicht nachkam, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, mit der es sich verpflichtet hätte, sich auf die als unzulässig inkriminierten Klauseln und sinngleiche Klauseln in bereits geschlossenen Verträgen nicht zu berufen und diese auch Neuverträgen nicht zugrunde zu legen, indiziert die Wiederholungsgefahr. Selbst wenn eine Betriebsstilllegung tatsächlich erfolgt wäre, ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich die Inhaberin des Unternehmens in Zusammenhang mit Altverträgen noch auf die unzulässigen Klauseln beruft. So geschehen offenbar in der Steiermark, wo ehemalige KundInnen vom Unternehmen wegen angeblich ausständiger Entgeltzahlungen geklagt wurden und Musterprozesse von der Arbeiterkammer Steiermark geführt werden.

Unbeachtlich war auch die Behauptung der Beklagten, wonach es sich bei den hier genannten Klauseln nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handle: Dass persönliche Besprechungen oder im Einzelfall auch Vertragsadaptierungen vorgenommen werden, ändert nichts an deren Qualifikation als AGB, deren Zulässigkeit anhand des strengen Maßstabes der kundenfeindlichsten Auslegung zu messen ist.

Das Landesgericht (LG) Wiener Neustadt gab dem VKI zur Gänze Recht und erklärt die folgenden im Partnervermittlungsvertrag enthaltenen Klauseln für unzulässig:

  1. Bezugnehmend auf das von mir angebahnte, in den Geschäftsräumen der Firma Kontakt - die Partnervermittlung geführte Gespräch (...) Durch die Verwendung dieser Formulierung, die Auswirkung auf ein allenfalls bestehendens Rücktrittsrecht hat, muss der Kunde unabhängig von der gesetzlich vorgesehenen Beweislastregelung beweisen, dass der Vertrag tatsächlich weder in den Geschäftsräumen des Unternehmens abgeschlossen bzw. nicht vom Kunden angebahnt wurde (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG).
  2. Ich verpflichte mich zur Zahlung einer einmaligen Betreuungsgebühr in der Höhe von EUR 5.000,- zuzüglich 20 % USt in der Höhe von EUR 1.000,- insgesamt EUR 6.000,-. Der Betrag kann auch in 24. gleichen, monatlich aufeinander folgenden Teilbeträgen in der Höhe von EUR 250,- bezahlt werden. (...) Das Institut verpflichtet sich, mich bis zum Erfolg zu betreuen, längstens 2. Jahre.
  3. Bei Aufnahme einer Lebensgemeinschaft, unabhängig davon, ob diese ehelich oder unehelich ist, habe ich dies dem Institut sofort schriftlich bekannt zu geben. Während dieser Zeit wird das Institut nicht für mich tätig. Dies gilt auch, falls ich die Dienste des Institutes nicht mehr in Anspruch nehmen will. Die beiden Kauseln geben keinen Aufschluss darüber, wie lange der Kunde an den Vertrag gebunden sein soll und binden den Kunden für eine grundsätzlich undefiniert lange Zeit an diesen (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG).
  4. Das Institut ist zur sofortigen Beendigung der Betreuung berechtigt, wenn ich die mir zur Auflage gemachte Diskretionspflicht verletze, oder mein eigenes Verhalten, wie Unkorrektheit dem Institut gegenüber, eine erfolgreiche Betreuung unmöglich macht. Da unklar bleibt, was unter diesen Verhaltensweisen zu verstehen ist, ist die Klausel intransparent und auch überraschend, da das Unternehmen zur sofortigen Vertragbeendigung ermächtigt sein soll, ohne dass die dazu berechtigenden Gründe klar wären (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 864a ABGB).
  5. Das Institut haftet für keinen Erfolg der Vorstellungsaktivitäten, insbesondere auch nicht für die Richtigkeit der in den jeweiligen Partnerprofilen enthaltenen Angaben der Partnersuchenden, es sei denn, diese Unrichtigkeit war dem Institut bekannt oder hätte bekannt sein müssen - leichte Fahrlässigkeit schadet diesbezüglich nicht. Die Haftungsbeschränkung ist gesetzlich nicht vorgesehen und benachteiligt den Kunden gröblich (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB).
  6. Im Falle des Zahlungsverzuges gelten 10 % Verzugszinsen per anno als vereinbart. Gesetzlich vorgesehen sind nur Verzugszinsen von 4 % per anno (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB).
  7. Für den Fall des Verzuges mit meinen vertraglichen Verpflichtungen verpflichte ich mich, die dem Institut entstehenden, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Mahn- und Inkassospesen zu ersetzen, wobei ich mich im speziellen verpflichte, maximal die Vergütungen des eingeschalteten Inkassobüros zu ersetzen, die sich aus der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaftliche Angelegenheiten über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen, BGBL 141/1996 idgF, ergeben. Soweit das Institut vorgeschaltet oder alleine ein Mahnwesen betreibt, verpflichte ich mich, pro erfolgter Mahnung einen Betrag von EUR 17,- sowie für die Evidenzhaltung des Schuldverhältnisses im Mahnwesen pro Halbjahr einen Betrag von EUR 7,- zu bezahlen. Die Klausel suggeriert eine verschuldensunabhängige Haftung des Kunden, die gesetzlich nicht vorgesehen ist, und birgt damit auch eine unzulässige Beweislastumkehr zu seinen Lasten; weiters stellt sie auch nicht darauf ab, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der zu betreibenden Forderung und den Betreibungskosten zu wahren ist (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB).
  8. Einvernehmlich festgehalten wird, dass ich aus eigenem Antrieb in die Geschäftsräume des Institutes gekommen bin. Wie Klausel 1 hat auch diese Klausel Auswirkungen auf ein allenfalls bestehendens Rücktrittsrecht, und müsste der Kunde unabhängig von der gesetzlich vorgesehenen Beweislastregelung beweisen, dass der Vertrag tatsächlich nicht von ihm angebahnt wurde (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG).
  9. Das Institut verpflichtet sich zur Diskretion, sowie zur vertraulichen Behandlung meiner bekannt gegebenen Daten. Es ist jedoch zur EDV - mäßigen Erfassung und Verarbeitung derselben berechtigt und können diese Daten zum Zwecke der Bonitätsprüfung, zu der ich meine ausdrückliche Zustimmung erteile, an dazu berechtigte Unternehmen (z.B. Kreditschutzverbände – deren Warnliste/n) weitergegeben werden; ….
  10. Die missbräuchliche Verwendung dieser Vorschläge und Daten zieht den sofortigen Ausschluss sowie die Geltendmachung allenfalls dadurch entstandener Schadenersatzansprüche nach sich.
  11. Ich erkläre mich einverstanden, dass das Institut zum Zwecke der Erstellung eines Partnervorschlages auch mit anderen Instituten kooperieren kann. Welche Daten zu diesem Zweck an welche anderen Unternehmen weitergegeben werden, bleibt einem Kunden verborgen (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG).
  12. Einen Durchschlag dieser meiner Beitrittserklärung habe ich erhalten. Durch die Verwendung dieser Formulierung obliegt es dem Kunden unabhängig von der gesetzlich vorgesehenen Beweislastregelung zu beweisen, dass er den Durchschlag tatsächlich nicht erhalten hat; die Klausel ist auch nachteilig und überraschend (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG und § 864a ABGB).
  13. Partnervorschläge werden von uns nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Nehmen Sie unmittelbar nach Erhalt mit der Dame oder dem Herrn Kontakt auf. Was als „unmittelbar“ gelten soll, bleibt unklar; zudem ist die Klausel überraschend und nachteilig (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, § 864a ABGB).
  14. Zu einem persönlichen Treffen sind Sie verpflichtet, auch wenn der erste telefonische Kontakt nicht Ihren Vorstellungen entsprechen sollte. Erste Eindrücke können täuschen!!! Dass KundInnen zu einem Treffen nicht verpflichtet werden können, davon geht das Unternehmen selbst aus, weshalb die Klausel von ihrem Anwendungsbereich her unklar bleibt, wie auch die Folgen eines Zuwiderhandelns (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG).
  15. Sprechen Sie weder telefonisch, noch persönlich über Ihre Vereinbarungen mit dem Institut oder über die Begegnungen mit anderen Klientinnen und Klienten. Sie verletzen dadurch die vertraglich festgelegte Diskretionspflicht. Die "vertraglich vereinbarte Diskretionspflicht" wird nicht definiert und die Konsequenzen bei Zuwiderhandeln nicht dargelegt; diese Verpflichtung ist auch nachteilig und überraschend (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 864a ABGB).
  16. Eine wiederholte Verletzung der Regeln müssen wir bedauerlicherweise als Unkorrektheit unserem Institut gegenüber ansehen und mit den in unserem Vertrag festgesetzten Maßnahmen ahnden. Unklar bleibt sowohl, was unter "wiederholt" zu verstehen ist, als auch was eine "Unkorrektheit unserem Institut gegenüber" oder die "in unserem Vertrag festgesetzten Maßnahmen" sein sollen (Verstoß gegen 6 Abs 3 KSchG).

LG Wiener Neustadt 08.07.2016, 24 Cg 59/16s
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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