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Kreditvertrag: Aufschlag als Untergrenze gesetzwidrig

Die Geschäftspraxis der Banken, bei einem variablen Kreditzinssatz (Indikator [zB Libor/Euribor] + Aufschlag) im Falle eines negativen Indikators (wie derzeit Libor und Euribor) diesen einseitig mit Null anzusetzen und daher den Aufschlag voll zu verrechnen, ist gesetzwidrig.

Der OGH hatte vor Kurzem bereits in zwei unterschiedlichen Verfahren ausgesprochen, dass es unzulässig sei, wenn die Bank in einem solchen Fall nachträglich einseitig festlegt, dass sie dennoch den Aufschlag verrechnet. 

Nun gibt es wieder ein Urteil: Der VKI klagte hier - im Auftrag des Sozialministeriums - die Hypo Bank Burgenland. Die Hypo Bank Burgenland hatte in den Zinsklauseln ihrer Fremdwährungskreditverträge den 3:Monats-CHF-Libor zuzüglich einem Aufschlag (zB 1,5%) vereinbart. Die Klauseln enthielten keine Obergrenze und/oder Untergrenze für den Zinssatz. Der Libor wurde erstmals Ende 2014 negativ. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Fremdwährungskreditverträge in Schweizer Franken war für die Beklagte nicht vorhersehbar und rechnete sie auch nicht damit, dass der LIBOR negativ werden könnte.

Die Beklagte teilte ab März/April 2015 ihren Kreditvertragskunden mit, dass der negative Zinsindikator unverhersehbar war und dass sie daher im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung den vereinbarten Aufschlag als Mindestzinssatz verrechnet, solange der Referenzzinssatz negativ ist.

Der VKI brachte eine Verbandsklage iSd § 28a KSchG gegen die Hypo Bank Burgenland ein.

Wenn ein Eingriff in eine fremde Rechtssphäre unmittelbar und konkret droht, ist nach ständiger Rechtsprechung auch eine vorbeugende Unterlassungsklage zulässig. Sie besteht auch in einem Verbandsprozess gemäß § 28a KSchG.

Null als Untergrenze des Kreditzinssatzes
Der OGH hat bereits zweimal verneint, dass der Kreditgeber zur Zinszahlung an den Kreditnehmer verpflichtet sein kann (10 Ob 13/17k  und 1 Ob 4/17w). Dh es ist idR zulässig, wenn die Bank bei einer wie oben beschriebenen Zinsklausel Schreiben an die Kunden schickt, in denen sie mitteilt, dass insgesamt Null die Untergrenze ist, dh dass ein negativer Referenzzinssatz den Aufschlag (teilweise oder ganz) reduzieren kann, aber dass der insgesamt vom Kreditnehmer zu zahlende Zinssatz nie unter 0,00 % fallen kann.

Aufschlag als Untergrenze des Kreditzinssatzes

Auch zu dieser Frage gibt es bereits zwei OGH-Urteil, nämlich 4 Ob 60/17b  und 8 Ob 101/16k

Eine ergänzenden Vertragsauslegung ist hier wegen des Wortlauts der Zinsanpassungsklauseln, die keine Unter - oder Obergrenze enthalten, unzulässig. Auch der Umstand, dass die Parteien die Negativentwicklung des Referenzzinssatzes nicht bedacht haben, ändert nichts daran, dass sie eine eindeutige Regelung getroffen hätten, von der nicht im Auslegungsweg abgegangen werden dürfe.

Selbst wenn man dieses Ergebnis nicht teilen würde, wäre daraus für die Beklagte nichts zu gewinnen, weil dem Ergebnis der von ihr gewünschten ergänzenden Vertragsauslegung die Schranken des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG entgegenstehen. Nach dem Zweck dieser Norm hat bei Zinsgleitklauseln eine Entgeltsenkung im gleichen Ausmaß und in der gleichen zeitlichen Umsetzung wie eine Entgeltsteigerung zu erfolgen, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten. Das Entgelt, das die Bank für die Überlassung des Kapitals erhält, besteht aber aus den gesamten vereinbarten Zinsen, den vereinbarten Aufschlag eingeschlossen. Eine einseitige Begrenzung der Zinsgleitklauseln nach unten, durch die für die Beklagte eine Zinszahlung in Höhe des vereinbarten Aufschlags erhalten bliebe, ohne eine gleichzeitige Begrenzung nach oben, ist daher nicht zulässig.

OGH 30.5.2017, 8 Ob 107/16t
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Anmerkung: 

In all den bisher vom OGH entschiedenen Verfahren zu diesem Thema ging es um die Konstellation, in der vorab eine Zinsklausel ohne Untergrenze (und Obergrenze) vereinbart war, und in der die Bank zu einem späteren Zeitpunkt (als der Referenzzinssatz negativ war oder zu werden drohte) einseitig (dh ohne Zustimmung des Kunden) eine Untergrenze einzog.

Davon zu unterscheiden sind jene Fälle, in denen bereits vorab und einvernehmlich im Kreditvertrag eine Zinsgleitklausel mit einer Zinsuntergrenze in Höhe der Marge enthalten ist. Das betrifft meist jüngere Kreditverträge. Dazu ist im Moment ein Verfahren des VKI (im Auftrag des Sozialministeriums) beim OGH anhängig. Die beiden Unterinstanzen  waren der Ansicht, dass eine solche Klausel unzulässig, weil einseitig ist. Die Urteile sind aber nicht rechtskräftig.

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