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OGH-Entscheidung bei Betrug im Finanztransfergeschäft

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte im Auftrag des Sozialministeriums einen Musterprozess für eine Verbraucherin, die Opfer einer "Betrugsmasche" im Rahmen eines Finanztransfergeschäftes wurde. Die Hälfte des Betrages musste der Konsumentin vom beklagten Zahlungsdienstleister zurückerstattet werden.

Die Verbraucherin wurde von einer Unbekannten, die sich als ihre Cousine ausgab, angerufen und gebeten, dringend rund 2.500 Euro über ein Finanztransfergeschäft aufgrund eines anstehenden Hauskaufes an sie nach England zu überwiesen. Die Konsumentin tätigte diesbezüglich keine weiteren Nachfragen, um zu verifizieren, ob es sich tatsächlich um ihre Cousine handelte. Für die Konsumentin war es auch nicht ungewöhnlich, dass die Cousine von Polen nach England ziehen würde. Der Konsumentin fiel jedoch auf, dass die Stimme der Anruferin rauer war als sonst, was jedoch mit einer Verkühlung begründet wurde.

Die Verbraucherin ging in der Folge zu einem österreichischen Kreditinstitut und erhielt dort ein Formular für den Bargeldtransfer der Beklagten. Die Konsumentin gab dabei den Betrag, Vor- und Nachname der Empfängerin (also der Cousine), sowie ihren eigenen Namen als Absender an. Weitere Daten waren nicht erforderlich und wurden von der Beklagten oder deren Vertriebspartnerin in England auch nicht abgefragt. Eine Testfrage war nicht erforderlich.

Die Konsumentin erhielt einen Kundenbeleg, auf dem ua die Transaktionsnummer (Money Transfer Control Number, MTCN) inklusive einem Warnhinweis abgedruckt waren.

Anschließend erhielt die Verbraucherin einen Anruf, in welchem die vermeintliche Cousine die MTCN-Nummer abfragte.

Das Geld wurde anschließend vom Vertriebspartner ausbezahlt und zwar unter Vorlage eines Identitätsausweises (lautend auf die Cousine) und Bekanntgabe der Transaktionsdetails. 

Der OGH erachtete das Verhalten der Verbraucherin als Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten. Für den OGH gibt es nämlich eine Sorgfaltspflicht, die bei einem solchen Finanztransfergeschäft eingehalten werden muss. Die Sorgfaltspflichtverletzung der Verbraucherin ergab sich für den OGH bereits daraus, dass keine Rückfrage gehalten wurde, ob es sich tatsächlich um den gewünschten Empfänger handelte und zwar bevor die MTCN-Nummer weitergegeben wurde.

OGH 27.09.2018, 9 Ob 32/18y

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Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, RA in Wien

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