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Urteil: HG Wien: 44 Klauseln bei DEGIRO unwirksam

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die DEGIRO BV wegen diverser Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geklagt. Nun liegt die Entscheidung des Handelsgerichts (HG) Wien vor.

Die DEGIRO BV ist ein Onlinebroker mit Sitz in den Niederlanden, der eine Online-Tradingplattform auf www.degiro.at anbietet. Kunden können über diese Website Wertpapiere erwerben. DEGIRO ist in 19 Ländern, darunter auch Österreich, aktiv. Der VKI prüfte umfassend die verschiedensten AGB des Unternehmens, nämlich die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen-Kundenvertrag", den "Sonderbedingungen Debit Geld" die "Sonderbedingungen Debit Wertpapiere" und "Sonderbedingungen für Derivate" und klagte wegen über 50 Klauseln.

Das HG Wien erklärte 44 der eingeklagten Klauseln für gesetzwidrig.

Klausel 1:

1. 2.5. DEGIRO ist dazu berechtigt, inhaltliche Änderungen am Kundenvertrag vorzunehmen. DEGIRO wird den Kunden über solche Änderungen in Kenntnis setzen, wonach diese Änderungen für den Kunden anwendbar sein werden, es sei denn, dass der Kunde innerhalb von 14 Handelstagen nach Bekanntgabe der Änderungen DEGIRO schriftlich darüber in Kenntnis setzt, dass der Kunde die Änderungen nicht akzeptiert. Sowohl DEGIRO als auch der Kunde haben in dem Fall das Recht, den Kundenvertrag mit sofortiger Wirkung zu beenden.

43. 2.3. Wie dies im "Vertrag über Wertpapierdienstleistungen" niedergelegt ist, kann DEGIRO inhaltliche Änderungen an den Kundenverträgen vornehmen. DEGIRO wird den Kunden über wesentliche Änderungen in Kenntnis setzen. Die jüngste Version der Sonderbedingungen Debit Geld ist auf der Website von DEGIRO zu finden und kann von dort heruntergeladen werden.

49. 2.3. Wie dies im Vertrag über Wertpapierdienstleistungen niedergelegt ist, kann DEGIRO inhaltliche Änderungen an den Kundenverträgen vornehmen. DEGIRO wird den Kunden über wesentliche Änderungen in Kenntnis setzen. Die jüngste Version der Sonderbedingungen Debit Wertpapiere ist auf der Website von DEGIRO zu finden und kann von dort heruntergeladen werden.

51. 2.3. Wie dies im Vertrag über Wertpapierdienstleistungen niedergelegt ist, kann DEGIRO inhaltliche Änderungen an den Kundenverträgen vornehmen. DEGIRO wird den Kunden über wesentliche Änderungen in Kenntnis setzen. Die jüngste Version der Sonderbedingungen für Derivate ist auf der Website von DEGIRO zu finden und kann von dort heruntergeladen werden.

Das HG Wien beurteilte die Klausel 1 (Zustimmungsfiktionsklausel) gleich wie jene in 1 Ob 210/12g, insbesondere weil jedwede Einschränkung fehlt. Die Kündigungsmöglichkeit des Kunden wurde auch im dortigen Verfahren als unzureichend beurteilt. Die Klausel verstößt gegen § 879 Abs 3 ABGB, sowie gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Auch die auf Klausel 1 verweisenden Klauseln 43, 49, und 51 wurden daher als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB, sowie als intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG beurteilt.

Lediglich "am Rande" erwähnte das HG Wien, dass in den umfangreichen AGB keine Klausel enthalten ist, welche den Wertpapierübertrag auf ein anderes Depot regelt.

Klausel 2:

2. 2.5. Falls Änderungen notwendig sind um eine gesetzliche Anforderung zu erfüllen, werden diese Änderungen direkt anwendbar sein, der Kunde hat in dem Fall nicht die Möglichkeit, die vorgenommenen Änderungen nicht zu akzeptieren.

Klausel 2 wurde als intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG beurteilt.
Begründet wurde dies mit der weiten und großteils unbestimmten Passage "um eine gesetzliche Anforderung zu erfüllen". Die Klausel lässt laut HG Wien "jeglichen Spielraum" zu, welche Maßnahmen als von der Beklagten als notwendig erachtet werden, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Der Konsument ist aber dadurch mit dem "Risiko der Interpretation", welche Vorgangsweisen zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen notwendig sind, belastet.

Klausel 3:

3. 2.6. Der Kunde akzeptiert, dass DEGIRO nicht verpflichtet ist, seine Dienstleistungen zu erbringen, wenn DEGIRO der Meinung ist, dass damit gegen die gesetzlichen Vorschriften verstoßen wird. Der Kunde akzeptiert, dass alle Dienstleistungen den gesetzlichen Vorschriften unterliegen und dass diese Vorrang vor den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen haben.

Diese Klausel wurde vom HG Wien als zulässig beurteilt.

Die Klausel würde nur wiedergeben, dass gewisse Aufträge grds gegen § 879 Abs 1 ABGB verstoßen können und dann auch für eine tatsächliche Ausführung kein vertragsgemäßer Anspruch bestehen würde. Somit liegt kein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG vor.

Der Verweis auf die "Meinung" der Beklagten begründet laut HG Wien keine Intransparenz und auch keine gröbliche Benachteiligung.

Klausel 4:

4. 3.9. Der Kunde gibt DEGIRO insbesondere das Versprechen, nicht mit Finanzinstrumenten zu handeln, deren Funktionsweise der Kunde nicht vollständig versteht oder die mit einem höheren Risiko verbunden sind, das nicht der Finanzlage des Kunden entspricht.

Das HG Wien erklärte diese Klausel im Ergebnis als intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG, weil der von der Beklagten gewünschte Regelungszweck "nicht deutlich zum Ausdruck" kommt.

Die hier zu thematisierende Klausel befindet sich im Abschnitt "Artikel 3 (Kunden)", worin im ersten Schritt eine Unterscheidung zwischen Privatkunden, professionellen Kunden sowie zulässige Gegenparteien getroffen wird, und dann im zweiten Schritt alle Kunden als Privatkunden eingestuft werden.

Der erste Klauselteil verpflichtet Kunden die Interessen der Beklagten bei der Dienstleistungsnutzung zu berücksichtigen. Der zweite Klauselteil fordert von Privatkunden das Versprechen, keine Finanzinstrumente zu erwerben/verkaufen, ohne deren Funktionsweise vollständig zu verstehen oder die nicht seinem Risikoprofil entsprechen.

Laut HG Wien wird damit eine Absicherung der Beklagten dahingehend bezweckt, dass Privatkunden -bei denen laut der Beklagten der höchste Sorgfaltsmaßstab einzuhalten ist - der Beklagten gegenüber eine Verletzung dieses Sorgfaltsmaßstabes geltend machen.

Wenn aber die Beklagte ihren Angaben zufolge lediglich "execution-only Geschäfte" abwickelt, ist das Abverlangen eines derartigen Versprechens verwunderlich, führt das HG Wien aus.

Klausel 5:

5. 5.1. Ein etwaiger Verlust, Diebstahl oder Missbrauch des Zugangscodes hat der Kunde DEGIRO umgehend zu melden, und zwar auch dann, wenn Unbefugte auf eine andere Weise Zugang zum Code erhalten haben. Nach Erhalt der Meldung und nach deren Bestätigung gegenüber dem Kunden wird DEGIRO die Nutzung des Zugangscodes blockieren.

Klausel 6:

6. 5.1. Aufträge, die vor der Blockierung des Codes ausgeführt wurden, erfolgen auf Rechnung und Risiko des Kunden.

Die Klauseln 5 und 6 wurden vom HG Wien gemeinsam beurteilt.

Geregelt wird durch die im Abschnitt "Artikel 5 (Webtrader)" befindliche Klausel die Verantwortung für den Zugangscode, wobei der Kunde für dessen Verwendung selbst verantwortlich ist. Damit scheidet gem HG Wien ein Verstoß gegen § 864a ABGB aus.

Die Beklagte behauptete eine "allfällige Sperrverpflichtung" außerhalb der Fälle gem Art 5.1., also Verlust Diebstahl oder Missbrauch, wobei eine solche in den AGB nicht vorhanden ist.

Der Textaufbau vermittelt dem Verbraucher laut HG Wien hingegen den Eindruck, alleine für den Zugangscode verantwortlich zu sein und zwar auch in jenen Fällen, in denen Unbefugte den Code anders als durch Verlust/Diebstahl/Missbrauch erhalten haben.

Das heißt Aufträge vor einer Blockierung des Codes, potentiell auch dann, wenn der Kunde noch keine Kenntnis hat, erfolgen auf dessen Risiko. Auch wenn das Risiko des Verlustes/Diebstahls des Codes vom Kunden leichter zu beherrschen ist (vgl zur Bankomatkarte 3 Ob 238/06a), wird durch die Klausel das Risiko auf den Verbraucher überlagert, auch dann, wenn ein Unbefugter "auf eine andere Weise" den Code erlangt und auch wenn die Beklagte das Risiko tragen könnte. Bei der kundenfeindlichsten Auslegung wird die Beklagte daher gänzlich von jeder Haftung befreit, wodurch sich eine gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB ergibt.

Klausel 7:

7. 5.5. DEGIRO gibt keine Garantie für eine ununterbrochene und fehlerfreie Funktionsweise des Webtraders und ist dazu berechtigt, den Zugang zum Webtrader bzw. dessen Funktionsweise vorübergehend einzuschränken, zum Beispiel bei technischen Störungen oder Wartungsarbeiten.

Die bereitgestellte Software zu warten und laufend auf einem zeitgemäßen Sicherheitsstandard zu halten, ist Nebenpflicht der Bank bei Onlinebanking-Angeboten.

Dies hat jedoch zwingend die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit zur Folge.

Das HG Wien sah in der Klausel keine gröbliche Benachteiligung, wenn nur eine vorübergehende Einschränkung zur Gewährleistung und ansonsten eine ununterbrochene und fehlerfreie Funktionsweise des Angebotes vorliegt. Außerdem besteht auch noch eine andere Möglichkeit der Auftragsmitteilung an die Beklagte, weswegen kein Gewährleistungsausschluss vorliegt führte das HG Wien aus. Die Klausel wurde vom HG Wien als zulässig beurteilt.

Klausel 8:

8. 5.6. Der Kunde ist verpflichtet, bei der Verwendung des Webtraders stets umsichtig vorzugehen und dafür Sorge zu tragen, dass auf den Webtrader ausschließlich von einem sicheren und virusfreien Computer aus zugegriffen wird.

Diese Klausel wurde vom HG Wien als nicht gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB beurteilt. Der Kunde wird laut HG Wien unstrittig jedenfalls nicht wissentlich einen mit Schadsoftware infizierten Computer nutzen dürfen. Die Auswahl des PC und dessen Wartung liegen in der Sphäre des Kunden. Er muss Sorge tragen, dass der Computer "sicher" ist.

Die Klauselformulierung bringt laut HG Wien lediglich zum Ausdruck, dass er die ihm zumutbaren Schritte setzen muss, um eine Kontamination mit Schadsoftware zu verhindern. Die Klausel ist zulässig.

Klausel 9:

9. 6.13 Der Kunde hat die von DEGIRO Daten bereitgestellten umgehend, jedoch spätestens innerhalb von 24 Stunden, nachdem diese von DEGIRO zur Verfügung gestellt wurden, zu kontrollieren, um Schäden zu begrenzen, die aufgrund von etwaigen Fehlern entstanden sind. Falls der Kunde entgegen aller Erwartungen keine Übersicht von DEGIRO erhält, setzt der Kunde DEGIRO hierüber umgehend schriftlich in Kenntnis.

Klausel 10:

10. 6.14. Falls DEGIRO haftbar ist für den aufgrund des Fehlers entstandenen Schaden, beschränkt sich aufgrund des vorherigen Artikels die Haftung für den Schaden, der vom Kunden festgestellt und gemeldet und damit hätte begrenzt werden können, höchstens auf die Höhe des Schadens, den der Kunde erlitten hätte, wenn dieser den Fehler innerhalb der oben genannten 24 Stunden gemeldet hätte.

Die Klauseln 9 und 10 wurden vom HG Wien gemeinsam beurteilt, weil sie jeweils Meldepflichten bei, im Rahmen der Durchführung der Aufträge möglichen, Ausführungsfehlern vorsehen. Weil aber unterschiedliche Fristen genannt werden (Klausel 9: "spätestens innerhalb von 24 Stunden [..] in Kenntnis zu setzen"; Klausel 10: "schnellstmögliche Information") kann ein Verbraucher sich nicht mit der notwendigen Klarheit über die tatsächliche Frist Kenntnis verschaffen. Dadurch liegt eine Intransparenz gem § 6 Abs 3 KSchG vor. Außerdem kommt es zur Schadensbeschränkung auf jene Schäden, die bei der Meldung begrenzt hätten werden können, womit sich eine gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB ergibt.

Klausel 11:

11. 6.15. DEGIRO ist dazu berechtigt, Fehler ohne Zustimmung des Kunden zu korrigieren oder anderweitig zu beheben und Transaktionen oder Buchungen, welche direkt oder indirekt aus diesen Fehlern resultieren, ohne Zustimmung des Kunden zu stornieren bzw. zu korrigieren.

Bei dieser Klausel berief sich die Beklagte auf eine Verpflichtung aus der MIFID II, wobei das HG Wien klarstellte, dass eine Verpflichtung ohne Kundenzustimmung Fehler zu korrigieren/anderweitig zu beheben, sowie daraus resultierende Buchungen/Transaktionen zu stornieren/korrigieren sich aus der MIFID II nicht ergibt. Die Klausel lässt außerdem offen, wessen Fehler storniert/korrigiert werden kann, ebenso, auf welche anderweitige Weise Fehler behoben werden können, wovon auch nur rein indirekte Folgen dieser Fehler davon betroffen sein sollen.

Es liegt daher Intransparenz gem § 6 Abs 3 KSchG vor.

Klausel 12:

12. 6.16. Die von DEGIRO und SPV geführte Buchhaltung kann als Beweismaterial herangezogen werden, es sei denn, dass der Kunde einen Gegenbeweis vorlegen kann.

Das HG Wien beurteilte die Klausel als intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG, weil "schon aufgrund des Vorbringens der beklagten Partei der Regelungsgehalt der Bestimmung zu hinterfragen" ist.

Die Formulierung drückt den gewünschten Inhalt nicht aus.

Entweder handelt es sich bei der Buchhaltung (der Beklagten und den SPV) um ein "gleichwertiges Beweismittel", wie vom Kunden vorgebrachte Gegenbeweise, wobei dies nicht der Klauselformulierung entspricht, oder die Buchhaltung (der Beklagten und SPV) gilt als Vollbeweis, welchen der Kunde entkräften müsse. Dies würde aber gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG widersprechen. Die Klausel ist aber intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG, weil unklar ist wie die Bestimmung gemeint ist.

Klausel 13:

13. 7.1. DEGIRO erbringt keine Dienstleistungen im Bereich der Anlageberatung und verwaltet auch nicht das Kontoguthaben. DEGIRO stellt all ihre Dienstleistungen auf der Grundlage des Prinzips Execution Only bereit. Die von Kunden erteilten Orders werden automatisch von den Systemen von DEGIRO ausgeführt und von den Systemen nur gegen die von DEGIRO für den Kunden aufgestellten Obergrenzen überprüft.. DEGIRO überwacht oder beurteilt nicht das Kontoguthaben des Kunden. Der Kunde allein entscheidet über und ist verantwortlich für seine Anlagestrategie und Anlageentscheidungen und nur der Kunde ist für seine Orders sowie für die regelmäßige Prüfung seines Kontoguthabens verantwortlich. Der Kunde bestätigt, dass ihm die Risiken bezüglich der Anlage in Finanzinstrumenten auf Basis des "Execution Only"-Grundsatzes bewusst sind und er diese akzeptiert, und keine Positionen eingehen wird, welche zu Verlusten führen können, die sein Vermögen übersteigen.

Bei dieser Klausel zeigte die Beklagte keine Unterscheidung zwischen der niederländischen und der österreichischen Rechtslage auf. Gegenständliche Klausel ist die einzige Aufklärung in den AGB darüber, dass die Beklagte keine Angemessenheitsprüfung gem § 57 WAG 2018 vornimmt.

Die Klausel ist laut HG Wien überraschend gem § 864a ABGB, weil unter Berücksichtigung von Art 3.2. (wahrheitsgemäße Mitwirkung an Kundenuntersuchungen und Eignungstests), sowie Klausel 3 (höchste Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden) der einzige Hinweis der fehlenden Angemessenheitsprüfung, sowie der Ausschluss des Schutzes der einschlägigen Wohlverhaltensregeln unzureichend  und somit überraschend und nachteilig gem § 864a ABGB ist.

Außerdem liegt Intransparenz gem § 6 Abs 3 KSchG vor, weil die geltende Rechtslage falsch dargestellt wird. Bei der Beklagten gibt es auch Dienstleistungen, welche gem § 58 WAG 2018 (Art 25 MIFID II) nicht als "execution only-Dienstleistungen" angeboten werden dürfen, wie etwa Debit Geld Kredite.

Gegenständliche Klausel beinhaltet auch keine Einschränkung auf einzelne Dienstleistungen, weswegen sie insgesamt unzulässig ist.

Klausel 14:

14. 8.5. Alle Aufträge, hinsichtlich derer DEGIRO davon ausgehen kann, dass diese vom Kunden erteilt wurden, gehen auf Rechnung und Risiko des Kunden und dürfen von DEGIRO im Kontoguthaben verbucht werden.

Bei dieser Klausel wurden vom HG Wien zwei einschlägige Entscheidungen (4 Ob 179/02f, sowie 2 Ob 133/99v) zum Thema Haftung des Bankkunden für gefälschte Kundenaufträge thematisiert.

Im gegenständlichen Verfahren wurde erhoben, dass Aufträge online über das "Webtrader-System", als auch telefonisch und per Mail erteilt werden können.
Jener Fall, gegen den sich die beklagte Partei mit der Klausel absichern will, ist aber nicht nur durch Missbrauch des Zugangscodes möglich, sondern auch über andere Wege möglich, wodurch gleichzeitig eine sachliche Rechtfertigung fehlt. Die Klausel wurde vom HG Wien daher als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB beurteilt.

Klausel 15:

15. 8.6. DEGIRO wird die Aufträge des Kunden gemäß den Orderausführungsgrundsätzen ausführen. Die Orderausführungsgrundsätze sind im Dokument "Orders und Orderausführungsgrundsätze" beschrieben. Die jüngste Version dieses Dokuments, das einen Bestandteil des Informationsblatts "Informationen zu den Wertpapierdienstleistungen von DEGIRO" bildet, ist auf der Website von DEGIRO veröffentlicht. Der Kunde bestätigt, dass der Kunde das Dokument "Orders und Orderausführungsgrundsätze" gelesen und verstanden hat und dass er sich mit den dort genannten Bestimmungen einverstanden erklärt, inklusive der Möglichkeit, dass Orders auch an anderen Orten als den regulierten Märkten und multilateralen Handelsplätzen ausgeführt werden. DEGIRO ist nicht dazu verpflichtet, Orders des Kunden auszuführen, die von den Orderausführungsgrundsätzen abweichen.

Hier argumentierte der Kläger, dass eine derartige Vereinbarung nicht einfach mitten in AGB versteckt werden kann. Gem § 63 Abs 5 WAG 2018 muss ein Rechtsträger (bei Möglichkeit Aufträge außerhalb eines Handelsplatzes gem § 1 Z 26 auszuführen) auf diese Möglichkeit hinweisen und muss dazu auch vor einer Ausführung die ausdrückliche Zustimmung des Kunden einholen. Entweder in einer allgemeinen Vereinbarung oder bei jedem Geschäft einzeln. § 63 Abs 5 WAG 2018 entspricht weitestgehend § 2 Abs 5 Z 1 WAG 2007 und setzt Art 27 Abs 5 dritter Unterabsatz der MIFID II um.

Die relevante Passage ("in Form einer allgemeinen Vereinbarung") ist wortident.

Der Kunde soll seine eigenverantwortliche Anlageentscheidung auf wohl informierter Grundlage treffen. Außerdem soll damit die Durchführung der Überwachsungs- und Überprüfungspflicht sichergestellt werden. Laut HG Wien sieht das Gesetz keine besonderen Formerfordernisse vor und würde die Information iSd § 63 Abs 5 WAG 2018 daher auch in AGB möglich sein. Dies wäre laut HG Wien keine Abweichung vom gesetzlichen Formerfordernis.

Auch ein Verstoß gegen § 864a ABGB wurde verneint, da das Gesetz diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Die Klausel ist zulässig.

Klausel 16:

16. 8.7. DEGIRO ist dazu berechtigt, Orders verschiedener Kunden zu bündeln und diese dann in gebündelter Form an die Ausführungsstelle (Börse, OTC Counterparty oder sonstige Stelle) weiterzuleiten. DEGIRO wird dies nur dann tun, wenn die Bündelung der Orders aller Voraussicht nach keine Nachteile für die betreffenden Kunden mit sich bringt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Bündelung nachteilig für den Kunden ist.

Gegenständliche Klausel wurde vom HG Wien als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB beurteilt, zum einen wegen eines Verstoßes gegen § 65 Abs 1 WAG (grundsätzliche Trennung und voneinander getrennten Bearbeitung von Kundenaufträgen). § 65 Abs 1 WAG 2018 gibt Vorgaben, wann eine Bündelung zulässig ist. Dabei muss es unwahrscheinlich sein, dass es Nachteile gibt und auch eine entsprechende Mitteilung erfolgt. Zum anderen erfolgt auch keine Information über eine solche Bündelung, wobei dies auch nicht durch Kostenersparnis sachlich gerechtfertigt werden kann, zumal nur in AGB darüber informiert wird. Der Kunde kann aber die Bündelung der Aufträge nicht absehen, er erhält auch keine Information im Vorhinein, ob es zu einer Bündelung seines Auftrages kommt oder nicht, womit er aber keine Dispositionen treffen kann. Gerade aber in einem derartigen Bereich, wo schnelle Aktion über Gewinn und Verlust entscheiden kann, ist das wesentlich.

Klausel 17:

17. 8.9. DEGIRO ist bestrebt, dem Kunden relevante Informationen zu Kapitalmaßnahmen oder andere Informationen über den Webtrader oder anderweitig zur Verfügung zu stellen. Der Kunde ist sich bewusst und erklärt sich damit einverstanden, dass die von DEGIRO bereitgestellten Informationen nicht immer aktuell oder vollständig sein müssen.

Mit dieser Klausel will die Beklagte eine Haftung für von ihr erteilte Informationen ausschließen.

Das HG Wien führte aus, dass es in den §§ 47 ff WAG 2018 zwei grundsätzliche Pflichten gibt: einerseits dass bestimmte Informationen vom Kunden einzuholen und anschließend wie Informationen an den Kunden zu erteilen sind. Wenn ein Wertpapierunternehmen reine Ausführungsgeschäfte durchführt und diesbezüglich informiert, müssen die Anforderungen gem § 49 WAG 2018 eingehalten werden. Außerdem ergibt sich bereits aus dem hier zwischen Kunden und Beklagter vorliegenden Dauerschuldverhältnis, dass bei einer Informationsweitergabe das Unternehmen auch für deren Richtigkeit die Verantwortung zu tragen habe.

Eine Klausel in AGB, wonach für erteilte Informationen keine Verantwortung übernommen werden soll, verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

Klausel 18:

18. 9.1. Mit Ausnahme des Custody-Profils auf der persönlichen Seite erklärt sich der Kunde damit einverstanden, dass DEGIRO die Finanzinstrumente, auf welche sich die Kauforder bezieht bzw. die für den Kunden bei SPV geführt werden, entleiht. DEGIRO wird hierbei in allen Fällen als Gegenpartei von SPV auftreten und als solche dazu verpflichtet sein, die entliehenen Wertpapiere zurückzuliefern. Eine kurze Erläuterung zum Vorgang der Entleihung von Wertpapieren befindet sich im Dokument "Wertpapierdienstleistungen" in den "Informationen zu den Wertpapierdienstleistungen von DEGIRO".

Klausel 19:

19. 9.3. Die Entleihung von Wertpapieren durch DEGIRO wirkt sich nicht auf das Guthaben des Kontos aus, das der Kunde bei SPV führt, da der Kunde gegenüber SPV weiterhin Anspruch auf die von DEGIRO entliehenen Wertpapiere behält. SPV wird jedoch die entsprechenden Wertpapiere zu diesem Zeitpunkt nicht halten, sondern stattdessen (ein Sicherheitsrecht auf) einen Geldbetrag oder andere Wertpapiere als Sicherheit halten. Die entliehenen Wertpapiere unter Verwaltung von SPV werden von DEGIRO auf einen oder mehrere Kunden aufgeteilt, oder, falls dies nicht zutrifft, anteilig zu ihrem Bestand an solchen Wertpapieren denjenigen Kunden zugewiesen, für welche SPV die Wertpapiere auf dem Konto, wo die Wertpapiere gehalten wurden oder gehalten worden wären, wenn sie nicht entliehen worden wären, hält oder gehalten hätte.

Das HG Wien beurteilte die Klauseln 18 und 19 gemeinsam als unzulässig. Die Klauseln regeln die Wertpapierentleihung.

Eine solche ist abweichend von den Vorgaben des § 38 Abs 1 WAG 2018 unter Einhaltung der Anforderungen gem § 41 Abs 1 WAG 2018 möglich. Hier ist vorgesehen, dass Positionen, Finanzinstrumente und Geldmittel laut AGB getrennt vom Vermögen der Beklagten geführt werden, womit vorgesehen ist, dass auch bei einer Insolvenz der Beklagten diese dem Kunden zur Verfügung stehen. Diese Vermögenstrennung wird durch die in Klausel 18 vorgesehene Konstruktion aufgehoben.

Es gibt keine Informationen darüber, welche Finanzinstrumente (ganz oder nur zum Teil) gehalten werden, und wo somit ein Risiko besteht. Dies stellt ein Informationsdefizit dar, welches auch nicht durch die von der Beklagten erlegte Sicherheitsleistung ausgeglichen wird.

Dass die Gefahr der nur eingeschränkten Verpflichtungserfüllung gegeben ist, gibt die Beklagte in Punkt 2 des Artikels selbst zu.

Es gibt laut HG Wien hier keine sachliche Rechtfertigung für die Durchbrechung des Grundsatzes der Vermögenstrennung. Die Klausel ist außerdem zu allgemein gehalten, als dass sie die gesetzlichen Anforderungen ("zu genau festgelegten Bedingungen") erfüllen könnte.

Wie sich aus der Klausel 19 ergibt, soll das Leihgeschäft zwischen den SPV und der beklagten Partei keine Auswirkung auf das Guthaben des Kontos des Kunden haben, da statt des entliehenen Wertpapiers ein Sicherheitsrecht auf einen Geldbetrag oder auf ein Wertpapier dem Konto gutgeschrieben wird. Dies stellt ein deutliches Abgehen vom dem dar, was der Kunde bei Abschluss eines solchen Vertrages üblicherweise erwartet. Damit kommt es zu einer Risikoverschiebung zu seinen Ungunsten. Neben dem Risiko der Insolvenz trifft den Verbraucher auch noch die Ungewissheit, wem gegenüber die vertraglichen Ansprüche geltend zu machen sind. Es ist auch nicht gesichert, dass sich der Kunde gegenüber dem SPV auf einen Vertrag berufen kann, zumal er sich auch gar nicht für einen Dauerschuldvertrag mit diesem Unternehmen entschieden hat. Mangels sachlicher Rechtfertigung für diese Risikoverschiebung kommt es zur gröblichen Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB.

Schon der erste Halbsatz der Klausel ist laut HG Wien unklar, weil sich die entliehenen Finanzinstrumente dann nicht mehr in der SPV-Verwaltung befinden. Unklar ist außerdem, nach welchen Kriterien die Beklagte die entliehenen Wertpapiere auf die Kunden aufteilt oder zuweist.

Klausel 20:

20. 10.7. DEGIRO kann von Zeit zu Zeit die Obergrenzen des Sicherheits- und Risikowerts sowie deren Berechnungsmethode anpassen. Die Bemühungen von DEGIRO werden darauf gerichtet sein, den Kunden hierüber rechtzeitig per E-Mail oder über die persönliche Seite zu informieren.

Gegenständliche Klausel wurde vom HG Wien als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB beurteilt.

Das HG Wien hielt fest, dass das Analysetool des Portfolios im Widerspruch zur Aussage steht, lediglich "execution only-Geschäfte" abzuwickeln. Diese Analyse dient dem Anlegerschutz; sie ermöglicht die Einhaltung der Verpflichtung, für ein ausgeglichenes Gesamtportfolio zu sorgen. Die zugrundeliegenden Erstellungsmethoden und Errechnungsmodelle einer solchen Analyse können sich laut HG Wien auch im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses ändern. Das kann aber sehr schnell dazu führen, dass der Risikowert den Sicherheitswerk um die festgelegte Grenze übersteigt, womit die Beklagte sehr rasch bzw innerhalb kurzer Frist zum Verkauf der Finanzinstrumente des Kunden ermächtigt würde. Es ist daher überhaupt nicht klar, weswegen sich die Beklagte lediglich bemühen werde, den Kunden rechtzeitig davon zu informieren. Es gibt auch keine Gründe, warum "reale Erfordernisse des Web-Brokers keine umgehende Verständigung" ermöglichen würden.

Es liegt daher gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB vor.

Klausel 21:

21. 11. Die Art und die Höhe der an DEGIRO zu entrichtenden Entgelte sind im "Preisverzeichnis" aufgeführt, welches einen Teil der "Informationen zu den Wertpapierdienstleistungen von DEGIRO" bildet, und von DEGIRO von Zeit zu Zeit angepasst werden kann.

Gegenständliche Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Die Klausel verweist auf die Preisliste, also auf ein weiteres Dokument, welches von der Beklagten formuliert wird. In diesem Dokument sind Entgelte für Käufe/Verkäufe, als auch für Dienstleistungen der Beklagten enthalten. Eine nähere Darstellung von Prämissen oder Parameter hinsichtlich der Entgeltänderungen fehlt. Eine sachliche Rechtfertigung fehlt ebenfalls.

Klausel 22:

22. 12.4. Der Kunde akzeptiert, dass DEGIRO in keiner Weise gehalten ist, den Kunden auf der Grundlage dieser Informationen zu warnen oder zu beraten.

Hier sah das HG Wien eine sachliche Rechtfertigung, da die Beklagte die Kundeninteressen gegeneinander absichern muss. Bei Zusage der Geheimhaltung von Informationen, welche die beklagte Partei anlässlich der Dienstleistungserbringung erhält und die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften zu veröffentlichen sind, kann laut HG Wien nicht gleichzeitig eine Verpflichtung bestehen diese Information an andere Kunden zu übermitteln. Die Klausel ist zulässig.

Klausel 23:

23. 12.6. DEGIRO gibt keine Garantie dafür, dass die dem Kunden zur Verfügung stehenden Preise zu jedem Zeitpunkt aktuell und korrekt sind. Wenn Informationen auf der Webseite inkorrekt oder unplausibel erscheinen, soll der Kunde nicht auf Grundlage dieser Informationen agieren, sondern DEGIRO hierzu kontaktieren, um Fehler und möglicherweise daraus resultierende Verluste zu vermeiden.

Das HG Wien sah diese Klausel als zulässig an.

Es ist dem Durchschnittskunden laut HG Wien klar ersichtlich, dass dies keinen Haftungsausschluss beinhaltet, sondern lediglich "die verschuldensunabhängige Haftung (Garantie) gemeint ist".

Der letzte Satz der Klausel würde keine Pflicht auferlegen, sondern nur verdeutlichen, "was ohnedies jedem Durchschnittskunden klar ist". Wenn dem Kunden Informationen inkorrekt oder unplausibel erscheinen, soll er keine Anlageentscheidung darauf basierend treffen.

Klausel 24:

24. 12.8. DEGIRO kommuniziert grundsätzlich mit Kunden in der englischen oder niederländischen Sprache. DEGIRO ist nicht gehalten, mit Kunden in einer anderen Sprache zu kommunizieren.

Klausel 42:

42. 17.6. Zur Annehmlichkeit ihrer Kunden stellt DEGIRO den Kundenvertrag in mehreren Sprachen zur Verfügung. Im Streitfall ist jedoch die englische Version des Kundenvertrags und nicht dessen Übersetzung entscheidend. Die englische Version des Kundenvertrags ist auf www.degiro.ie zu finden.

Das HG Wien beurteilte Klausel 24 und 42 gemeinsam als überraschend und nachteilig gem § 864a ABGB, weil Verbraucher basierend auf dem Auftritt der Beklagten (Online-Broker-Tool unter toplevel-Domain .at mit deutscher Sprache, Präsentation der AGB in deutscher Sprache, österreichische Helpline-Telefonnummer) nicht damit rechnen müssen, dass die deutsche Sprache nicht Kommunikationssprache sein soll und die vorgelegten AGB im Streitfall nicht als Vertragsgrundlage herangezogen werden können. Der niederländische Unternehmenssitz alleine reicht nicht aus, um von solchen Annahmen abzugehen. Die Klausel ist auch gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB, weil das Risiko von Abweichungen von der englischen Sprachfassung ohne Ausgleich auf den Verbraucher überlagert wird. Eine sachliche Rechtfertigung fehlt. Warum das Unternehmen für die deutsche Sprachfamilie (betroffen immerhin drei Staaten, inklusive Deutschland, auf die sich auch die Geschäftstätigkeit entfaltet) keine Kommunikation in dieser Sprachfamilie führen möchte, bleibt für das HG Wien ebenfalls unklar.

Klausel 25:

25. 12.9. Die Vertragsparteien kommen überein, dass jedwede schriftliche Kommunikation per Post, per E-Mail oder über die Website erfolgen kann.

In den vorliegenden AGB gibt es keine ausdrückliche Regelung über den Mitteilungszugang, auch keine offensichtliche Zugangsfiktion. Es gibt laut AGB zumindest drei Kommunikationskanäle, wobei sich der Klausel "nicht präzise" entnehmen lässt, ob sich "über die Website" nur auf den Web-Trader bezieht, oder parallel dazu auch auf einer Unterseite oder der Website generell erfolgen können.

Der Kunde müsste neben den bekannten Kanälen wie Post, Mail und Webtrader auch noch die Website überwachen. Eine sachliche Rechtfertigung, die Kommunikation "über die Website" zu gestalten, fehlt, es liegt daher gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB vor.

Klausel 26:

26. 13.1. Die Bemühungen von DEGIRO sind darauf gerichtet, ihre Dienstleistungen auf sorgfältige Weise zu erbringen und dabei die Interessen ihrer Kunden zu berücksichtigen und zu schützen.

Auch diese Klausel wurde vom HG Wien als zulässig angesehen.

Weil die Klausel in Zusammenhang mit Klausel 15 zu lesen ist, welche selbst auf die Orderausführungsgrundsätze des Art 27 Abs 1 MIFID II verweist, ist die Klausel zulässig.

Klausel 27:

27. 13.2. Der Haftungsumfang beschränkt sich auf Schäden, welche die direkte und vorhersehbare Folge grober Fahrlässigkeit (in Niederländisch: grove schuld) seitens DEGIRO sind.

Das HG Wien zog bei der Urteilsbegründung die Entscheidung de OGH 4 Ob 179/02f heran.

Genauso wie dort wurde auch hier von der grundsätzlichen Zuordnung des Risikos abgegangen. Im Ergebnis entschied das HG Wien auf eine gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB und somit Unzulässigkeit der Klausel, vor allem, weil der Haftungsausschluss sowohl Haupt- als auch Nebenpflichten der Beklagten betrifft und der Kunde beim Beginn eines Dauerschuldverhältnisses nicht einschätzen kann, welche Dienstleistung er in Anspruch nehmen wird. Auch die Folgen der Haftungsfreizeichnung kann der Kunde daher nicht abschätzen. Offen bleibt auch, für wen die Folgen der groben Fahrlässigkeit vorhersehbar sein sollen. Außerdem wird auch eine Haftung für Erfüllungsgehilfen gänzlich ausgeschlossen. Die Klausel ist darüber hinaus, wegen der Formulierung der direkten und vorhersehbaren Folgen von grob fahrlässigem Verhalten der Beklagten, auch intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 28:

28. 13.3. DEGIRO führt alle Aktivitäten in Bezug auf Aufträge, Geldmittel und Finanzinstrumente im eigenen Namen aus; SPV führt ebenfalls Geldmittel und Finanzinstrumente im eigenen Namen, zu jedem Zeitpunkt jedoch auf Rechnung und Risiko des Kunden. Der Kunde wird DEGIRO gegenüber Ansprüchen von Drittparteien schadlos halten, insofern entsprechende Ansprüche bzw. Schäden untrennbar mit den Dienstleistungen von DEGIRO verbunden und nicht das Ergebnis schuldhaften bzw. fahrlässigen Handelns (niederländisch: verwijtbaar handelen) seitens DEGIRO sind.

Diese Klausel ist laut HG Wien intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG.

Gegenständliche Klausel ist unter der Unterüberschrift Haftungsausschluss in Abschnitt "Art 13 Haftung, Haftungsausschluss und Schadenersatz" platziert.

Die Klausel hat aber keinen Haftungsausschluss als Inhalt, sondern bezieht sie sich auf die Schadloshaltung der Beklagten durch den Verbraucher. Dieser soll für Ansprüche (Schäden) Dritter haften, wenn sie untrennbar mit den Dienstleistungen der Beklagten verbunden sind und kein fahrlässiges Handeln der Beklagten gegeben ist. Die synonyme Verwendung der Begriffe "Ansprüche" und "Schäden" führt laut HG Wien ebenfalls nicht zur besseren Verständlichkeit.
Es bleibt auch unklar, ob die SPVs, die von der Beklagten eingesetzt werden, solche Dritte iSd Klausel sind.

Wenn das nicht zutrifft, ist der Sinn der ersten beiden Klauselsätze fraglich.
Weil sich der Verbraucher kein Bild für einen konkreten Fall der Haftung machen kann, liegt Intransparenz gem § 6 abs 3 KSchG vor.

Klausel 29:

29. 13.4. DEGIRO haftet nicht für Schäden, die aufgrund von Fehlern von Dritten entstanden sind, es sei denn, dass diese Dritte von DEGIRO selbst beauftragt wurden und dass die Schäden auf die grobe Schuld von DEGIRO in Bezug auf die Auswahl und Überwachung dieser Drittunternehmen zurückzuführen sind.

Klausel 30:

30. 13.4. Zur Erbringung ihrer Dienstleistungen nutzt DEGIRO die Dienste verschiedener Dritter, wie zum Beispiel von Börsen, Brokern, Clearing Members, OTC-Gegenparteien, Datenlieferanten usw. DEGIRO haftet nicht für Schäden, die aufgrund von Fehlern von Dritten entstanden sind, es sei denn, dass diese Dritte von DEGIRO selbst beauftragt wurden und dass die Schäden auf die grobe Schuld von DEGIRO in Bezug auf die Auswahl und Überwachung dieser Drittunternehmen zurückzuführen sind. Wenn DEGIRO nicht für Verluste des Kunden verantwortlich ist, die diesem aufgrund der Vorgehensweise eines direkt von DEGIRO beauftragten Dritten entstanden sind, kann DEGIRO den Kunden in gewissen Fällen bei der Schadenersatzforderung unterstützen.

Das HG Wien beurteilte die Klauseln 29 und 30 gemeinsam.

Zur Einengung der Haftung führte das HG Wien aus, dass die Klausel gegen § 879 ABGB verstößt, weil die Haftung für Fehler Dritter, deren sich die Beklagte zur Dienstleistungserbringung bedient eingeschränkt werden sollen. Die erschwerte Vermeidbarkeit solcher Fehler von Personen, die zur Dienstleistungserbringung eingesetzt werden, ist ein dieser Vorgangsweise immanentes Risiko. Das HG Wien verwies dabei auf die Entscheidung 4 Ob 179/02f, wonach weder der in aller Regel erfolgende Gehilfeneinsatz, noch im Massengeschäft gelegentlich vorkommende Fehler eine sachliche Rechtfertigung darstellen.

Zur Einschränkung des Verwahrers auf Auswahlverschulden des namentlich nicht genannten Drittverwahrers führte das HG Wien aus, dass dies gegen § 6 Abs 2 Z 2 KSchG und auch § 879 Abs 3 ABGB verstößt, weil die Überbindung des Vertrags iSd § 3 Abs 3 DepotG individuell ausgehandelt werden müsste.

Klausel 31:

31. 13.5. SPV ist eine passive Einheit, die selbst keine Aktivitäten ausführt. Alle Aktivitäten für SPV werden de facto von DEGIRO ausgeführt. Die Haftbarkeit seitens SPV beschränkt sich auf Schäden, welche die direkte und vorhersehbare Folge aus Fahrlässigkeit (in Niederländisch: verwijtbare tekortkoming) von SPV sind. DEGIRO garantiert gegenüber dem Kunden, dass SPV seine Verpflichtungen und Haftungen gegenüber dem Kunden erfüllt. Der Kunde erklärt sich nachdrücklich und unwiderruflich damit einverstanden, dass er im Falle der Nichterfüllung bzw. des Ausfalls von DEGIRO und/oder SPV nur aus den von DEGIRO gehaltenen Vermögenswerten und nicht aus den von SPV auf Rechnung der Kunden von DEGIRO gehaltenen Positionen Schadenersatz erhalten kann.

Das HG Wien beurteilte die in dieser Klausel enthaltene Haftungsregelung als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel beinhaltet eine Einschränkung der Haftung auf direkte und vorhersehbare Folgen der Fahrlässigkeit. Auch wenn die grobe Fahrlässigkeit nicht explizit genannt wird, ergibt sich dies aus der gewünschten Einverständniserklärung des Kunden, hinsichtlich der Rückgriffsmöglichkeit auf die gehaltenen Kundengelder.

Aufgrund der Klauselgestaltung ist davon auszugehen, dass die Haftung der Drittverwahrerin faktisch wegfällt und lediglich eine Garantie der Beklagten, die im benötigten Fall "wohl hinfällig" ist, würde übrig bleiben. Die Klausel ist insgesamt daher gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.

Klausel 32:

32. 14.1. Als Sicherheitsleistung für alle Forderungen, die DEGIRO und SPV zu einem beliebigen Zeitpunkt gegenüber dem Kunden geltend machen können, verpflichtet sich der Kunde dazu, auf die erste Aufforderung hin eine Sicherheitsleistung in ausreichender Höhe zu hinterlegen.

Klausel 33:

33. 14.5. Der Kunde verpflichtet sich gegenüber DEGIRO und SPV, auf die erste Aufforderung von DEGIRO hin zusätzliche Sicherheitsleistungen zur Deckung bestehender und zukünftiger Forderungen von DEGIRO und SPV zu hinterlegen.

Die Klauseln 32 und 33 beurteilte das HG Wien gemeinsam als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB. Die hier vorliegende Rechtseinschränkung des Kunden wurde nicht entsprechend sachlich gerechtfertigt. Einerseits sind die gehaltenen Finanzinstrumente bereits gepfändet, andererseits kann die Beklagte auch weitere Sicherheitsleistungen verlangen und deren Ergänzung verlangen. Wann konkret dies notwendig wäre, um das Risiko der Beklagten abzudecken, wurde nicht vorgebracht.

Warum dies für einen "Webtrader", welcher sich selbst als "execution only-Wertpapierdienstleister" versteht, notwendig sein sollte, erschloss sich für das HG Wien nicht.

Weil für diese einseitige Pflichtenauferlegung keine sachlich gerechtfertigten Gründe dargelegt wurden, beurteilte das HG Wien die Klausel als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.

Klausel 34:

34. 15.1. Es ist dem Kunden nicht gestattet, ohne die schriftliche Zustimmung von DEGIRO die im Rahmen des vorliegenden Vertrags gewährten Rechte und die eingegangenen Verpflichtungen gegenüber DEGIRO zu übertragen oder zu belasten.

Diese Klausel verstößt laut HG Wien gegen § 10 Abs 3 KSchG. Eine sehr ähnliche Klausel wurde in 8 Ob 132/15t bereits als unzulässig beurteilt.

Klausel 35:

35. 15.1. Falls DEGIRO die im Rahmen des vorliegenden Vertrags gewährten Rechte und/oder die eingegangenen Verpflichtungen gegenüber dem Kunden übertragen möchte, ist DEGIRO hierzu berechtigt, sofern es den Kunden zehn Handelstage zuvor hierüber schriftlich in Kenntnis gesetzt hat.

Gegenständliche Klausel verstößt mangels individueller Aushandlung im Einzelnen gegen § 6 Abs 2 Z 2 KSchG.

Klausel 36:

36. 15.2. (1) ein Anspruch gegenüber DEGIRO (gerichtlich oder nicht) geltend gemacht wird, welcher eine potentielle Größe von 12 Prozent des Umsatzes von DEGIRO des vorangegangene Kalenderjahres ausmacht und
(2) ein von DEGIRO bestellter Rechtsbeistand die Auffassung vertritt, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass der Anspruch Erfolg haben könnte, so hat dies zur Folge, dass der Kundenvertrag sowie alle damit verbundenen Rechte und Pflichten zwischen DEGIRO und allen Kunden, welche nach der Administration von DEGIRO in einem anderen Geltungsbereich leben als (a) dem Geltungsbereich ,wo die Kunden leben, die den Anspruch gegen DEGIRO eingebracht haben oder (b) dem Geltungsbereich, wo der Anspruch gegen DEGIRO eingebracht wurde, auf DEGIRO II im Zuge eines Vertragstransfers übertragen werden. Der Kunde stimmt diesem Vertragstransfer hiermit zu.

Für das HG Wien lag ein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 2 KSchG vor, weil es unzureichend ist, den Namen einer Gesellschaft als möglicherweise in Frage kommenden Vertragspartner zu nennen. Ein Verbraucher muss in der Lage sein, die konkrete juristische Person anhand der angegebenen Daten zu finden, es ist daher mindestens eine Anschrift, oder eine Unternehmensregisternummer anzugeben.

Die Formulierung "eine Rechtsperson nach niederländischem Recht mit satzungsmäßigem Sitz in Amsterdam" ist unzureichend. Die Klausel verstößt mangels Nennung eines hinreichend bestimmbaren Dritten und mangels wirksamer Einzelvereinbarung gegen § 6 Abs 2 Z 2 KSchG.

Außerdem liegt Intransparenz gem § 6 Abs 3 KSchG vor, weil der Eintritt der Vertragsübertragung für den Verbraucher bei Vertragsabschluss nicht zu erkennen ist.

Klausel 37:

37. 16.1. DEGIRO ist dazu berechtigt, die im Rahmen des Kundenvertrags eingegangene Geschäftsbeziehung ohne Verzug und ohne sonstige Formalitäten fristlos zu beenden und die persönliche Seite des Kunden zu blockieren, wenn:

- in Bezug auf den Kunden die Insolvenz, ein gerichtlicher Zahlungsaufschub, eine gesetzliche Schuldensanierung oder eine vergleichbare Regelung angemeldet bzw. ausgesprochen wurde;

Gegenständliche Klausel wurde vom HG Wien aus mehreren Gründen als unzulässig beurteilt.

Hinsichtlich des Punktes "Aussprache einer Insolvenz des Kunden" liegt eine gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB vor, weil § 25b IO die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts/Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unzulässig erklärt.

Auch die anderen Gründe waren für das HG Wien aber gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.

Unter Berücksichtigung mehrerer Entscheidungen (zB 7 Ob 235/13d, 4 Ob 221/06, 4 Ob 179/02f) führte das HG Wien aus, dass im Rahmen einer Gegenüberstellung der jeweiligen Interessen von Unternehmen und Verbraucher keine ausreichend sachlich gerechtfertigten Gründe vorliegen, um die frist- und formlose Kündigung im Falle eines Antrags auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens, sowie der anderen Fälle wie zB dem gerichtlichen Zahlungsaufschub, oder einem "Schuldensanierungsverfahren" zu rechtfertigen.

Klausel 38:

38. 16.6. DEGIRO ist dazu berechtigt, die im Rahmen des Kundenvertrags eingegangene Geschäftsbeziehung ohne Verzug und ohne sonstige Formalitäten fristlos zu beenden und die persönliche Seite des Kunden zu blockieren, wenn:

der Kunde auf eine andere Weise seinen Verpflichtungen gegenüber DEGIRO nicht nachkommt oder 

das Vertrauens- oder Geschäftsverhältnis zwischen DEGIRO und dem Kunden nach Meinung von DEGIRO erheblich verletzt wurde.

Gegenständliche Klausel beinhaltet zwei Szenarien für form- und fristlose Beendigungen der Geschäftsbeziehung.
Im ersten Fall entschied das HG Wien auf gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB, weil die zu Klausel 37 zitierte Rechtsprechung nicht berücksichtigt wurde.

Im zweiten Fall wird die Rechtsprechung lediglich allgemein wiedergegeben; dieser Klauselteil ist laut HG Wien als Auffangtatbestand nicht zu beanstanden. Die Formulierung "nach Meinung von Degiro" führt laut HG Wien zu keiner Intransparenz. Außerdem werde die fristlose Kündigung durch das Unternehmen wohl ohnedies nur dann ausgesprochen, wenn es der Meinung ist, dass das Vertrauensverhältnis erheblich verletzt würde. Dies wäre aber einzelfallabhängig zu prüfen.

Das HG Wien entschied sich hier für eine Teilabweisung.

Klausel 39:

39. 16.7. Durch diese Mitteilung werden alle derzeitigen, zukünftigen, bestimmten und unbestimmten sowie bedingten Forderungen zwischen DEGIRO, SPV und dem Kunden sofort eingefordert und alle Rechte und Verpflichtungen zwischen DEGIRO, SPV und dem Kunden in Bezug auf Positionen zu Finanzinstrumenten und Fremdwährungen werden zum jeweils aktuell gültigen Kurs geschlossen und in Rechte und Verpflichtungen in Euro umgewandelt.

Das HG Wien beurteilte diese Klausel als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.

Aus dem Depotvertrag/Verwahrungsvertrag ergibt sich die Verpflichtung der Herausgabe der Sache, nach Beendigung des Vertrages. Die gegenständliche Klausel hingegen sieht stattdessen vor, dass die Beklagte entscheiden kann, ob eine Mitteilung gem Art 16.7 oder ein Verkauf der Finanzinstrumente vorgenommen wird. Die Möglichkeit der Übertragung soll lediglich in der Entscheidungsgewalt des Unternehmens liegen, ein Anspruch darauf nicht bestehen.

Besonders drastisch zeigt sich dies im Todesfall des Kunden. Bereits der Tod eines Kunden aus einer Kundengemeinschaft würde die Beklagte dazu berechtigen, alle Finanzinstrumente zu verkaufen, womit ein erheblicher Schaden für diese Kundengemeinschaft möglich ist.

Aber auch die anderen Auflösungsmöglichkeiten gem Art 16.6. beinhalten laut HG Wien ein "fundamentales Ungleichgewicht". ZB im Falle der Beschlagnahmung des Kontoguthabens/Vermögensgegenstände bzw wenn hinsichtlich des Guthabens/Vermögensgegenstände auf andere Weise ein Anspruch geltend gemacht wird. Die Beschlagnahmung kann laut HG Wien nicht dazu führen, dass die Forderung auf Herausgabe des Finanzinstruments in eine Forderung auf Geld umgewandelt wird.

Gerade bei einer Beschlagnahmung würde zudem das in Beschlag genommene Gut der Verfügungsmacht entzogen, eine Umwandlung ist daher nicht möglich.
Eine sachliche Rechtfertigung fehlt, ebenso, wie eine Begründung, worin das Risiko der Beklagten als "Investmentunternehmen" liegt, bzw warum die Beklagte den Kunden nicht auffordern kann.

Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.

Klausel 40:

40. 17.4. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und DEGIRO und SPV sowie etwaige Fragen bezüglich der Existenz und des Zustandekommens des Vertragsverhältnisses unterliegen ausschließlich dem Recht der Niederlande.

Das Unternehmen hat seinen Sitz in den Niederlanden und bietet Dienstleistungen in Österreich an. Angeboten wird ein Onlinedienst (Webtrader), über den Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich nach Anmeldung Finanzprodukte wie etwa Wertpapiere und Fonds-Anteile erwerben können. In den Verträgen wird eine Rechtswahl (Recht der Niederlande) vereinbart.

Grundsätzlich ist die Frage, nach welchem Recht die Missbräuchlichkeit einzelner Klauseln zu beurteilen ist, gem ROM I-VO zu ermitteln. Die Wirksamkeit der Rechtswahlklausel gem Art 3 Abs 5 iVm Art 10 Abs 1 ROM I-VO ist grds nach dem gewählten Recht, hier also niederländischem Recht zu beurteilten. Der EuGH hat jedoch in C -191/15 klargestellt, dass eine Klausel dann missbräuchlich ist, wenn sie den Verbraucher in die Irre führt, indem beispielsweise - ohne Hinweis, dass er auch den Schutz zwingender verbraucherschutzrechtlicher Bestimmungen genießt - suggeriert wird, nur das Recht dieses Mitgliedstaats sei anwendbar.

Hier fehlt ein solcher Hinweis auf genau diesen Schutz der zwingenden Bestimmungen des Verbraucherrechts, womit die Klausel missbräuchlich wird und daher nicht anzuwenden ist. Eine wirksame Wahl des niederländischen Rechts wurde damit nicht getroffen. Die Klauseln sind gem Art 6 Abs 1 ROM I-VO nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Klausel 41:

41. 17.5. Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass etwaige, zwischen den Parteien vorliegende Streitsachen neben der KiFiD ausschließlich dem zuständigen Richter am Gericht in Amsterdam, Niederlande, vorgelegt werden, es sei denn eine solche exklusive Gerichtsstandklausel gilt für den Kunden laut Verbraucherschutzgesetz nicht.

Diese Klausel wurde vom HG Wien als intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG beurteilt. Das HG Wien bezog sich bei der Urteilsbegründung auf die Entscheidungen 4 Ob 179/18d, 4 Ob 221/06p, sowie 10 Ob 70/07b. Gegenständliche Klausel beinhaltet (wie in den zitierten Entscheidungen) eine Einschränkung der Anwendbarkeit der Gerichtsstandsvereinbarungen, weil zuerst eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wird, welche durch die Passage "es sei denn" einer Einschränkung unterliegt. Die Klausel ist daher intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 44:

44. 3.5. Für die Inanspruchnahme der Dienstleistung Debit Geld hat der Kunde Zinsen zu zahlen. Die von DEGIRO in Rechnung gestellten Zinsen sind variabel und variieren je nach Währung. Die Höhe der zu zahlenden Zinsen kann jederzeit dem "Preisverzeichnis" entnommen werden, das im Dokumentencenter auf der Website von DEGIRO zu finden ist. Änderungen in Bezug auf Sollzinssatz sind ab dem Tag ihrer Veröffentlichung bindend. Falls nicht in Bezug auf eine Währung eine geänderte Regelung in das Dokument Preise aufgenommen wurde, werden die Zinsen auf der Grundlage von 360 Kalendertagen pro Jahr und der tatsächlichen Anzahl der Tage des Monats berechnet. Die Zinsen werden monatlich vom Kontoguthaben abgebucht. Für die Fazilität Debit Geld stellt DEGIRO keine anderen Kosten in Rechnung.

Diese Klausel ist unzulässig gem § 3 VKrG, weil gegen die Bestimmungen des VKrG verstoßen wird. Die Klausel verstößt gegen § 9 Abs 1 VKrG, wonach Kreditverträge auf Papier oder auf einem dauerhaften Datenträger zu erstellen sind und den Vertragsparteien dies zur Verfügung gestellt werden muss.

Die Beklagte versuchte darzulegen, dass auf das hier vorliegende Rechtsgeschäft das VKrG nicht anwendbar sei, wobei das HG Wien auf die Anwendbarkeit des VKrG entschied. Insbesondere lässt sich laut HG Wien aus der Systematik der MIFID II nicht entnehmen, dass ein Wertpapierdienstleister, welcher gleichzeitig Kredite vergibt um Aktien, etc zu erwerben, automatisch aus der doppelten Informationspflicht heraus fallen würde und nicht auch die Informationspflichten gem VKrG erfüllen müsste. Die Klausel verstößt daher gegen § 9 Abs 1 und 2 Z 12 VKrG.

Klausel 45:

45. 6.1. Auf Grundlage des Kundenvertrags hat DEGIRO jederzeit das Recht, die aktuellen Obergrenzen für das Debit Geld anzupassen. Dies hat unter Umständen zur Folge, dass der Kunde aufgefordert wird, die im Zuge der Dienstleistung Debit Geld geliehenen Geldmittel innerhalb eines von DEGIRO spezifizierten Zeitraumes ganz oder teilweise zurückzuzahlen. Sofern der Kunde dies nicht akzeptiert, hat DEGIRO das Recht, die im Kundenvertrag sowie dem Dokument "Sicherheitswert, Risiko, Debit Geld und Debit Wertpapiere" genannte Prozedur für die Überschreitung der Obergrenzen, einzuleiten.

Gegenständliche Klausel verstößt laut HG Wien gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil sich das Unternehmen vorbehält, die Obergrenze der Dienstleistung "Fazilität Debit Geld" jederzeit ändern zu können. Bei Ausschöpfung der Obergrenze kann die Herabsetzung der Obergrenze zur Positionsschließung gem Art 6 der AGB führen. Damit kann die Beklagte den Kreditrahmen einseitig ändern und somit auch die von ihr zu erbringende Leistung. Eine sachliche Rechtfertigung liegt nicht vor. Die Beklagte lukriert dadurch auch einen Zinsenanspruch. Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG.

Klausel 46:

46. 6.2. Der Gesamtbetrag des Debit Geld ist umgehend und ohne Aufforderung an DEGIRO zu zahlen, wenn eine der folgenden Situationen auftritt:
- im Todesfall des Kunden;

- wenn der Kunde nicht länger die Verfügungsgewalt über das Vermögen des Kunden hat;

- im Fall der Beschlagnahmung (eines Teils) des Kontoguthabens oder eines wesentlichen Teils des Vermögens des Kunden;

- wenn der Kunde wesentlichen Verpflichtungen, die im Rahmen des Kundenvertrags festgelegt wurden, nicht nachgekommen ist.

Gegenständliche Klausel ist gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.
Der hier vorliegende Kreditvertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalendermonat gekündigt werden. Eine zeitlich fixierte Rückzahlungspflicht ist nicht vorgesehen.

Für fünf besonders in der Klausel aufgezählte Fälle soll eine außerordentliche sofortige Fälligstellung des Kreditkapitals gelten. Laut HG Wien wird dafür eine besonders gravierende Gefährdung legitimer Interessen gefordert. Für das HG Wien ist auch besonders zu berücksichtigen, dass die Beklagte sowohl Darlehensgeberin, als auch Verwahrerin der Finanzinstrumente ist. Für das HG Wien macht die Klausel nur dann Sinn, wenn man sie im Zusammenhang mit Art 16 des Kundenvertrags lesen würde, insbesondere mit Art 16.7., dem sofortigen Verwertungsrecht.

Eine sachliche Rechtfertigung wurde nicht aufgezeigt, weswegen eine gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB bejaht wurde.

Klausel 47:

47. 6.3. Falls die für das Debit Geld festgelegten Obergrenzen überschritten werden oder wenn Beträge auf Aufforderung zurückzuzahlen sind, gelten für diesen Teil des Debits Geld Verzugszinsen gemäß dem Preisverzeichnis der Informationen zu den Wertpapierdienstleistungen von DEGIRO.

Gegenständliche Klausel verstößt gegen § 9 Abs 1 und 2 Z 12 VKrG, weil ein Kreditgeber allen Vertragsparteien unverzüglich nach dem Vertragsabschluss eine Ausfertigung des Kreditvertrags zur Verfügung stellen muss und insbesondere klar und prägnant auch die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags geltenden Regelung und die Art seiner etwaigen Anpassung, sowie gegebenenfalls anfallende Verzugskosten anzuführen hat. Das Gericht verwies auf die Ausführungen zur Klausel 44.

Klausel 48:

48. 8. Der Anhang Debit Geld wird für einen unbestimmten Zeitraum zwischen den Parteien geschlossen. Der Anhang Debit Geld kann zu jedem Zeitpunkt von einer der beiden Parteien unter Wahrung einer Kündigungsfrist von einem Kalendermonat gekündigt werden. Der Anhang Debit Geld erlischt automatisch mit der Auflösung des Vertrags über Wertpapierdienstleistungen.

Gegenständliche Klausel verstößt laut HG Wien gegen § 3 VKrG, weil § 14 Abs 1 VKrG hinsichtlich der Einhaltung der Kündigungsvoraussetzungen nicht eingehalten wird. Außerdem ist die Klausel auch intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG, weil die Rechtslage falsch wiedergegeben wird.

Klausel 50:

50. 6.2. Für die Inanspruchnahme der Dienstleistung Debit Wertpapiere hat der Kunde DEGIRO ein Entgelt zu zahlen. Die Höhe des Entgelts hängt von der Gebühr ab, die DEGIRO dem Dritten für die Entleihung der Wertpapiere zu zahlen hat. Die für die jeweiligen Dienstleistungen zu entrichtenden Entgelte können dem "Preisverzeichnis" entnommen werden, das in den "Informationen zu den Wertpapierdienstleistungen" auf der Website zu finden ist.

Gegenständliche Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG (s Klausel 21). Es fehlt laut HG Wien auch hier die Darstellung von Prämissen und Parameter für die Entgeltänderung.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 27.6.2019).

HG Wien 13.6.2019, 58 Cg 15/18s
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

 

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