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Urteil: 61 Klauseln bei Lyoness gesetzwidrig

Klauseln über "Erweiterte Mitgliedsvorteile" und zur Beendigung des Vertragsverhältnisses sind intransparent und daher gesetzwidrig.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Lyoness Europe AG wegen 61 gesetzwidriger Klauseln Verbandsklage.

Lyoness betreibt eine Einkaufsgemeinschaft. Ihr Geschäftsmodell beruht einerseits auf Kooperationsvereinbarungen mit Partnerunternehmern (Dienstleistern, Händlern usw), die der Beklagten Vermittlungsprovisionen zahlen. Andererseits schließt die Beklagte Verträge mit ihren Kunden. Diese sind Mitglieder der Einkaufsgemeinschaft und erwerben durch ihre Einkäufe bei den Partnerunternehmen verschiedene Vorteile, wie etwa Rückvergütungen eines bestimmten Prozentsatzes des Preises nach jedem Kauf ("Cashback") oder Erwerb eines "Freundschaftsbonus" bei jedem Einkauf eines von ihnen geworbenen (weiteren) Mitglieds.

Daneben gibt es noch weitere Vergütungen ("erweiterte Mitgliedsvorteile"), wie die "Treueprämie", den "Treuebonus", etc. Gegenstand der Klage waren Vertragsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und den Zusatz AGB (ZAGB) zu sogenannten "erweiterten Mitgliedsvorteilen" aus den Jahren 2012, 2009, 2008 und 2007. Bereits das HG Wien erklärte alle 61 Klauseln für undurchsichtig und gesetzwidrig.

Im Revisionsverfahren vor dem OGH waren nicht mehr alle Klauseln Gegenstand, sondern nur noch Klauseln 1-18 (Klauseln zu "Erweiterten Mitgliedsvorteilen") und 58-61 (Klauseln zur Beendigung des Vertragsverhältnisses). Die Klauseln 19-57 waren bereits nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Sie wurden daher nach der erstinstanzlichen Entscheidung (HG Wien 39 Cg 26/13m ) rechtskräftig

Der OGH hob alle Vertragsklauseln auf,  in denen die Hauptleistungspflichten von Lyoness geregelt werden und erklärte sowohl die "erweiterten Mitgliedsvorteile" als auch die Klauseln zur Beendigung des Vertrages für intransparent und unwirksam. Laut OGH wurden die AGB unnötig schwer verständlich formuliert.

Der OGH führt allgemein dazu aus: Bei der Beurteilung der Unverständlichkeit ist zu unterscheiden, ob der Verwender eine möglichst verständliche Formulierung gewählt oder die AGB (für den Durchschnittskunden) unnötig schwer verständlich formuliert hat. Letzteres ist hier schon deshalb der Fall, weil die Beklagte in ihren AGB zahlreiche Begriffe verwendet, die keinen aus dem allgemeinen Sprachgebrauch oder aus einem fachlichen Zusammenhang her für den Verbraucher hinreichend erkennbaren eindeutigen Inhalt haben. Es fehlt gerade für zentrale Begriffe in den Klauseln bereits an einer erstmaligen Definition.

In den Klauseln werden Begriffe (zB Treueprämie; Treuebonus; Treuegutschrift; Re-Cash; Partnerprämie; Bonuseinheit; kostenfreie Zusatzeinheiten durch Einheiten-Umbuchung; Volumenprämie; Volumenbonus; Einkaufs- bzw Gutschein-Anzahlungsvolumen; prozentualer Buchungswert; Lifeline; Treuekonto; Verrechnungskategorie; binäres System, binäres Verrechnungsprogramm, Buchwert, persönliches Treuekonto des Mitglieds, Re-Cash-Funktion, kostenfreie duplizierte Einheit, Karriere-Level, Volumenprämiensatz) verwendet, die weder dem allgemeinen Sprachgebrauch noch einer bestimmten den angesprochenen Mitgliedern geläufigen Fachsprache angehören. Sie sind entweder Wortschöpfungen der Beklagten oder zumindest von völlig unbestimmtem Inhalt und damit von keiner Aussagekraft.

Durch die Verwendung solcher, nicht entsprechend klar definierter Begriffe wird dem Verbraucher ein unzutreffendes, zumindest aber ein unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt.

Außerdem verweisen immer wieder Klauseln auf andere Klauseln. Die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, führt zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung.

Mitunter lässt sich auch bei einer Gesamtschau bei näherer Betrachtung der Klauseln nicht deren normativer Gehalt in der gemäß § 6 Abs 3 KSchG erforderlichen Klarheit erkennen.

Auch  die sogenannte "Re-Cash-Funktion", bei der den Verbrauchern nur eine eingeschränkte Möglichkeit eingeräumt wird, die geleistete Anzahlung in Form von Gutscheinen zur Verwendung für Einkäufe bei Partnerunternehmen zurückzuerhalten, ist für die Verbraucher nicht verständlich dargestellt. "...erhalten diese (Anm.: die Verbraucher) doch nicht einfach eine Anzahlung zurück, sondern müssen ...Geld in weitere Eigeneinkäufe investieren, um die geleisteten Anzahlungen auf diese Art "zurückzuerwerben", sodass für den Verbraucher die von Lyoness behaupteten wirtschaftlichen "Vorteile" der Wahl der "Re-Cash-Funktion" nicht mit der erforderlichen Klarheit ersichtlich ist", so der OGH. 

Der typische Verbraucher soll nicht von der Durchsetzung seiner Rechte dadurch abgehalten werden, dass ihm ein unzutreffendes Bild oder unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird.

OGH 18.5.2017, 10 Ob 45/16i
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Klagevertreter. Dr. Eric Breiteneder, RA in Wien

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