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Urteil: Irrtum beim Kauf eines Kachelofens

Der VKI unterstützte im Auftrag es Sozialministeriums die Käufer eines Kachelofens bei ihrer Irrtumsanfechtung, weil sie nicht ordnungsgemäß über die Art des Ofens aufgeklärt wurden.

Die Klägerin Sascha Böhmer GmbH & Co KG (Sitz in Deutschland) vertreibt Kamine und Öfen ausschließlich auf Messen. Diese verfügt über kein Verkaufslokal, sondern nur über einen Ausstellungsraum, welcher sich in Deutschland befindet. Bei der Messe "Bauen & Wohnen" einer Verkaufsmesse mit Schwerpunkt "Heizen".

Die Klägerin produziert und verkauft ausschließlich Kamine sowie Kachelöfen nach dem Warmluftprinzip. Sie stellt keine Kachelöfen als Grundöfen her und verkauft diese auch nicht.

Bei letztgenanntem Produkt werden der Einsatz sowie die Züge, welche zum Rauchfang führen, eingemauert. Rein technisch betrachtet umfasst der Begriff "Kachelofen" sowohl Grund- als auch Warmluftofen. In Österreich ist es gebräuchlich, an Stelle des Begriffs "Grundofen" jenen des "Kachelofens" zu verwenden. Der Begriff "Warmluftofen" wird nicht unter das Wort "Kachelofen" subsummiert.

Die beiden Beklagten (Wohnsitz in Österreich) erklärten einem Fachberater der Klägerin auf der Messe, dass sie auf der Suche nach einem Kachelofen waren. Im Zuge der Gesprächsführung erkannte der Fachberater der Klägerin eindeutig, dass das von den Beklagten gewünschte Produkt ein Grundofen ist. Am Kauf eines Heizkamins oder Warmluftkachelofens waren die beiden Beklagten nie interessiert, weil diese Produkte gänzlich unterschiedliche Heizeigenschaften als ein Grundofen aufweisen. Über den Unterschied zwischen Grundöfen/Kachelöfen und Heizkaminen wurde vom Fachberater der Klägerin nicht gesprochen; die Beklagten wurden in keiner Weise darüber aufgeklärt, dass es sich bei den ausgestellten Produkten um keine Kachelöfen im Sinne von Grundöfen handelt, sondern um Kaminöfen, welche gänzlich andere Heizeigenschaften aufweisen.

In der Meinung, einen Grundofen zu bestellen, unterfertigten die beiden Beklagten schließlich nach rund 90-minütigem Gespräch ein Vertragsformular der Klägerin, auf welchem als Kaufgegenstand das Produkt "Kamin", nicht hingegen "Kachelofen" angekreuzt war. Darauf angesprochen erklärte der Fachberater der Klägerin den beiden Beklagten, dass dies "egal" sei und es schon seine Ordnung habe. Die weiteren handschriftlichen Vermerke auf diesem Formular waren schwer lesbar.

Nachdem die Beklagten zu Hause weitere Recherchen zu diesem Thema gemacht haben, stellten sie fest, dass es sich bei dem bestellten Produkt nicht um einen Grundofen, sprich Kachelofen im umgangssprachlichen Sinn handelt. Sie erklärten daraufhin mit Schreiben vom 25.2.2015 den Rücktritt vom Vertrag unter Berufung auf § 11 FAGG, welche von Seiten der Klägerin aber nicht akzeptiert wurde.

Das Erstgericht verneinte den Rücktritt nach § 11 FAGG, bejahte aber die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung gem § 871 ABGB. Das LG Eisenstadt als Berufungsgericht bestätigte das Recht der Beklagten auf Irrtumsanfechung und wies die Klage ab:

Voraussetzung für die Anfechtung/Anpassung wegen Irrtums sind ein beachtlicher für den Vertragsabschluss kausaler Irrtum, der vom anderen Teil veranlasst wurde oder diesem offenbar auffallen musste oder rechtzeitig aufgeklärt wurde oder (nach st Rsp auch) ein gemeinsamer Irrtum sowie die Wesentlichkeit bzw. Unwesentlichkeit des Irrtums. Dabei unterliegt einem Erklärungsirrtum, wer aus Sicht des Erklärungsempfängers (§ 863 ABGB) etwas anderes erklärt, als er erklären wollte. Erklärungsirrtum liegt vor, wenn und weil die objektive Bedeutung der - vom anderen Teil auch so verstandenen - Erklärung vom inneren Willen des Erklärenden abweicht, also eine Divergenz zwischen objektiver Erklärungsbedeutung und subjektivem Willen des Erklärenden besteht.

Die Beklagten unterfertigten in der Meinung einen Grundofen zu bestellen das gegenständliche Vertragsformular, bei welchem nicht Kachelofen sondern als Produkt "Kamin" angekreuzt war. Zutreffend bejahte das Erstgericht daher das Vorliegen bereits eines Erklärungsirrtums, da, wie die Berufung zutreffend ausführt, der Erstbeklagten erst nach Unterfertigung aufgefallen war, dass als Produkt nicht Kachelofen, sondern Kamin angekreuzt war. Auf Nachfrage erklärte der Fachberater der Klägerin dazu auch noch, dass dies "egal" sei.

Zutreffend verweist die Berufung auch darauf, dass ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum kausal im Sinne der Äquivalenztheorie sein muss. Dies ist zu bejahen, wenn der Irrende bei Kenntnis der wahren Sachlage seine Erklärung überhaupt nicht oder zumindest nicht in dieser konkreten Gestalt abgegeben und damit den dadurch zustande gekommenen Vertrag überhaupt nicht oder zumindest nicht in dieser konkreten Gestalt abgeschlossen hätte. Die Beklagten hätten den Ofen nicht gekauft hätte, wenn sie gewusst hätten, dass es sich hierbei um keinen Kachelofen im Sinne eines Grundofens handelt. Die Kausalität ist daher zu bejahen.

Als weitere Anfechtungsvoraussetzung fordert § 871 ABGB, dass der Irrtum durch den Vertragspartner durch den anderen veranlasst war, diesem aus den Umständen offenbar auffallen musste oder noch rechtzeitig aufgeklärt wurde (Beachtlichkeit). Der Fachberater der Klägerin erkannte, dass die Beklagten am Ankauf eines Grundofens interessiert waren und ließ den Umstand, dass die klagende Partei derartiges gar nicht vertreibt während der gesamten Verkaufsverhandlungen unerwähnt.

Zwar besteht keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entscheidung Einfluss haben können, vielmehr muss jeder Teil seine Interessen selbst wahrnehmen. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, inwieweit der Vertragspartner über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt oder zum Ausdruck bringt, dass für ihn bestimmte Punkte von besonderer Bedeutung sind bzw. er nach den durch die Verkehrsanschauen geprägten Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung
erwarten kann. Im vorliegenden Fall hätten die beklagten Parteien durchaus erwarten können, dass ihnen der Fachberater der Klägerin bei Durchführung des Verkaufsgespräches die konkreten Unterschiede zwischen einem herkömmlichen Kachelofen (Grundofen) und den von der klagenden Partei vertriebenen Produkten erklärt, um ihnen erst eine Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Eine Irrtumsveranlassung durch Unterlassung der entsprechenden Aufklärung ist daher im vorliegenden Fall zu bejahen, selbst wenn die klagende Partei generell am Messestand nur Heizkamine angeboten hat. Der Fachberater der Klägerin erkannte im Zuge der Gesprächsführung, dass das von den Beklagten gewünschte Produkt ein Grundofen ist. Dass aber der Laie bei bloßer Besichtigung erkennen kann, ob ein bestimmter Ofen ein Grundofen, oder nur ein Heizkamin ist, lässt sich den erstgerichtlichen Feststellungen nicht entnehmen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

LG Eisenstadt 10.1.2018, 13 R 195/17z
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Klagsvertreter: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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