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Urteil: Kreditbearbeitungsgebühr auch in Österreich unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Vorarlberg die BTV (Bank für Tirol und Vorarlberg Aktiengesellschaft) hinsichtlich der Kreditbearbeitungsgebühr. Das LG Innsbruck entschied, dass eine Kreditbearbeitungsgebühr iHv 1% bzw 2,5% unzulässig ist.

Laut Schalteraushang der BTV (Bank für Tirol und Vorarlberg AG) ist für Konsumkredite eine Bearbeitungsgebühr iHv 2,5 % vorgesehen und für hypothekarisch besicherte Verbraucherkredite 1 %.

Das LG Innsbruck stellte fest, dass sich die meisten Kunden der Beklagten in den Verhandlungen vor Abschluss des Kreditvertrages über den von ihnen zu zahlenden Sollzinssatz interessieren. Darüber hinaus erkundigen sie sich auch über die Höhe der von ihnen zu entrichtenden Bearbeitungsgebühr. Nach der Höhe des Effektivzinssatzes erkundigen sich die am Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages interessierten Kunden im Regelfall nicht. Die Bearbeitungsgebühr wird nur in den effektiven Jahreszinssatz eingerechnet.

Die Bearbeitungsgebühren werden von der beklagten Partei zu Beginn des Vertragsverhältnisses in Rechnung gestellt. Die beklagte Partei zahlt die Bearbeitungsgebühr nicht anteilsmäßig zurück, wenn der Kredit vorzeitig getilgt wird.

Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB
Die Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB ist nur auf Nebenleistungen anzuwenden. Das Gericht prüfte daher eingehend, ob die Kreditbearbeitungsgebühr als solche Nebenleistung zu verstehen ist oder - wie von der Beklagten vorgebracht - als Hauptleistung. In diesem Zusammenhang kommt der Bestimmung des § 988 ABGB entscheidende Bedeutung zu, demzufolge das vom Kreditnehmer zu zahlende Entgelt (in der Regel) in den Zinsen besteht. Da die Hauptpflicht des Kreditnehmers in der - von § 988 ABGB umschriebenen - Entgeltzahlung liegt, ist davon auszugehen, dass die hier in Rede stehenden Bearbeitungsgebühren eben nicht die  vertragscharakteristische Hauptleistung betreffen.

Die Bearbeitungsgebühr unterliegt daher der Inhaltskontrolle.

Gröbliche Benachteiligung
Die gröbliche Benachteiligung der Bearbeitungsgebühr ergibt sich jedenfalls daraus, dass sich die Höhe unabhängig vom tatsächlichen Bearbeitungsaufwand prozentuell am gewährten Kreditbetrag orientiert. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Kreditverträge, denen eine höhere
Krediteinräumung zugrunde liegt, zwingend und in jedem Fall einen höheren Bearbeitungsaufwand nach sich ziehen sollten.

Eine gröbliche Benachteiligung liegt aber auch darin, dass die gesamten Bearbeitungsgebühren auf die Konsumenten überwälzt werden. Die Bonitätsprüfung und Antragsbearbeitung sowie der Vertragsabschluss selbst erfolgen nämlich jedenfalls im Interesse der Kreditnehmer und der finanzierenden Bank. Argumente dafür, weshalb die finanzierende Bank den Bearbeitungsaufwand nicht zumindest anteilig tragen muss, wurden von der beklagten Partei im Übrigen gar nicht ins Treffen geführt.

Höhe der Bearbeitungsgebühr

Da die bekämpften Klauseln schon dem Grunde nach nicht berechtigt ist, erübrigt sich - laut Gericht - schließlich auch ein Eingehen auf die Frage, ob auch deren Höhe gröblich benachteiligend bzw intransparent sei. Der Vollständigkeit halber weist das Gericht aber auf folgenden Aspekt hin: In den Bundesländern Tirol und Vorarlberg, wo die Beklagte hauptsächlich tätig ist, ist es angesichts der Grundstückspreise regelmäßig erforderlich, dass Verbraucher zum Zweck der Anschaffung eines Eigenheims einen Kredit von EUR 350.000,00 und mehr aufnehmen müssen. In der Regel wird dieser Kredit hypothekarisch besichert sein, sodass nach den AGB der beklagten Partei eine Bearbeitungsgebühr von 1,00 % und somit EUR 3.500,00 anfallen würde. Diese Summe würde den festgestellten, im Allgemeinen anfallenden Bearbeitungsaufwand selbst unter Berücksichtigung der Bruttokosten wohl mehrfach abdecken, sodass nicht erkennbar wäre, wofür der verbleibende Anteil des unter dem Titel "Bearbeitungsgebühr" begehrten Betrages eigentlich begehrt wird.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (21.7.2015)

LG Innsbruck 9.7.2015, 41 Cg 20/15g
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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