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Urteil: ZaDiG: Viele strittige Klauseln der Banken nun durch den OGH geklärt

Im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums hatte der VKI nach Inkrafttreten des Zahlungsdienstegesetzes (November 2009, kurz: ZaDiG) die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank Austria erneut geprüft und Gesetzesverstöße mit Verbandsklage inkriminiert. Letztlich hätte der OGH noch über 17 Klauseln entscheiden müssen; die Bank zog hinsichtlich 6 Klauseln allerdings die Revision zurück und änderte diese im Sinne des Urteils des Oberlandesgerichts ab. Nun entschied der OGH über den Rest und schafft damit wichtige Rechtsprechung zu Entgelt-, Haftungs- und anderen Vertragsbestimmungen in Girokontobedingungen. Alle inkriminierten Klauseln (einzig im Erfordernis der Schriftlichkeit von Lastschrift-Widerrufen sah er keine Gesetzwidrigkeit) widersprachen dem ZaDiG und dürfen nicht mehr vereinbart oder (bei Altverträgen) verwendet werden.

1. Z 16 (1) Der Kunde hat Erklärungen des Kreditinstituts, wie zB Bestätigungen von ihm erteilter Aufträge, Anzeigen über deren Ausführung, Kontoauszüge, Depotaufstellungen, Rechnungsabschlüsse und sonstige Abrechnungen aller Art, sowie Sendungen und Zahlungen des Kreditinstituts auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und etwaige Einwendungen unverzüglich zu erheben. 

Da der Kunde - nach dieser Klausel in Verbindung mit allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen und anderen Haftungsklauseln in den AGB 2009 - schadenersatzpflichtig werden würde, wenn er der in der Klausel enthaltenen Prüfpflicht nicht nachkommt, ist die Klausel gesetzwidrig: Die Haftung des Kunden gegenüber der Bank bei nicht-autorisierten Zahlungsvorgängen ist in § 44 Abs 2 ZaDiG zwingend und abschließend geregelt. Eine Haftung aufgrund Verletzung einer vertraglich auferlegten Prüfpflicht ist darin aber nicht vorgesehen, weshalb die Klausel gegen diese - für Verbraucher zwingende - Bestimmung verstößt.

2. Z 16 (2) Gehen dem Kreditinstitut innerhalb von zwei Monaten keine schriftlichen Einwendungen zu, so gelten die angeführten Erklärungen und Leistungen des Kreditinstituts als genehmigt; das Kreditinstitut wird den Kunden jeweils bei Beginn der Frist auf diese Bedeutung seines Verhaltens hinweisen. 

Der OGH sieht in einem solchen Verschweigen des Kunden eine Zustimmung des Kunden zu einer bloßen Wissenserklärung (Auflistung von Zahlungsvorgängen auf dem Kontoauszug); wobei er meint, dass daher die Zustimmung des Kunden ebenso nur als Wissenserklärung verstanden werden kann. Diese würde aber nach dem Wortlaut der Klausel die Beweislast auf den Kunden überwälzen, was wiederum § 34 Abs 3 ZaDiG widerspricht: Die Beweislast dafür, dass ein Zahlungsvorgang autorisiert war, trägt die Bank (Zahlungsdienstleister). Die Klausel ist somit gesetzwidrig.

3. Z 16 (3) Im Falle einer aufgrund eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorganges erfolgten Belastung kann der Kunde nur dann eine Berichtigung durch das Kreditinstitut erwirken, wenn er das Kreditinstitut unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorganges, jedoch spätestens 13
Monate nach dem Tag der Belastung hievon unterrichtet hat, es sei denn das Kreditinstitut hat dem Kunden die in Z 39 (8) dieser Bedingungen vorgesehenen Informationen zu dem betreffenden Zahlungsvorgang nicht in der mit ihm vereinbarten Form mitgeteilt oder zugänglich gemacht. (…).
 

Der Berichtigungsanspruch des Kunden bei unautorisierten Zahlungsvorgängen besteht nach dem ZaDiG zwar nur dann, wenn der Kunde "unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten Zahlungsvorganges" den Zahlungsdienstleister davon unterrichtet (Rügeobliegenheit). Eine Verletzung dieser Rügeobliegenheit ist jedoch dann unbeachtlich, wenn ein Berichtigungsanspruch anderweitig (aus vertraglichen oder bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, nicht aus § 36 Abs 3 ZaDiG) ableitbar ist: Etwa dann, wenn die Bank von der fehlenden Autorisierung wusste oder davon hätte wissen müssen oder wenn der Bank aus der Verletzung der Rügeobliegenheit kein Schaden entstanden ist. Die Klausel verstößt durch die abschließende Formulierung ("nur dann") gegen § 36 Abs 3 letzter Satz ZaDiG; auch bei Streichung dieser Wortfolge - so der OGH - würde die Klausel gegen § 6 Abs 3 KSchG verstoßen, da die Rechtslage unrichtig wiedergegeben und ihm daher verschleiert würde, weil weiterhin nicht darauf hingewiesen würde, dass andere Ansprüche auf Berichtigung durch die Verletzung der Rügeobliegenheit nicht ausgeschlossen werden.

4. Z 39 (1) Überweisungsaufträge müssen den Zahlungsdienstleister des Empfängers (Bankleitzahl bzw Bank Identifier Code = BIC) und die Kontonummer bzw die International Bank Account Number (IBAN) enthalten. Diese Angaben stellen den "Kundenidentifikator" dar; Z 39 (5) Macht der Kunde weiter gehende Angaben als in Absatz 1 festgelegt, so wird der Überweisungsauftrag ausschließlich auf Grundlage des vom Kunden angegebenen Kundenidentifikators (Absatz 1) durchgeführt. 

Der OGH ist der Meinung, dass die Klausel hinsichtlich der Festlegung des Kundenidentifikators auf die Kontonummer und die Bankleitzahl gegen § 864a ABGB verstößt: Bei Überweisungsaufträgen, für die ausschließlich die Kontonummer und Bankleitzahl (als sog Kundenidentifikator) anzugeben ist (bei Zahlscheinvordrucken "Überweisung-Inland"), ist es für den Kunden überraschend, dass sich die Bank von einer Abgleichungspflicht mit dem Empfängernamen mit der Klausel freispielen möchte. Der Kunde rechnet nicht damit (und findet sich auch kein konkreter Hinweis), dass der in den Zahlscheinen anzugebende Empfängername irrelevant ist. Für jene Zahlungsvorgänge allerdings, in denen IBAN und BIC als Kundenidentifikator vereinbart ist, verstoße der Klauselwortlaut nicht gegen § 6 Abs 3 KSchG: Dass in der Klausel nicht angegeben ist, dass die Bank gesetzlich zur sog Kohärenzprüfung verpflichtet ist, stört den OGH nicht; bei der gegenständlichen Klausel handle es sich um einen thematisch abgrenzbaren Bericht, nämlich die Maßgeblichkeit des Kundenidentifikators. Diesbezüglich werde dem Kunden ein vollständiges und klares Bild vermittelt. Die Pflicht des Zahlungsdienstleisters zur Kohärenzprüfung (gem § 35 ZaDiG) sei ein davon abgrenzbarer Regelungsbereich, den die AGB 2009 zulässigerweise aussparen. Die Klausel sei daher in diesem Punkt nicht zu beanstanden. Z 39 Abs 1 und 5 der AGB 2009 verstoßen daher hinsichtlich der Verwendung ausschließlich der Kontonummer und Bankleitzahl des Empfängers bei inländischen Überweisungen gegen § 864a ABGB.

5. Z 39 (6) Beim Kreditinstitut eingelangte Überweisungsaufträge können vom Kunden nicht einseitig widerrufen werden. (...) 

Da die Klausel auf das "Einlangen" von Überweisungsaufträgen abstellt und nicht auf den rechtlich bedeutsamen Eingangszeitpunkt, verstößt die Klausel gegen § 40 Abs 1 Z 1 iVm § 38 ZaDiG: Diese beiden Zeitpunkte können etwa dann auseinanderfallen, wenn der Auftrag nicht an einem Geschäftstag des Kreditinstituts einlangt oder wenn der Auftrag nach einem gem § 38 Abs 3 ZaDiG vereinbarten Zeitpunkt nahe dem Ende des Geschäftstags einlangt. In diesen Fällen kann der bereits "eingelangte", im rechtlichen Sinn aber noch nicht "eingegangene" Auftrag vom Kunden widerrufen werden. Z 39 Abs 6 AGB 2009 ist daher gesetzwidrig.

6. Z 39a (1) Zahlungsaufträge, die nach den für die jeweilige Zahlungsart festgelegten Zeitpunkten oder an einem Tag, der kein Geschäftstag ist, bei dem Kreditinstitut einlangen, werden so behandelt, als seien sie am folgenden Geschäftstag eingegangen. (…) 

Wenn sich der OGH auch bedauerlicherweise der Entscheidung entzieht, ob dieser sog Cut-Off-Zeitpunkt mit dem Kunden "vereinbart" oder von der Bank einseitig festgelegt werden (was vor allem für eine Änderung des Zeitpunktes wesentlich wäre), spricht er klar aus, dass "eine konkrete uhrzeitgenaue Information" über den Cut-Off-Zeitpunkt im Rahmenvertrag genannt werden muss. Dieser Zeitpunkt muss überdies "nahe am Ende des Geschäftstages" liegen, dh dass dabei auf die üblichen Schließungszeiten für den physischen Publikumsverkehr abzustellen ist. Die Klausel verstößt daher § 38 Abs 3 iVm § 28 Abs 1 Z 2 lit d ZaDiG.

7. Z 42a (1) Der Kunde stimmt der Belastung seines Kontos mit Beträgen, die von ihm ermächtigte Dritte zulasten seines Kontos beim Kreditinstitut einziehen, zu. Diese Zustimmung kann vom Kunden jederzeit schriftlich widerrufen werden. Ein derartiger Widerruf wirkt ab dem seinem Eingang beim Kreditinstitut folgenden Geschäftstag. 

Einzig betreffend dieser Klausel sieht der OGH keine Gesetzwidrigkeit: Dass der Kunde im Lastschriftverfahren (das in Österreich durch zwei Typen besteht: das  Abbuchungsverfahren und das Einzugsermächtigungsverfahren) den Widerruf seiner Zustimmung nach dem Wortlaut der Klausel schriftlich seinem Zahlungsdienstleister gegenüber erklären muss, findet der OGH unbedenklich: Das Schriftformgebot verstoße nicht gegen § 864a ABGB, weil es für den Kunden nicht ungewöhnlich sei, wenn er die bloß seinem Zahlungsempfänger (schriftlich) erteilte Einzugsermächtigung wiederum schriftlich widerrufen müsse. Auch sei die Klausel nicht sittenwidrig iSd § 879 Abs 3 ABGB, da sich die Schriftform auch mit der Fälschungs- und Beweissicherheit rechtfertigen lasse, die auch im Interesse des Kunden liege. 
 
8. Z 43 (1) Das Kreditinstitut ist berechtigt, für seine Leistungen vom Kunden Entgelte, insbesondere Zinsen, Gebühren und Provisionen zu verlangen. Z 43 (3) Abs 1 gilt nicht für die einmalige Bereitstellung von Informationen an Verbraucher über das Kreditinstitut, über die Nutzung des Zahlungsdienstes, über Entgelte, Zinsen und Wechselkurse, über die Kommunikation, über Schutz- und Abhilfemaßnahmen, über Änderungen und Kündigung des Kontovertrags und über Rechtsbehelfe, sofern die Bereitstellung in einer mit dem Kunden im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbarten Form erfolgt. Z 44 Das Kreditinstitut hat für seine Leistungen Anspruch auf ein angemessenes Entgelt, dessen Höhe das Kreditinstitut für bestimmte typische Leistungen in einem Preisaushang festlegen wird. Entgelte für Leistungen, die im Rahmen eines Verbraucherkreditvertrages oder Verbrauchergirokontovertrages erbracht werden, fallen nur dann an, wenn sie mit dem Kunden vereinbart wurden.  

Nach den Vorgaben des ZaDiG muss der Zahlungsdienstleister dem Kunden die Informationen zum Rahmenvertrag zum einen jedenfalls Vertragsabschluss mit der Bank und zum anderen (auf Verlangen) neuerlich während der Vertragslaufzeit kostenlos zur Verfügung stellen. Bei kundenfeindlichster Auslegung würde sich aber aus der Klausel ergeben, dass er nur einmal die Bereitstellung der Information kostenfrei fordern darf. Das widerspricht § 27 Abs 1 iVm § 26 Abs 4 ZaDiG. Außerdem ist die Klausel intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil der Verbraucher glauben könnte, er kann die Information bloß einmal kostenfrei verlangen. Für darüber hinausgehende Informationen darf die Bank Aufwandersatz vom Kunden verlangen, also ein "Entgelt" (im weiteren Sinn), das angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet ist. Die Klauseln verstoßen daher auch insofern gegen diese Vorgaben gem § 27 Abs 1 zweiter Satz ZaDiG, als die Höhe dieser Entgelte nicht  "nur an den Kosten ausgerichtet" ist (sondern einen Gewinnanteil für die Bank enthält).

9. Z 44 (…) Entgelte für Leistungen, die im Rahmen eines Verbraucherkreditvertrages oder Verbrauchergirokontovertrages erbracht werden, fallen nur dann an, wenn sie mit den Kunden vereinbart wurden.

Der OGH verweist hier auf seine Ausführungen zur Klausel Z 43 und 44 und sieht ebenfalls klar einen Verstoß gegen § 27 Abs 2 ZaDiG.

10. Z 45 (2) Mangels anderer Vereinbarung werden die mit Verbrauchern vereinbarten Entgelte für die vom Kreditinstitut erbrachten Dauerleistungen (ausgenommen Zinsen), jährlich mit Wirkung ab dem 1. April jeden Jahres der Entwicklung des von der Statistik Austria veröffentlichten nationalen Verbraucherpreisindex 2000 (VPI) angepasst (erhöht oder gesenkt). Die Anpassung wird in jenem Verhältnis vorgenommen, in dem sich der Jahresdurchschnitt des VPI für das letzte Kalenderjahr vor der Anpassung gegenüber dem Jahresdurchschnitt des VPI für das vorletzte Kalenderjahr vor der Anpassung geändert hat. Erfolgt im Falle der Erhöhung des Verbraucherpreisindex eine Anhebung der Entgelte aus welchen Gründen immer nicht, so ist dadurch das Recht auf Anhebung in den Folgejahren nicht verloren gegangen. (…) 

Der erkennende Senat schließt sich zu dieser Klausel der Rechtsansicht der Entscheidung 3 Ob 107/11y an: In allen nicht in § 29 Abs 2 erster Satz ZaDiG angeführten Fällen (Anpassung von Zinssätzen und Wechselkursen) muss bei Änderung der Entgelte nach Abschluss des Rahmenvertrags die in § 29 Abs 1 ZaDiG vorgesehene Vorgangsweise eingehalten werden, also insbesondere die (ausdrückliche oder stillschweigende) Zustimmung vom Kunden eingeholt werden. Eine (automatische) Entgeltanpassung, wie sie die Klausel vorsieht, ist jedenfalls unzulässig.

11. Z 46 (1) Der Kunde trägt alle aufgrund der Geschäftsverbindung mit ihm entstehenden, notwendigen und nützlichen Aufwendungen, Auslagen, Spesen und Kosten, insbesondere Stempel- und Rechtsgebühren, Steuern, Porti, Kosten für Versicherung, Rechtsvertretung, Betreibung und Einbringung, betriebswirtschaftliche Beratung, Telekommunikation sowie Bestellung, Verwaltung und Verwertung oder Freigabe von Sicherheiten. Kann das Kreditinstitut eine Zahlungsanweisung des Kunden mangels Deckung nicht durchführen oder muss es aufgrund von Zwangsmaßnahmen Dritter gegen den Kunden tätig werden, ist es zur Einhebung eines angemessenen pauschalen Aufwandersatzes gemäß Aushang berechtigt. 

Die Klausel verstößt aus mehreren Gründen gegen § 27 Abs 3 ZaDiG: Bei kundenfeindlichster Auslegung hätte die Bank gegenüber dem Verbraucher auch dann einen Aufwandersatzanspruch, wenn sie gesetzlich vorgeschriebene (ZaDiG)Nebenpflichten erfüllt. Diese sind vom Zahlungsdienstleister allerdings unentgeltlich zu erfüllen, da das ZaDiG drei Fälle taxativ auflistet, bei welchen ein Aufwandersatzanspruch gegen den Kunden besteht (Mitteilung der Bank über die Ablehnung der Ausführung von Zahlungsvorgängen; Widerruf eines Zahlungsauftrags nach dem Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit; Wiederbeschaffung eines Geldbetrags, der wegen fehlerhafter Kundenidentifikatoren verloren gegangen ist). Außerdem ist in den drei Fällen, für die die Bank nach § 27 Abs 3 ZaDiG zulässigerweise Aufwandersatz verlangen kann, dem Kunden dieses "Entgelt" und dessen Aufschlüsselung mitzuteilen. Unzulässigerweise wird in der gegenständlichen Klausel auf die Einhebung "gemäß Aushang" verwiesen, der den gesetzlichen Anforderungen eben nicht entspricht.

Aus Verbraucherschutzsicht scharf zu kritisieren, ist hingegen die Entscheidung des OGH zur Frage der Leistungsfrist für die Erfüllung des Unterlassungsanspruchs: Er kam dem Wunsch der Beklagten, bei Klagsstattgebung eine Leistungsfrist von sechs Monaten für die Erfüllung des Unterlassungsanspruchs zu setzen, ohne sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen mit dem Verweis auf ähnliche Entscheidungen (va 10 Ob 70/07b) und der Begründung eines fehlenden Rechtsschutzinteresses (die vom Berufungsgericht ausgesprochene Leistungsfrist ist bereits abgelaufen) nach. Warum aber der OGH in nunmehr ständiger Judikatur den Banken auch hinsichtlich des Sich-Berufens auf gesetzwidrige Klauseln eine 6-monatige Frist einräumt, innerhalb der sie sich weiterhin auf die vom OGH als gesetzwidrig erkannten Klauseln berufen dürfen, ist völlig unverständlich. Diese OGH-Judikatur ist nicht nur konsumentenpolitisch problematisch, sondern sie steht auch in einem eklatanten Widerspruch zu den europarechtlichen Verpflichtungen, die sich für Österreich aus den zwingenden Vorgaben der Vertragsklauselrichtlinie ergeben:

Nach Art 7 der Richtlinie 93/13/EWG müssen die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass klagebefugte Einrichtungen wie der VKI die Gerichte anrufen können, die dann wirksame Mittel anwenden müssen, um der Verwendung der von ihnen als missbräuchlich angesehen Vertragsklauseln ein Ende zu setzen (Art 7 Absatz 2). Mit dieser Verpflichtung steht es zweifellos im Widerspruch, wenn der OGH es dem AGB-Verwender erlaubt, die von ihm als gesetzwidrig angesehenen Klauseln weitere 6 Monate lang für Neuvertragsabschlüsse zu verwenden und sich auf diese Klauseln bei der Abwicklung von Altverträgen zu berufen. Damit begibt sich der OGH auch in einen Widerspruch zum BGH, der dem AGB-Verwender in ständiger Judikatur keine Änderungs- oder Aufbrauchfrist zugesteht (NJW 1980, 2518; 193, 1320/22), weil das eben mit dem Zweck der Verbandsklage unvereinbar wäre, der Verwendung und Berufung auf gesetzwidrige Klauseln rasch und wirksam ein Ende zu setzen.

OGH 1.8.2012, 1 Ob 244/11f
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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