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Zahlreiche Mietvertragsklauseln des Immobilienverwalters Fernkorn AG für unzulässig befunden

Die AGB des Immobilienverwalters Fernkorn AG verstoßen in 51 Fällen gegen Verbraucher- und Mieterschutzbestimmungen.

Der Immobilienverwalter Fernkorn AG vermietet Wohnungen in einem Mietwohnhaus in Wien. Auf die verwendeten Mietverträge ist das Mietrechtsgesetz im Teilanwendungsbereich anwendbar.

Aus der in § 1096 ABGB geregelten Instandhaltungspflicht ergibt sich, dass der Vermieter ein Bestandsobjekt in brauchbarem Zustand übergeben bzw in diesem zu erhalten hat. Verletzt er diese Verpflichtung, steht dem Mieter ein Anspruch auf Mietzinsminderung bzw –befreiung zu.

Laut Mietvertrag wurde ausgeschlossen, dass der Mieter Ansprüche geltend machen könne, wenn der Vermieter etwaige Mängel „in angemessener Frist“ behebt. Das Gericht befand diese Klausel für unzulässig, da das Mietzinsminderungsrecht gegenüber Verbrauchern auch vorübergehend nicht ausgeschlossen werden kann. Eine weitere Klausel konkretisiert diesen Anspruchsverzicht für „zeitweiligen Störungen oder Absperrungen der Wasserzufuhr, Gebrechen oder Absperrungen des Personenaufzuges, an den Gas-, Licht-, Kraft- und Kanalisierungsleitungen und dergleichen“. Auch hier liegt ein Verstoß gegen das Mietzinsminderungsrecht vor. Darüber hinaus handelt es sich hier um Aufgabe des Vermieters. Der Ausschluss stellt auch einen Verstoß gegen Gewährleistungsrechte von Verbrauchern dar.

In weiteren Vereinbarungen wurden Mieter generell zur Instandhaltung des Mietgegenstands und insbesondere für „die dafür bestimmten Einrichtungen, wie im besonderen Elektroleitungen, die Antennen-, Wasserleitungen-, Beheizungs- und sanitären Anlagen“ und „in dem Apartment befindlichen Elektrogeräte“ sowie „zur Durchführung der Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten“ verpflichtet. Ebenfalls wurden Mieter dazu verpflichtet, Silikonfugen im Badezimmer „jährlich zu überprüfen und regelmäßig zu reinigen.“  Auch für die Kontrolle und die Erneuerung war der Mieter verantwortlich. Hierbei handelt es sich erneut um eine Verletzung der Instandhaltungspflichten des Vermieters. Ebenfalls stellt die Übertragung dieser Pflichten auf den Mieter eine Verletzung der Gewährleistungsrechte von Verbrauchern dar. Sämtliche der genannten Klausel sind unzulässig.

Zusätzlich durften Mieter laut Mietvertrag „Veränderungen an den Außenfenstern“ sowie „Schildern, Reklamezeichen, Anzeigen, Schaukästen etc. am und im Haus“ nur mit schriftlicher Genehmigung des Eigentümers anbringen. „Das Bekleben der Zimmertüren mit Postern, Aufklebern o.ä.“ war gänzlich verboten. Weiters war es untersagt, „dass an und vor den Fenstern Kleider, Anzüge, Tücher u. ä. aufgehängt werden.“ Sämtliche dieser Klauseln wurden vom Gericht für gröblich benachteiligend befunden. Es handelt sich dabei jedenfalls um eine gewöhnliche Nutzung der Mietwohnung. Ebenfalls wird die Substanz des Hauses durch die genannten Montagen nicht beeinträchtigt.

Weiters haftete der Mieter „für alle Dinge innerhalb des Apartments (Steckdosen, Schalter, Wasserhähne, Armaturen etc.)“ und „für alle Dinge innerhalb der Mauer (Stromleitungen, Wasserleitungen, etc.)“ und wurde verpflichtet, diese eigens zu warten und im Schadenfall zu ersetzen. Diese verschuldensunabhängige Haftung des Mieters ist gröblich benachteiligend sowie überwälzt sie erneut die Erhaltungspflichten auf den Mieter. Es liegt demnach auch ein Gewährleistungsverstoß vor. 

Abschließend wären laut Klausel „sämtliche Reinigungs- oder Reparaturkosten von der Kaution des Mieters abgezogen“ worden. Der Mieter hat jedoch nur jene Kosten, die über die gewöhnliche Abnützung hinausgehen, zu ersetzen. Die Klausel überwälzt auch Aufwände, die der Vermieter im Rahmen seiner Instandhaltungspflicht zu tragen hat, auf den Mieter. Die Klausel ist folglich unzulässig.

 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand: 22.2.2021).

Handelsgericht Wien 12.12.2020, 54 Cg 28/19z
Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

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