Zum Inhalt

Zielgerichtete Werbung gegen den Willen von Verbrauchern weitgehend unzulässig

Der Europäische Datenschutzausschuss bezieht in einer Stellungnahme Position und befindet zielgerichtete Werbung auf Social Media gegen den Willen von Verbrauchern weitgehend für unzulässig. Je nach Intensität des Trackings müsse eine Einwilligung von Verbrauchern eingeholt werden oder kommt diesen zumindest ein Widerspruchsrecht zu.

Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) teilt in seiner Stellungnahme 8/2020 vom 13. April 2021 seine Einschätzung zur rechtskonformen Durchführung von zielgerichteter Werbung mit und spricht klare Worte zur Rechtmäßigkeit und zur Verantwortlichkeit von Social Media Anbietern und Werbetreibenden.

Zielgerichtete Werbung ist das Erfolgsprodukt von Social Media Anbietern. Werbetreibende können auf den jeweiligen Plattformen Werbeschaltungen platzieren. Social Media Anbieter liefern im Gegenzug detaillierte Analysen über Reichweiten, Klickraten, Conversions und dergleichen, mittels derer der Erfolg der Werbeschaltung gemessen wird. Möchte ein Schuhgeschäft seine neue Winterkollektion an Männer im Raum Wien zwischen 30-45 Jahren richten, kann es hierfür konkrete Parameter auswählen. Social Media Anbieter zeigen die Werbeschaltung jenen ihrer Nutzer, die in die gewünschte Zielgruppe fallen. In weiterer Folge wird deren Reaktion auf die Werbung gemessen. Jeder Klick der Nutzer wird gespeichert und analysiert. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) beschäftigt sich in seiner Stellungnahme 8/2020 vom 13. April 2021 nun mit der Frage, wer die Verantwortung für die damit verbundene Datenverarbeitung trägt und unter welchen Voraussetzungen diese zulässig ist.

Social Media Anbieter befanden sich in der Praxis bevorzugt als Auftragsverarbeiter und schoben dadurch die Verantwortung auf die Werbetreibenden. Diese sahen sich jedoch ebenfalls nicht als für die Datenverarbeitung verantwortlich, weil sie lediglich aggregierte Statistiken erhalten und über keinen Zugriff auf die tatsächlich verarbeiteten personenbezogenen Daten verfügen.

Der EDSA beurteilt in seiner Stellungnahme nun beide Parteien als gemeinsame Verantwortliche. Ausschlaggebend dafür ist, dass Social Media Anbieter und Werbetreibende gemeinsam Zweck und Mittel der Datenverarbeitung festlegen. Durch Vorgabe einer Zielgruppe, basierend auf ausgewählten Kriterien (wie z.B. Alter, Geschlecht, Interessen usw) ist der Werbetreibende unabhängig davon, ob er Zugriff auf die konkreten personenbezogenen Verbraucherdaten erhält, jedenfalls als gemeinsamer Verantwortlicher zu qualifizieren. Nutzer können ihre Rechte folglich gegen beide Parteien geltend machen.

Je nach Ausmaß der Datenverarbeitung, die mit der zielgerichteten Werbeschaltung verbunden ist, erachtet der EDSA eine Einwilligung der Nutzer für notwendig. Dies jedenfalls, wenn aufdringliches Profiling betrieben wird oder Nutzer in etwa mittels Cookies über mehrere Websites oder Geräte getrackt werden. Gleiches gilt, wenn sensible Datenkategorien für Werbezwecke verarbeitet werden. Eine Einwilligung muss jedenfalls den hohen Maßstäben der DSGVO entsprechen und freiwillig und ohne Zwang erfolgen. Eine verpflichtende Zustimmung bezeichnet der EDSA als unzulässig.  

Bei weniger intensiven Datenverarbeitungen kann die Anzeige von zielgerichteten Werbeschaltungen, nach sorgfältigem Abwägen der Interessen, auch ohne Einwilligung legitim sein. In diesen Fällen haben Verbraucher jedoch ein Widerspruchsrecht. Klare Worte spricht der EDSA zum Argument, zielgerichtete Werbung wäre ein Teil der vertraglich geschuldeten Dienstleistung. Dies lehnt er grundsätzlich ab.

Im Ergebnis sind laut dem EDSA Datenverarbeitung für Zwecke von zielgerichteter Werbung gegen den Willen von Verbrauchern unzulässig. Umso intensiver und umfangreicher die Datenverarbeitung ist, umso notwendiger erscheint eine Einwilligung. Weiters können laut dem EDSA Verbraucher ihre Rechte sowohl gegenüber Social Media Anbietern als auch Werbetreibenden geltend machen.

Europäischer Datenschutzausschuss, Stellungnahme 8/2021 zu zielgerichteter Werbung auf Social Media Plattformen angenommen am 13. April 2021.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Überhöhte Indexanpassung bei Handyvertrag von „Drei“

Überhöhte Indexanpassung bei Handyvertrag von „Drei“

Preisindexierungen haben aufgrund der hohen Inflation zu wesentlichen Preissteigerungen geführt. Ein Konsument konnte sich die Preiserhöhung auf seiner Handyrechnung jedoch nicht erklären. Er stellte fest, dass die Preiserhöhung nicht vom vereinbarten Angebotspreis berechnet wurde, sondern von einem doppelt so hohen Wert – eine für den Verein für Konsumenteninformation (VKI) unzulässige Vorgehensweise. Der Konsument erhielt mit Hilfe des VKI den unzulässig eingehobenen Betrag von „Drei“ zurück.

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Der VKI hatte die Sky geklagt, nachdem diese ihren Kund:innen angekündigt hatte, personenbezogene Daten mit der Österreichischen Post abgleichen zu wollen. Der OGH wertete die zugrundeliegende Vertragsbedingung und zwei weitere Datenschutzklauseln von Sky für unzulässig.

Gesetzwidrige Änderungsklausel von WhatsApp

Gesetzwidrige Änderungsklausel von WhatsApp

Der VKI hatte WhatsApp geklagt. Anlass für die Klage war eine Änderung der Nutzungsbedingungen von WhatsApp im Jahr 2021. Im Zuge dessen prüfte der VKI auch die Nutzungsbedingungen von WhatsApp und klagte daraus weitere fünf Klauseln ein. Verfahrensgegenstand beim OGH war nur mehr die Anlassklausel.

Preisänderungen bei Mobilfunkunternehmen

Preisänderungen bei Mobilfunkunternehmen

Laut Medienberichten planen Telefon- und Internetanbieter im Frühling eine Entgelterhöhung. Wir bieten hier eine allgemeine Übersicht über Preisänderungen bei Telekommunikationsunternehmen.

2.Instanz bestätigt Strafe von T-Mobile

2.Instanz bestätigt Strafe von T-Mobile

Der VKI hatte T-Mobile wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens geklagt. Das OLG Wien gab der Klage des VKI rechtskräftig statt. In der Folge verstieß T-Mobile mehrmals gegen das Urteil, weshalb der VKI bisher schon zwei Exekutionsanträge einbrachte. Das Landesgericht (LG) für ZRS Wien bestätigte nun von der ersten Instanz verhängte Strafe in Höhe von EUR 60.000,--.

EU-Roamingregeln verlängert und verbessert

EU-Roamingregeln verlängert und verbessert

Grundsätzlich dürfen Betreiber für Roaming in der EU sowie in Norwegen, Liechtenstein und Island seit 15.6.2017 keine Aufschläge mehr verrechnen. Diese Regelung wäre mit 30.6.2022 ausgelaufen. Die EU hat durch eine neue Verordnung aber dafür gesorgt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher im EU-Ausland weiterhin prinzipiell die gleichen Preise fürs Telefonieren, SMS-Schreiben und Surfen wie zu Hause bezahlen. Auch die Qualität der Datentarife muss, wenn möglich, gleich gut sein, wie im Inland.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang