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Urteil: BGH zu Klauseln in Lebensversicherung

Der BGH hat in seiner jüngsten Entscheidung zum einen bestätigt, dass intransparente Klauseln zur Tragung von Abschlusskosten bzw zum Stornoabzug unwirksam sind. Zum anderen hat er Kriterien erstellt, wie der Rückkaufswert im Lichte der Unwirksamkeit der Klauseln zu berechnen ist.

Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte durch zwei Urteile vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354 und 373) auf eine Verbandsklage des Bundes der Versicherten Klauseln in Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam. Es handelte sich um Klauseln über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts, die Verrechnung von Abschlusskosten und einen Stornoabzug. Der BGH sah die im Transparenzmangel liegende unangemessene Benachteiligung darin, dass den Versicherungsnehmern die mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung insbesondere in den ersten Jahren verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht deutlich gemacht werden. Sie liegen darin, dass wegen der zunächst vollen Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen aus der Vermittlungsprovision bestehenden einmaligen Abschlusskosten ("Zillmerung") in den ersten Jahren keine oder allenfalls geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswerts vorhanden sind.

Die Versicherer haben diese Klauseln - in einem in Deutschland gültigen Verfahren - durch im Grunde inhaltsgleiche Klauseln ersetzt. Der BGH sieht zwar das Verfahren für anwendbar, verwirft aber die inhaltsgleichen Klauseln ebenfalls als intransparent und unwirksam.

Der Senat hatte sodann im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden, ob und auf welche Art die einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu verrechnen sind. Die danach vorzunehmende Interessenabwägung führt zu folgendem Ergebnis: Bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht.

Urteile vom 12. Oktober 2005

IV ZR 162/03 - Amtsgericht Hannover - Entscheidung vom 12.11.2002 - 525 C 5344/02 ./. Landgericht Hannover - Entscheidung vom 12.6.2003 - 19 S 108/02

IV ZR 177/03 - Amtsgericht Düren - Entscheidung vom 30.10.2002 - 45 C 214/02 ./. Landgericht Aachen - Entscheidung vom 10.7.2003 - 2 S 367/02

IV ZR 245/03 - Amtsgericht Hildesheim - Entscheidung vom 28.4.2003 - 49 C 123/02 ./. Landgericht Hildesheim - Entscheidung vom 16.10.2003 - 1 S 54/03

Diese Entscheidung hat auch für Österreich große Bedeutung. Der VKI führt aktuell für geschädigte Versicherungsnehmer eine Sammelintervention bei Lebensversicherungen durch. Im Lichte der BGH-Entscheidung kann man jedenfalls davon ausgehen, dass Versicherungsnehmer, die in den ersten Jahren ihre Lebensversicherung aufkündigen mussten (Rückkauf), auch unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des BGH mehr hätten ausbezahlt bekommen müssen, als dies von den Versicherern berechnet worden war.

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