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Urteil: Mehr Transparenz beim Handyvertrag

Das HG Wien gibt in einem Verbandsverfahren im Auftrag des BMSG der Unterlassungsklage gegen die mobilkom (A1) statt - der Hinweis auf ein Aktivierungsentgelt gehört in die Werbung, die sonst detaillierteste Information enthält, ein Verweis auf die Verrechnung eines ziffernmäßig nicht bestimmten Aktivierungsentgeltes "laut Entgeltbestimmungen" im Anmeldeformular reicht für eine wirksame Vereinbarung nicht aus.

Im Anlassfall verrechnete die mobilkom einem Konsumenten, der sich auf Basis der "A1-Tarifübersicht" für eine Neuanmeldung zum A1 Business Classic Tarif entschieden hatte, 40 Euro "einmaliges Entgelt".

Die mobilkom -Hotline hielt ihm auf seine Beschwerde entgegen, dass er mit seiner Unterschrift auf dem Anmeldeformular dem Aktivierungsentgelt zugestimmt habe. Tatsächlich fand sich dort  unter dem Punkt "Vertragsbedingungen" im Fließtext die folgende Klausel:
Für die Aktivierung eines Mobilfunkanschlusses ist ein Aktivierungsentgelt (vormals Herstellungsentgelt) entsprechend den EB zu entrichten.

Im Auftrag des Sozialministeriums (BMSG) klagte der Verein für Konsumenteninformation die mobilkom auf Unterlassung irreführender Werbung und der Verwendung intransparenter Vertragsklauseln.

Das Gericht ging davon aus, dass die mobilkom die beanstandeten Tarifübersichtsblätter nicht nur zu reinen Information, sondern auch zu Werbezwecken auflege und daher ihre Wettbewerbstätigkeit zu vermuten sei.

Eine Irreführung iSd § 2 UWG lag nach Ansicht des VKI, der das HG Wien folgte, darin, dass die Tarifübersicht genaue Informationen zu diversen Tarifen enthält, nicht aber zum doch wesentlichen Aktivierungsentgelt.
Die Irreführung im Sinn dieser Bestimmung kann auch darin liegen, dass relevante Umstände verschwiegen werden, deren klare Darlegung der Umworbene erwarten darf. Gerade die äußerst detaillierte Tarifbeschreibung ließ hier erwarten, dass auch das Anfallen eines etwaigen Herstellungsentgelts genannt würde.

Zwar muss Werbung nicht auf jeden Nachteil des beworbenen Produktes hinweisen. Hier musste der potentielle Kunde durch die umfangreich und abschließend erscheinende Tabelle und die detaillierten Fußnoten aber durchaus annehmen, dass alle regelmäßig im Zusammenhang mit dem Vertrag anfallenden, nennenswerten und für einen Preisvergleich wesentlichen Kosten aufgelistet seien.

Im Vergleich zu den übrigen angeführten Tarifen sei ein Aktivierungsentgelt iHv 40 Euro doch beachtlich.

Von einer allgemeinen Kenntnis des angesprochenen Publikums, ein Aktivierungsentgelt werde stets verrechnet (dh man kann nur dann annehmen, dass keines anfällt, wenn explizit damit geworben wird), wollte das Gericht nicht ausgehen.

Der Kunde sei durch die Klausel im Anmeldeformular auch nicht rechtzeitig aufgeklärt worden- die Höhe des Entgelts sei nicht beziffert und werde er auf die 70seitigen AGB verwiesen.

Der Hinweis im Anmeldeformular - das einen vorformulierten Vertragstext darstelle und im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern verwendet wird- verstößt auch nach Ansicht des Gerichtes gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG), und zwar insbesondere gegen das daraus ableitbare Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen- nach welchem besonders strenge Anforderungen an Klauseln gestellt werden, die indirekt die Zahlungspflicht des Verbrauchers nachteilig beeinflussen-, und gegen das Bestimmtheitsgebot.

Die inkriminierte Klausel sei im Fließtext eines 2 1/2 seitigen Vertragsformulars platziert und nicht innerhalb kürzester Zeit les- und erfassbar gestaltet. Auch sei eine Erkennbarkeit des finanziellen Nachteils bzw. ein Vergleich des Angebots für den Verbraucher nicht oder nur schwer möglich, weil das Aktivierungsentgelt - außer in den 70 seitigen AGB nirgends ziffernmäßig bestimmt sei.

Dass die Entgeltbestimmungen nicht geeignet seien, die erforderliche Transparenz über das Aktivierungsentgelt zu gewährleisten, ergebe sich schon aus deren Umfang von über 70 Seiten. Die für die Ermittlung des Bestehens einer konkreten Zahlungspflicht notwendigen Regeln befänden sich an verschiedenen Stellen und müßten erst miteinander kombiniert werden.

Das Gericht untersagte der mobilkom neben der irreführenden Werbung daher auch die Verwendung der genannten Klausel, sowie das Sich-Berufen darauf, soweit sie unzulässigerweise vereinbart wurde.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 6.6.2006, 34 Cg 7/06w
Klagevertreterin: Dr Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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