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Urteil: Erfolg gegen "fair use" Klauseln von One

Der Mobilfunkanbieter "One" hatte vor einiger Zeit Aufsehen erregt, weil er in seiner Werbung für den "4 zu0"-Tarif unbegrenztes Telefonieren in alle Netze versprochen, Vieltelefonieren dann aber unter Berufung auf eine "fair use"-Vereinbarung mit Kündigung gedroht hatte. Einigen Kunden wurde mitgeteilt, dass sie in diesem Fall auch die gesamten Grundentgelte für die restliche Vertragslaufzeit zahlen müssten.

Der VKI mahnte - im Auftrag des BMSK - in der Folge 4 Klauseln der One-AGB ab, nachdem One sich aber nicht verpflichten wollte, diese Klauseln in Zukunft zu unterlassen, wurde die Verbandsklage eingebracht. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI nun Recht.

Das Gericht untersagte die Verwendung der folgenden (und sinngleicher) Klauseln:


1) (4 zu0) Im Sinne einer gerechten Benutzung gegenüber anderen Teilnehmern und um die Dienstequalität im One-Netz nicht zu beeinträchtigen, verpflichtet sich der Teilnehmer keinen unfairen Gebrauch - im Sinne eines vom üblichen Telefonieverhalten eines Mobilfunkanschlusses seiner Art nach grob abweichenden Nutzungsverhaltens - von Sprachtelefonie zu machen.
Bei einem Verstoß gegen diese Regelung wird der Teilnehmer von One in geeigneter Weise verwarnt.
Bei Andauern der missbräuchlichen Verwendung steht One das Recht einer außerordentlichen Kündigung gemäß Punkt 1.9 AGB zu.


2. Beide Vertragspartner sind zur jederzeitigen und fristlosen schriftlichen (ausschließlich per Post oder Fax) Beendigung bzw. ist ONE vorab unter entsprechender Benachrichtigung des Kunden auch zur Sperre des gesamten Diensteangebotes oder einzelner Dienste berechtigt, wenn eine Fortführung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund unzumutbar wäre. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
- der Kunde nach erfolgter Mahnung unter Androhung der Sperre des Diensteangebots mit der Bezahlung von Kommunikationsdienstleistungen mehr als 2 weitere Wochen in Verzug ist;
- die Vorauszahlung gemäß Punkt I.5. nicht innerhalb einer Frist von 2 Wochen erbracht wird;
- der Kunde gegen eine wesentliche Bestimmung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstößt;

Nach dem aus dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG ableitbaren Bestimmtheitsgebot müssen die Rechtsfolgen einer Klausel so genau umschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume bleiben. Kann der Konsument die Tatbestandsvoraussetzungen einer Klausel (also hier zB die Abweichung seiner Gesprächszeit vom "normalen Nutzungsverhalten") nicht oder nur schwer nachprüfen, weil es sich etwa um interne Unternehmensdaten handelt, ist die Zulässigkeit solcher Klauseln sehr streng zu beurteilen.  Außerdem seien die Klauseln im Verbandsverfahren immer erst im kundenfeindlichsten Sinn auszulegen, bevor zu beurteilen ist, ob sie gegen Gesetze oder gute Sitten verstoßen.

Hier kann der Kunde nicht wissen, wann sein Nutzungsverhalten grob vom üblichen Telefonieverhalten abweicht, weil er regelmäßig keine Vergleichsdaten haben wird.
Unklar wird dem Kunden auch bleiben, was der Betreiber mit einem Verstoß gegen "wesentliche Bestimmung der AGB" meint.

Ebenso intransparent wertete das Gericht die Kündigungsmöglichkeit "wenn eine Fortführung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund unzumutbar wäre".

Im Ergebnis würde in beiden Klauseln eine unbestimmte tatbestandliche Voraussetzung durch eine andere bei kundenfeindlichster Auslegung für den Konsumenten ebenso unbestimmte und unbestimmbare tatbestandliche Voraussetzung definiert, was die Klauseln intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG mache.

Das Argument der Beklagten, die Sperrmöglichkeiten, die die Klausel vorsehe, sei ihr ohnehin in § 70 TKG gestattet,  gehe fehl. § 70 TKG ermögliche nur eine (teilweise) Sperre für den Fall, dass der Kunde nicht zahle, also kein Vertragspartner seine Leistung erbringt. Daraus könne man aber nicht schließen, dass der Betreiber nach § 70 TKG vorgehen und gleichzeitig die weitere Bezahlung der Grundentgelte bis zum Ende der Mindestvertragsdauer fordern könne.

3. Sollte ONE aus wichtigem Grund das Vertragsverhältnis auflösen oder endet das Vertragsverhältnis auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vor Ablauf einer vereinbarten Mindestvertragsdauer, so ist ONE berechtigt, etwaige noch ausstehende monatliche Grundentgelte bis zum Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer fällig zu stellen und zu verrechnen.

Diese Klausel verweist auf die "wichtigen Gründe" für eine sofortige Vertragsauflösung, somit unter anderem auf die oben genannten Klauseln, die vom Gericht als unzulässig beurteilt wurden. Die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, führe zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Klausel, weil eine getrennte Beurteilung hier nicht mehr möglich sei (4 Ob 227/06w). Daneben wertete das Gericht diese Klausel auch als sittenwidrig iSd § 879 Abs 3 ABGB, obwohl sie durchaus auch auf zulässige Kündigungen angewendet werden könne. Hier sei es aber möglich, dem Kunden die restlichen Grundentgelte zu verrechnen, auch wenn der Vertrag zwar auf dessen Wunsch, aber aus Verschulden des Betreibers (zb wenn dieser seine Leistung nicht erbringt) gekündigt werde. Ein solches Vorgehen sei nicht sachlich gerechtfertigt und daher gröblich benachteiligend.

4. (AGB:)…Sollte eine Mindestvertragsdauer vereinbart sein, so ist der Kunde nicht berechtigt, den Vertrag vor Ablauf dieser Dauer ordentlich zu kündigen. (Antragsformular:) 24 Monate Mindestvertragsdauer im Zusammenhang mit dem Erwerb eines preisgestützten Endgerätes.

Damit verzichte der Verbraucher für 2 Jahre auf sein ordentliches Kündigungsrecht, der Betreiber dagegen könne den Vertrag monatlich kündigen.

Die Zulässigkeit einer Mindestvertragsdauer sei in der Entscheidung des OGH zu 6 Ob 69/05y unter dem Gesichtspunkt des § 15 KSchG behandelt worden, sei hier allerdings nicht gegenständlich. Die 24-monatige Bindungsfrist stehe hier vielmehr in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des Betreibers, der zwar unter Einhaltung einer Frist, aber doch jederzeit kündigen könne. Zu bedenken sei, dass die kurzfristige Beendigung des Vertragsverhältnisses für den Verbraucher, der zu einem anderen Anbieter wechselt, doch mit Kosten (Nummernmitnahme u.ä.) und Mühen verbunden sei. Das Gericht wertete die Klausel als gröblich benachteiligend und untersagte ihre Verwendung.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

HG Wien vom 25.9.2007, 19 Cg 102/07g
Klagsvertreter: Dr.Stefan Langer, RA in Wien

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