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Urteil: VKI-Erfolg gegen unfaire Klauseln in Altenheimverträgen

Das Kuratorium Wiener Pensionistenhäuser muss 17 vom VKI inkriminierte Klauseln in Heimverträgen unterlassen und darf sich gegenüber VerbraucherInnen auch nicht darauf berufen.

Der OGH hat sich in dieser Entscheidung mit einigen Klauseln sehr ausführlich und erfreulicherweise unter Berücksichtigung der Situation von HeimbewohnerInnen auseinander gesetzt. War er in einer Vorentscheidung (vgl. 3 Ob 180/08d) zur Frage der Abwesenheitsvergütung noch relativ restriktiv von einer geringen Ersparnis des Heimträgers ausgegangen, berücksichtigte er hier etwa, dass sich bei langdauernden Abwesenheiten von BewohnerInnen durchaus auch Einsparungen bei den (üblicherweise den Großteil der Kosten ausmachenden) Pflegekosten ergeben können.

Erfreulich auch der strenge Maßstab, den der OGH an Preisgleitklauseln stellt, ein Maßstab, der in anderen Branchen, wie etwa Banken und Reisebranche schon fest in der Judikatur verankert ist. Auch die Berücksichtigung der Besonderheiten von Heimverträgen gegenüber Mietverträgen, vor allem was die Kündigungsgründe seitens des Vermieters angeht, ist zu begrüßen, ebenso wie die Ausführungen zu Räumungspauschalen und dem Hinweis, dass bei der Vereinbarung derartiger Pauschalen die Beschaffenheit und Quantität der zurückgelassenen Gegenstände zu berücksichtigen sein wird.
Auch anhand der Ausführungen zur Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte der BewohnerInnen hinsichtlich der Betretungsrechte des Heimpersonals wird eine positive Entwicklung der Judikatur zugunsten der Rechte alter und abhängiger Menschen deutlich.


Im Einzelnen sind folgende Klauseln nun untersagt:

1. Stornierungen bereits vereinbarter Betreuungs- und Hilfeleistungen können grundsätzlich nur dann mit Schuld befreiender Wirkung berücksichtigt werden, wenn sie mindestens drei Tage vor dem Zeitpunkt der Leistungserbringung erfolgen.

Die Verwendung des Begriffes "grundsätzlich" erweckt laut Erstgericht den Eindruck, dass eine Anrechnung des Ersparten, die an sich gemäß § 1168 Abs 1 ABGB zusteht, so gut wie immer ausgeschlossen ist. Da eine solche Anrechnung aber bei einer Ersparnis von Gesetzes wegen immer vorzunehmen ist, ist die Klausel gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und intransparent iSd §§ 6 Abs 3 und 27d Abs 4 KSchG und umgeht den § 27a KSchG.

Das OLG Wien bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts: Heimverträge seien Mischverträge mit miet-, kauf-, werk- und dienstvertraglichen Elementen, zu denen noch Auftrag und Stellvertretung hinzukommen. Bei § 27a KSchG handelt es sich um eine rein werkvertragliche Regelung, Heimverträge sind erst in den §§ 27b ff KSchG geregelt. § 1168 ABGB ist dispositiv, d.h. die Anrechnung kann an sich ausgeschlossen werden, was aber bei Heimverträgen mangels sachlicher Rechtfertigung aufgrund der dadurch entstehenden Ungleichgewichtslage sittenwidrig ist. Das OLG Wien erblickte in der Klausel weiters einen Verstoß gegen § 27f KSchG, weil dieser auch bei einer Stornierung von Betreuungsleistungen einen Tag im Vorhinein, welche aus dem Grund einer längeren Abwesenheit im Anschluss daran erfolgt, heranzuziehen sei. Der OGH äußerte sich nicht mehr dazu, weil die Revisionsausführungen dazu fehlten.

2. Während dieser Zeit wird der für den Aufenthalt im stationären Bereich festgesetzte Tagsatz in Rechnung gestellt, abzüglich der in der Tarifliste für Zeiten der Abwesenheit ausgewiesenen Rückvergütung.

Gemäß § 27f KSchG hat sich der Heimträger bei einer mehr als dreitägigen Abwesenheit des Bewohners das anrechnen lassen, was er sich dadurch erspart. Die Höhe der Ersparnis wird in vielen Heimverträgen wenn überhaupt, dann nur im Ausmaß der Verpflegungskosten als entgeltmindernd berücksichtigt, weshalb sich die Gerichte jeweils im Einzelfall damit auseinandersetzen müssen, wie viel sich der Heimträger erspart.

Alle drei Instanzen beurteilten die gegenständliche Klausel als gesetzwidrig.

Der OGH äußerste sich hier ausführlich zur Frage, welche Kosten sich der Heimträger erspart. Die Klausel wertete er ebenfalls als Verstoß gegen § 27f KSchG, weil sie die sich ergebende Energieersparnis völlig unberücksichtigt lasse. Außerdem könne sich bei einer langandauernden Abwesenheit oder auch bei Wochen vorher angekündigter Abwesenheit je nach dem Pflegebedarf ein weiteres Einsparungspotenzial an Personalkosten ergeben.
Unter der Voraussetzung, dass auf Abwesenheiten schnell mit der Reduktion von Arbeitsstunden reagiert werden kann, sei allenfalls auch bei einer kürzeren oder knapp zuvor angekündigten Abwesenheit eine Ersparnis möglich.

Diese Argumentation des OGH ist insofern bemerkenswert, als die Gerichte bisher und auch der OGH in seiner Entscheidung 3 Ob 180/08d von keiner Ersparnis bei Personalkosten ausgegangen waren.

3. Das KWP ist berechtigt und verpflichtet, die Tarife gemäß den Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes auch ohne Zustimmung der Bewohnerin zu erhöhen oder zu senken, wenn sich die bisherigen Berechnungs- bzw. Kalkulationsgrundlagen verändert haben. Hierbei handelt es sich insbesondere um:
- die Änderung der vertraglich vereinbarten Entlohnung;
-Standardanhebungen
- die Änderung des Förderungsverhaltens Dritter.

Alle drei Instanzen erblickten darin einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, weil Entgeltänderungen zwar nicht ausschließlich, aber doch auch vom Willen der Beklagten als Arbeitgeberin abhingen. Auch die dadurch gegebene Möglichkeit, den Preis innerhalb der ersten beiden Vertragsmonate anzuheben, verstoße gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG.

Der Verweis auf die "Bestimmungen des KSchG" sei intransparent, weil er die wahre Rechtslage verschleiere. Das OLG Wien argumentierte zusätzlich, dass die Prämissen der Tariferhöhung nicht ausreichend klar umschrieben seien.
Ausführlich dazu der OGH: Abgesehen davon, dass die Klausel nicht auf Fälle gesetzlich vorgeschriebener Standarderhöhungen oder kollektivvertraglich notwendiger Lohn- und Gehaltserhöhungen beschränkt sei, reiche der Verweis auf die "bisherigen Berechnungs- bzw. Kalkulationsgrundlagen" nicht aus, um die sachliche Rechtfertigung überprüfen zu können, weil diese Informationen einem Heimbewohner üblicherweise nicht zugänglich sind. Die vertragliche Umschreibung der für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sei gemäß § 27d Abs 4 KSchG (besondere Transparenzvorschrift für Heimverträge) unzureichend.

5. Als wichtige Gründe für eine Kündigung durch das KWP gelten insbesonders:

- gröbliche Verletzungen der vertraglichen Verpflichtungen durch die Bewohnerin trotz schriftlicher Mahnung durch die Direktorin des Hauses;
- erheblich nachteiliger Gebrauch des Appartements oder der anderen zu Verfügung stehenden Räumlichkeiten;
- gröbliche Verstöße gegen die Hausordnung trotz schriftlicher Mahnung durch die Direktorin des Hauses;

Das Erstgericht erachtete diese Klausel zunächst als zulässig, sei doch auch einem Heimträger nicht zumutbar, jedes nachteilige Verhalten der BewohnerInnen zu dulden.

Das OLG Wien folgte dann jedoch den Argumenten des VKI, weil die hier aufgezählten Kündigungsgründe jenen des § 27i Abs 1 Z 3 KSchG weder von ihrer Bedeutung noch ihrem Gewicht her gleichwertig seien. Das Gesetz sieht - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass HeimbewohnerInnen ein besonderes Interesse an der Aufrechterhaltung des Vertrages haben - nur wenige und schwerwiegende Kündigungsgründe für den Heimträger vor. Der Heimträger muss auch jedenfalls zumutbare Abhilfemaßnahmen ergreifen, bevor er die Kündigung ausspricht, eine Fortführung des Vertrages muss ihm tatsächlich unzumutbar sein.

Der OGH äußerste sich in diesem Sinne auch hier erfreulich ausführlich. Die Dauerhaftigkeit des Heimvertrages stellt bei Vertragsabschluss einen wesentlichen Gesichtspunkt dar. Den Parteien sei die Absicht zu unterstellen, dass der Heimplatz auf Lebenszeit, jedenfalls aber solange es die Gesundheit der BewohnerInnen erlaube, zur Verfügung stehe. Zweck des § 27i Z 3 KSchG sei es, auch dementen, depressiven, verwirrten oder an starken Schmerzen leidenden BewohnerInnen den Platz zu erhalten, selbst wenn sie ein Verhalten setzten, dass im Mietrecht (MRG) schon zur Kündigung berechtigen würde. Die Klausel verpflichte den Heimträger nicht, zumutbare Abhilfemaßnahmen (z.B. psychotherapeutische Behandlung) zu ergreifen.
Unklar bleibe auch die Formulierung "gröblich". Bei kundenfeindlichster Auslegung könne darunter schon ein mehrfacher beharrlicher Verstoß gegen eine in der Hausordnung (z.B. Fernbleiben von den Brandschutzinformationsveranstaltungen) festgelegte Nebenpflicht fallen, selbst wenn der Heimbetrieb und andere BewohnerInnen dadurch nicht beeinträchtigt würden. Dass hier keine Gleichwertigkeit mit den Kündigungsgründen des HVertG gegeben sei, liege auf der Hand.
Darüber hinaus verstoße die Klausel gegen § 27d Abs 4 KSchG, weil die "vertraglichen Verpflichtungen" und "groben Verstöße gegen die Hausordnung" nicht im Einzelnen genau aufgezählt sind, und die Auswirkungen der Klausel für den Durchschnittsbewohner unklar bleiben.

6. Bis zur erfolgten Räumung des Appartements ist das KWP berechtigt, ein angemessenes Benützungsentgelt in Höhe des Tarifs für die Grundleistung abzüglich der in der Tarifliste für Zeiten der Abwesenheit ausgewiesenen Rückvergütung in Rechnung zu stellen.

Alle Instanzen erklärten diese Klausel für unzulässig, einerseits aufgrund der unangemessenen Höhe des Benützungsentgelts, andererseits wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot. Der Verweis auf die "Höhe des Tarifs für die Grundleistung" sei unklar, weil der Tarif keine Position enthalte, die als "Grundleistung" benannt sei. Älteren und gebrechlichen Menschen sei aber kein Studium des Betreuungsvertrages zumutbar, um herauszufinden, was damit gemeint sei. Da eine rasche und einfache Berechnung des Entgelts nicht möglich sei, liege kein "einfacher" Querverweis vor.

7. Erfolgt die Räumung des Appartements durch den Rechtsnachfolger nicht binnen einer Woche nach dem Todestag, so wird die Räumung gegen Verrechnung des hierfür festgesetzten Entgelts (Beilage 1) jedenfalls vom KWP durchgeführt.

8. Räumungspauschale Einzelappartement € 442,20, Doppelappartement € 575,40.

Das Erstgericht sah in der kurzen Räumungsfrist keine gröbliche Benachteiligung der BewohnerInnen, fand die Höhe der Gebühr im Marktvergleich mit gewinnorientierten Räumungsunternehmen aber weit überhöht und daher sittenwidrig iSd § 879 Abs 3 ABGB. Ebenso argumentierte das OLG Wien und der OGH. Dieser bezog sich auf seine E zu 6 Ob 261/07m, in der eine 5-tägige Frist mit Wahlrecht des Heimträgers, danach die Räumung selbst vorzunehmen oder ein Benützungsentgelt einzuheben, als zulässig erachtet worden war.

Ein gröbliche Benachteiligung in der Höhe des in Rechnung gestellten Pauschalsatzes könne aber gegeben sein, wenn konkrete Kosten überschritten werden (4 Ob 5/08a).

Weiter führte er aus, dass durchaus eine gröbliche Benachteiligung vorliegen kann, wenn zusammen mit einer kurz bemessenen Räumungsfrist von einer Woche, ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit und Menge der zurückgelassenen Gegenstände eine nicht nachvollziehbar kalkulierte Pauschalsumme in beträchtlicher Höhe festgesetzt wird, und zwar etwa auch dann, wenn der Bewohner keine zusätzlichen Möbel eingebracht, sondern im Appartement nur Kleidung und Toiletteartikel hinterlassen hat. Dabei kommt es dann nicht auf weitere Feststellungen zur Höhe der am Markt üblicherweise verrechneten Räumungsentgelte an.

9. Die Direktorin des Hauses oder eine von ihr beauftragte Mitarbeiterin ist aus wichtigem Grund jederzeit berechtigt, das Appartement der Bewohnerin zu betreten.

Das Erstgericht befand die Klausel als unbedenklich, die Instanzen jedoch nicht.

Das Abstellen auf einen "wichtigen Grund" ohne weitere Klarstellungen erfülle laut OGH auch nicht das sich aus § 27d Abs 4 KSchG ergebende Erfordernis, den Vertragsinhalt umfassend und genau zu umschreiben. Es könnten verschiedenartige wichtige Gründe für ein Betreten gegeben sein, etwa die Vorbereitung von Renovierungsarbeiten, wie bei Mietverträgen, oder die Durchführung bestimmter Kontrollen. Lägen derart wichtige Gründe vor, so der OGH, gebiete es die Achtung der Privatsphäre der BewohnerInnen, dessen  berechtigte Bewohnerinteressen angemessen zu berücksichtigen (unter Verweis auf § 8 Abs 2 MRG). Das Betreten habe demgemäß in einer die Rechte der Bewohnerinnen schonenden Weise zu geschehen, etwa mit vorhergehender Anmeldung oder Terminabsprache, und nur zu den üblichen Tageszeiten. Nur wenn das Betreten zur Abwehr von Gefahren unverzüglich notwendig sei, könnten diese Einschränkungen hintangestellt werden. Ohne Differenzierung der verschiedenen denkmöglichen Betretungsgründe aber sei die Klausel auch intransparent iSd § 27d Abs 4 KSchG.

10.  Wird ein Doppelappartement nur noch von einer Person bewohnt, so wird der verbleibenden Person - ausgenommen bei bloß vorübergehender Abwesenheit der zweiten Bewohnerin - ein Einzelappartement zur Verfügung gestellt. Die Bewohnerin ist grundsätzlich verpflichtet, in das Einzelappartement zu übersiedeln und das Doppelappartement zu räumen.

Alle Instanzen sahen diese Klausel als unzulässig an.

Der OGH führte dazu aus, dass die Verpflichtung zur Übersiedlung in ein anderes Appartement eine Leistungsänderung darstellt, weil im Vertrag die Benützung eines bestimmten Appartements vereinbart wird. Diese muss dem § 6 Abs 2 Z 3 KSchG entsprechen, darf also nur einseitig vorgenommen werden, wenn dies im Einzelnen ausgehandelt wurde bzw. wenn es sich um eine zumutbare, d.h. geringfügige und sachlich gerechtfertigte Leistungsänderung handelt. Im gegenständlichen Fall  wäre dies aber bei einer kundenfeindlichsten Klauselinterpretation zu verneinen. Einerseits fehle der Hinweis darauf, dass das neue Appartement dem bisherigen hinsichtlich Lage und Ausstattung entspricht. Wäre dies nämlich nicht so, dann würde es sich um keine nur geringfügige Änderung handeln. Die Klausel bedenkt aber auch nicht, dass der allein im Doppelzimmer verbleibende Bewohner bereit sein könnte, das Zimmer mir einem "neuen" Mitbewohner zu teilen. Auch wenn hier keine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für einen Wechsel gegeben sei, müsste der Heimbewohner einen Wechsel hinnehmen. Daher ist die Klausel gemäß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG unzulässig. Dass die Klausel in der Praxis anders gehandhabt wird, macht im Verbandsprozess keinen Unterschied.

11. Beschließt der Vorstand des KWP eine Änderung des Betreuungsvertrages, der Tariflisten (Beilagen 1 bis 3) oder der Hausordnung (Beilage 4), so wird diese Änderung vier Wochen vor Gültigkeitsbeginn mittels Aushang bekannt gemacht.
Zusätzlich wird diese Änderung der Bewohnerin und ihrer Vertrauensperson schriftlich, unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen die Änderung binnen vier Wochen, zur Kenntnis gebracht. Der gegebenenfalls schriftlich zu erhebende Widerspruch gegen die Änderung stellt einen wichtigen Grund im Sinne des Punktes 6.1. dar, der die Bewohnerin zur Kündigung des Betreuungsvertrages ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt. Ungeachtet eines gegen die Änderung vorgebrachten Widerspruchs gilt für die weitere Dauer des Rechtsverhältnisses die neue Fassung des geänderten Schriftstücks.

Die Klausel verstößt nach Ansicht der Gerichte gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG (Verbot von Preisänderungen innerhalb der ersten zwei Monate), weil hier von einem "im Einzelnen Aushandeln" nicht die Rede sei. Außerdem sei sie intransparent, weil der Widerspruch der BewohnerInnen gar nichts ändere, d.h. diesen Rechte suggeriert würden, die in Wahrheit wirkungslos seien. Auch der Kündigungsschutz des § 27i KSchG würde damit umgangen, und der Zweck des Heimvertrags damit unterlaufen. Mangels Revisionsausführungen äußerte sich der OGH inhaltlich nicht zu dieser Klausel.

12. Das KWP ist insoweit zur Änderung des Leistungsangebotes berechtigt, als die Änderung der Bewohnerin zumutbar ist.

Alle drei Instanzen qualifizierten diese Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und § 27d Abs 4 KSchG, sowie als Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Die Beklagte argumentierte in der Revision, es sei denkunmöglich, dass die Übernahme des Gesetzestextes zur Intransparenz der Vertragsbestimmung führe.

Der OGH verwarf aber dieses Argument. Die Klausel lege nicht dar, wie, wann, in welchem Umfang und nach welchen Kriterien das Leistungsangebot geändert wird. Außerdem bleibe sie hinter der Formulierung des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG zurück, weil die Kriterien der Geringfügigkeit und sachlichen Rechtfertigung, die der Gesetzgeber vorsehe, weggelassen würden. Dadurch entstehe beim Bewohner der Eindruck, dass allenfalls auch erhebliche und sachlich nicht gerechtfertigte Leistungsänderungen hinzunehmen seien, und er damit nicht beurteilen könne, ob eine Leistungsänderung vertraglich gedeckt sei.

Darüber hinaus sei die Klausel schon deswegen unzulässig, weil sie sich auf Klausel 11 gründet (arg: "insoweit"), die selbst unzulässig sei.

13.  Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages zwingenden gesetzlichen Regelungen widersprechen, so hat dies auf die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen keine Auswirkungen und es gilt die nächstliegende gesetzeskonforme und dem Sinn entsprechende Auslegung.

Es handelt sich bei dieser Klausel um die Vereinbarung einer geltungserhaltenden Reduktion, und somit um einen Fall von Intransparenz des § 6 Abs 3 KSchG. Schon das Erstgericht führte aus, dass der Wegfall wesentlicher Klausel durchaus den Vertrag vernichte, weshalb die Klausel die tatsächliche Rechtslage verschleiere.

Nachdem die Beklagte erst in der Berufung bekräftige, die Klausel nicht mehr zu verwenden (aber sich nicht zur Unterlassung ihrer Verwendung verpflichtete), war auch von einer Widerholungsgefahr auszugehen.
Mangels Revisionsausführungen äußerte sich der OGH inhaltlich nicht mehr dazu.

14. Die sichere Verwahrung von Geld, Schmuck und anderen Wertgegenständen obliegt Ihrer Sorgfalt. Da eine Verwahrung im Safe des Hauses nicht möglich ist, empfehlen wir Ihnen gegebenenfalls die Anmietung eines Bankschließfaches.

Die Gerichte sahen hierin eine Überwälzung der Verantwortung für diese Gegenstände auf die HeimbewohnerInnen, obwohl grundsätzlich der Heimträger im Rahmen der Gastwirtehaftung des § 970ff ABGB für diese Sachen hafte. Die Beherbergung von SeniorInnen stehe als primärer Leistungsinhalt von Heimverträgen im Vordergrund. Auch die Gefahr des offenen Hauses sei zu bejahen, gehen doch in derartigen Heimen viele Personen (Reinigungspersonal, BesucherInnen, Küchenpersonal etc.) ein und aus, weshalb das Haftungsregime der Gastwirtehaftung auf Heimverträge anzuwenden ist (unter Verweis auf OLG Wien 21.6.2004, 4 R 74/04s mwN). Ausgehend von der kundenfeindlichsten Auslegung sei die Regelung als Auferlegung von zum einen relativ unbestimmten Sorgfaltspflichten zu verstehen, zum anderen suggeriere sie, dass die Anmietung eines Bankschließfaches zur Einhaltung der gebotenen Sorgfalt, die sich jedoch aus dem Gesetz nicht ableiten lasse.

Auf die Aufteilung von Bestimmungen auf den Heimvertrag und die Hausordnung, wobei letztere den HeimbewohnerInnen Pflichten auferlegt, widerspricht dem Gebot des § 27d Abs 4 KSchG, wonach der Vertrag einfach und verständlich formuliert werden müsse.

Mangels Revisionsausführungen äußerte sich der OGH nicht zu dieser Frage.
 
15. Vertragserrichtung € 54,60 einmalig.

Im Gegensatz zur Erstinstanz hatte das OLG Wien diese Klausel als gesetzmäßig gewertet, indem es sich auf Bestimmungen des MRG (§ 22 MRG) bezog.

Der OGH führte dazu aus, dass nach § 27d Abs 5 KSchG der Heimvertrag bei auf unbestimmte Zeit laufenden Vertragsverhältnissen spätestens innerhalb von drei Monaten ab der Aufnahme schriftlich zu errichten sei, wobei dem Bewohner, seinem Vertreter und der Vertrauensperson jeweils eine Abschrift auszufolgen sind, die der Heimträger auf eigene Kosten herzustellen hat. Für die Errichtung von Heimverträgen besteht Gebührenfreiheit (§ 27b Abs 2 KSchG).

Im Hinblick auf das in § 27g Abs 5 KSchG enthaltene Verbot von Leistungen ohne gleichwertige Gegenleistungen sei zu prüfen, ob in der Vertragserrichtung durch den Heimträger eine solche geldwerte Leistung liegt, die einen Anspruch auf ein besonderes Entgelt auslösen könnte. Der OGH verneinte dies jedoch: Der Vertragsabschluß selbst ist keine geldwerte Leistung; mit der Errichtung des schriftlichen Vertrages kommt der Heimträger nur seiner gesetzlichen Pflicht nach; der Aufwand, der ihm für künftige Vertragsabschlüsse entsteht - z.B. wie es die Beklagte vorbrachte, die Kosten des Rechtsanwaltes, der Musterverträge formuliert - liege in seinem Eigeninteresse (mit Verweis auf 5 Ob 224/99y zu Mietverträgen). Gerade bei der Beklagten werde dieses Eigeninteresse besonders deutlich, weil sie vorformulierte Verträge (Schimmelverträge) abschließe, deren Änderung gar nicht möglich sind, sodass entsprechende Abänderungswünsche der BewohnerInnen unberücksichtigt bleiben. Das dafür verlangte Entgelt sei unangemessen hoch. Eine angemessene Gegenleistung gemäß § 27g Abs 5 KSchG könne allenfalls bei einem individuell ausgehandelten Heimvertrag, der Wünsche des Bewohners berücksichtige, bejaht werden. Nachdem die Klausel diese Fälle aber gar nicht unterscheidet, sei sie überdies intransparent.

16.  Reichen Einkommen und Vermögen zur Begleichung des monatlich verrechneten Leistungsentgelts nicht aus, sind im Sinne der Bestimmung des § 143 ABGB mit den Angehörigen Gespräche über eine zumutbare Kostenbeteiligung zu führen.

Im Gegensatz zur Erstinstanz gingen OLG Wien und der OGH von der Gesetzwidrigkeit der Klausel aus. Sie verstoße gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil der Kreis der Verwandten nach § 143 ABGB im Unklaren über den Inhalt und den Zweck der Bestimmung gelassen würde. Nach kundenfeindlichster Auslegung lege die Klausel nicht ausreichend dar, dass damit keine Auferlegung von Pflichten erfolgen, die über die Bestimmungen des WSHG hinausgehen.

Der OGH meint dazu, dass auch rechtsdeklaratorische Klauseln der Kontrolle auf Klarheit und Verständlichkeit unterliegen. Diesen Kriterien entspreche die gegenständliche Klausel jedoch nicht. Durch den Hinweis auf § 143 Abs 1 ABGB und die dort statuierte subsidiäre Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern werde der Eindruck erweckt, dass die Kinder bei nichtausreichendem Einkommen der Eltern sich an den kosten der stationären Pflege beteiligen müssen. Hier wäre aber unter dem Gesichtspunkt der Vollständigkeit der Hinweis auf § 7 iVm § 15 des Wiener Sozialhilfegesetzes notwendig, der in einem solchen Fall den Anspruch der BewohnerInnen auf Sozialhilfe statuiert.

Außerdem fehle der Hinweis auf die §§ 27, 29 Abs 2 WSHG, nach denen Verwandte in absteigender Linie nicht zum Ersatz der Kosten heranzuziehen sind, die dem Sozialhilfeträger im Rahmen seiner Leistungserbringung entstanden sind. Nur mit diesen zusätzlichen Hinweisen wäre dem durchschnittlichen Heimbewohner klar, dass seine Kinder nicht zum Kostenersatz herangezogen werden können.

Die Klausel wertete der OGH demnach als intransparent iSd §§ 6 Abs 3 und § 27d Abs 4 KSchG.

17. In jedem Haus steht eine Wasch-, Trocken- und Bügelgelegenheit zur Pflege der Wäsche zur Verfügung. Die Tarife für die Inanspruchnahme der Wasch- und Trockengelegenheit sowie des Bügelservice sind aus der beiliegenden Tarifliste (Beilage 1) ersichtlich. Eine Bügelgelegenheit steht unentgeltlich zur Verfügung.

18. Wäschepflege
  Waschen je Waschgang (exkl. Waschmittel)  €   1,45
 Trocknen je Trockengang    €  0,85
 Wäscheservice (4,5kg inkl. Waschmittel u. Bügeln) € 12,80
 Bügelservice je Stück     €  2,80

Die Wäscheversorgung ist für jene HeimbewohnerInnen, die auf Kosten der Sozialhilfe in Heimen der Beklagten untergebracht sind, Teil der von der Sozialhilfe finanzierten Grundversorgung. Dies wird ausdrücklich nur in der Hausordnung festgehalten. Im Sinne der Kostentransparenz sind nach § 27d Abs 1 Z 6 KSchG idF des Sachwalterrechtsänderungsgesetzes 2006 die vom Träger der Sozial- und Behindertenhilfe gedeckten Leistungen im Vertrag anzuführen. Dem wird nach Ansicht des OLG Wien die Festsetzung in einer vom Vertrag und den Tarifen weiterhin getrennten Hausordnung nicht gerecht, weil mit einer solchen Regelung dort nicht mehr zu rechnen ist. Damit qualifiziert das Gericht die gesamte Regelung über die Wäschereinigung als intransparent iSd §§ 6 Abs 3 und § 27d Abs 4 KSchG. Diese Intransparenz führe dazu, dass bei irrtümlicher Verrechnung die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung dieses Irrtums erschwert ist.

Revisionsausführungen zu den beiden Klauseln, sowie zum Veröffentlichungsbegehren fehlten, weshalb sich der OGH nicht mit diesen Fragen beschäftigte.

OGH, 24.2.2010, 3 Ob 268/09x
OLG Wien, 28.7.2009, 4 R 22/09y
HG Wien, 22.10.2008, 18 Cg 174/07p

Klagevertreter: Mag. Nikolaus Weiser, RA in Wien

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