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Urteil: OGH: Schadenersatzansprüche von AvW-Genussscheininhabern sind Insolvenzforderungen iSd § 51 IO

Der OGH bestätigt die Rechtsansicht der Unterinstanzen und stellt klar, dass geschädigte AvW-Genussscheininhaber im Insolvenzverfahren der Gesellschaft die Stellung von normalen Insolvenzgläubigern haben und daher nicht nachrangig befriedigt werden.

Die Klägerin, die Genussscheine der AvW Gruppe AG über die Frankfurter Börse erworben hatte, meldete im Insolvenzverfahren der Gesellschaft Schadenersatzansprüche iHv EUR 30.000 an. Diese wurden vom beklagten Insolvenzverwalter bestritten, mit der Begründung, das Rechtsverhältnis zwischen Anlegerin und Gesellschaft sei als atypische stille Gesellschaft zu qualifizieren, der Klägerin stehe als Mitunternehmerin kein Konkursteilnahmeanspruch zu, weil sie der Gesellschaft nachrangiges Eigenkapital zur Verfügung gestellt habe. Gegenstand des Verfahrens war lediglich die Frage nach der insolvenzrechtlichen Qualifikation der Schadenersatzansprüche der Anlegerin. Nicht strittig war der - auf die zivilrechtliche Prospekthaftung (cic), Schutzgesetzverletzung (fehlerhafte Kapitalmarktinformation; BörseG iVm § 1311 S 2 ABGB) und arglistige Täuschung (§ 874 ABGB) gestützte - Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Ersatz jenes Schadens, der ihr durch den Erwerb der Genussscheine entstanden war. 

Der OGH wies die vom Beklagten gegen die klagsstattgebende Berufungsentscheidung erhobene Revision mit Beschluss zurück. Die Frage, welche Rechtsstellung der Klägerin als Genussscheininhaberin zukäme, vor allem ob sie nach den Genussschein-Bedingungen als atypisch stille Gesellschafterin anzusehen wäre, sieht der OGH dabei für die Frage der Nachrangigkeit als nicht entscheidend an. Vielmehr verweist er auf die Drittgläubigerstellung der durch den Erwerb einer Beteiligung infolge fehlerhafter Kapitalmarktinformation geschädigten Anleger (vgl 7 Ob 77/10i) und hält fest, dass keine gesetzliche Bestimmung existiert, die die Nachrangigkeit derartiger Schadenersatzansprüche der Anleger in der Insolvenz des Emittenten begründen würde. Einer analogen Anwendung von § 57a IO, der die nachrangige Befriedigung von Forderungen aus eigenkapitalersetzenden Leistungen normiert, steht der OGH angesichts des beschränkten Tatbestands der Norm ablehnend gegenüber.

OGH 21.05.2013, 1 Ob 34/13a
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Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien

Anmerkung: Der Zurückweisungsbeschluss bestätigt die zur AG ergangene Judikatur, wonach es sich bei Schadenersatzansprüchen von Anlegern aus Prospekthaftung gem § 11 KMG und aus fehlerhafter ad-hoc-Publizität (§ 48d Abs 1 BörseG iVm § 1311 S 2 ABGB) um "Drittgläubigeransprüche" handelt, deren Geltendmachung weder der kapitalgesellschaftsrechtliche Kapitalerhaltungsgrundsatz noch die Lehre vom fehlerhaften Verband entgegen steht (7 Ob 77/10i; 6 Ob 28/12d). Die Frage nach der insolvenzrechtlichen Qualifikation dieser Schadenersatzansprüche in der Insolvenz der Gesellschaft ließ der 6. Senat zuletzt ausdrücklich offen (6 Ob 28/12d; str, vgl dazu Told, GES 2012, 333 und Trenker, ÖBA 2013, 187).

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