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Urteil: "Harakiri-Paket": OGH bejaht Haftung der Bank für mangelnde Aufklärung über Risiken beim Fremdwährungskredit

OGH bejaht Solidarhaftung von Vermögensberaterin und Bank für die Aufnahme eines Fremdwährungskredits.

Im Jahr 2005 wurden die Kläger von der erstbeklagten Vermögensberaterin überredet, ihren zur Wohnungsfinanzierung aufgenommenen Euro-Abstattungskredit in einen endfälligen CHF-Kredit umzuschulden, verbunden mit einer fondsgebundenen Lebensversicherung als Tilgungsträger. Damit wäre nach der Beraterin eine erhebliche Reduktion der laufenden monatlichen Zahllast möglich, der Tilgungsträger werde möglicherweise auch über die Rückzahlung des Kredits hinaus Erträge abwerfen; über Nachteile und Risiken wurde nicht aufgeklärt. Als die Zinsbelastung im Jahr 2007 anstieg, wurde der Kredit auf Initiative und Anraten der zweitbeklagten Bank in Yen konvertiert, wiederum ohne Aufklärung der Kläger über die Risiken.

Der OGH gab der Feststellungsklage der Kreditnehmer statt: 
Das Vermögensberatungsunternehmen haftet infolge Zurechnung der Fehlberatung durch ihren Erfüllungsgehilfen (§ 1313a ABGB). Die Vermögenberaterin selbst trifft eine (ausnahmsweise) Eigenhaftung, weil sie die Kläger durch Aufbau eines besonderen Vertrauensverhältnisses zum Abschluss des Finanzierungsmodells überredete. Die Haftung der Bank stützt sich auf eigenes Verschulden; sie hatte aufgrund der Äußerung der Kläger knapp vor Unterzeichnung (sie hoffen, damit "das Richtige zu tun") einen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass noch Erklärungsbedarf bestand. 

Die Haftung der Bank bejahte der OGH auch für die Konvertierung in Yen. Der Vermögensberaterin sei die Auswahl des Yen dagegen nicht zurechenbar, weil sie auf die Währungsentscheidung nach den Feststellungen keinen Einfluss gehabt habe. 

Eine Einschränkung der Haftung der Bank nahm der OGH in Hinblick auf den Lebensversicherungsvertrag und seine Eignung als Tilgungsträger an. Für diesen hafte - als Teil des von ihr vorgeschlagenen Gesamtkonzepts - lediglich die Vermögensberaterin.

OGH 05.04.2013, 8 Ob 66/12g

Anmerkung: 
- Neben der Haftung aus eigenem Verschulden kann sich die Haftung der Bank nach einer aktuellen Entscheidung (4 Ob 129/12t) bei Vorliegen einer engen Vertriebsbindung auch aus einer über § 1313a ABGB hinausgehenden Zurechnung fremden Verschuldens in Form der Fehlberatung durch externe Vermögensberater ergeben (§ 43a VersVG analog). 

- Die E lässt offen, ob neben der Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht für den künftigen Vermögensschaden auch die gerichtliche Geltendmachung durch Leistungsklage schon vor Laufzeitende möglich wäre: Naturalrestitution (§ 1323 S 1 ABGB) richtet sich hier grundsätzlich darauf, den Kreditnehmer so zu stellen, wie er stünde, wenn er im Euro-Abstattungskredit geblieben wäre. 

- Kritikwürdig ist die E in Hinblick auf die vom OGH für Vermögensberater und Bank angenommenen Einschränkungen des Haftungsumfangs:

1. Dass die Bank für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrags nicht haftet, kann aufgrund der Zusammenfassung von Kredit und Tilgungsträger in einem einheitlichen Produkt kaum mit dem fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang begründet werden, sondern ist im konkreten Fall Folge fehlender Kausalität: Der Versicherungsvertrag ist zwar Teil des Gesamtfinanzierungsmodells, wurde aber bereits vor dem haftungsbegründenden Verhalten der Bank abgeschlossen.

2. Die Haftung des Vermögensberaters erstreckt sich entgegen der E wohl auch auf die 2007 durch die Bank angeratene Konvertierung in Yen: Der Berater hat das Risiko einer neuerlichen Konvertierung durch seine fehlerhafte Beratung im Jahr 2005 schließlich erst geschaffen, die Fehlberatung durch die Bank erfolgte nicht vorsätzlich und eine Konvertierung in Yen nach Aufnahme eines CHF-Kredits ist in hohem Maße adäquat (keine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs). Dass die Verantwortlichkeit des Beraters für die Konvertierung geringer ist als jene der Bank, dürfte daher hier nur im Innenverhältnis der Schädiger beim Regress eine Rolle spielen, aber nicht auf das Außenverhältnis zum Geschädigten durchschlagen.

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