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Urteil: OGH: Unbeschränkte Änderungsklausel in Banken-AGB gesetzwidrig

Der OGH beurteilt die Änderungsklausel in Z 45 Abs. 3 der AGB einer Raiffeisenbank Fassung 2009 als unzulässig. Die Klausel würde im Rahmen einer Erklärungsfiktion unbeschränkte und nicht näher definierte Entgelt- und Leistungsänderungen erlauben, was weder sachlich gerechtfertigt noch ausreichend transparent ist. Sie verstößt damit gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB. Die darauf basierende tatsächliche Erhöhung des Kreditzinssatzes ist ebenfalls unzulässig.

Der VKI ging im Auftrag der AK Steiermark mittels Verbandsklage gegen eine Vertragsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Raiffeisenbank Graz-Straßgang eGen Fassung 2009 vor, nach der die Bank im Wege einer Erklärungsfiktion die Entgelte für Dauerleistungen, den Leistungsumfang und die Verzinsung im Verbrauchergeschäft ändern konnte. Demnach sollte mangels Widerspruch die Zustimmung der Kunden zu derartigen Änderungen fingiert werden. 

Die Klausel befand sich in den AGB Fassung 2009 in Z 45 Abs 3 und lautete:

Über die vorstehenden Abs (1) oder (2) hinausgehende Änderungen der Entgelte sowie Änderungen des Leistungsumfangs oder der Verzinsung sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich. Solche Änderungen werden 2 Monate nach Verständigung des Kunden über die vom Kreditinstitut gewünschte Änderung wirksam, sofern nicht bis dahin ein schriftlicher Widerspruch des Kunden beim Kreditinstitut einlangt. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Verständigung auf die jeweils gewünschte Änderung sowie darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen mit Fristablauf als Zustimmung gilt. Der Kunde, der Verbraucher ist, hat das Recht, seinen Girokontovertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen.

Die Bank hatte auf Basis dieser Klausel bei Krediten die Zinssätze per 1.9.2010 zu erhöhen versucht:

"Sehr geehrter Kunde!
Als Auswirkung der auf die globale Finanzmarktkrise zurückzuführenden  Veränderungen am Geld- und Kapitalmarkt und den daraus resultierenden erhöhten Liquiditätskosten bzw Refinanzierungskosten ist es uns derzeit nicht mehr möglich, den vereinbarten Aufschlag zum vereinbarten Referenzzinssatz darzustellen. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir mit Wirksamkeit am 1. 9. 2010 folgende Änderung für den Kredit Kontonummer (...) anstreben müssen: Der Zinszuschlag zum Referenzzinssatz 3-Monats-Euribor wird um 0,5 Prozentpunkte auf 2,000 verändert. Wir möchten in diesem Zusammenhang auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Fassung 2009) aufmerksam machen, insbesondere Z 45 Abs 3. Diese Änderung wird als wirksam vereinbart, wenn nicht innerhalb von acht Wochen ein schriftlicher Widerspruch von Ihnen bei uns eingelangt ist."

Bereits die Unterinstanzen hatten die Klausel und die darauf aufbauende Zinsänderung der Bank als unzulässig beurteilt. Der OGH bestätigt diese Entscheidungen und verweist auf 1 Ob 210/12g, in der eine fast wortgleiche Klausel einer anderen Bank bereits als unzulässig beurteilt wurde (vgl. VR-Info 6/2013). 

Demnach verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot, weil völlig unbestimmt bleibt, welche Leistungen die Bank mit fingierter Zustimmung einschränken und in welchem Unfang die Änderung erfolgen kann. Außerdem ist die Klausel auch gröblich benachteiliegend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil die Klausel nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnte. Damit ist automatisch auch die tatsächliche Erhöhung des Zinssatzes zum 1.9.2010 unzulässig. 

Der OGH sieht es im Übrigen – wie schon in 1 Ob 210/12g - nicht als erforderlich an, den in § 28 KSchG enhaltenen Halbsatz hinsichtlich des Unterlassungsanspruches bei gesetzwidrigen Klauseln "soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden sind" in das Unterlassungsbegehren aufzunehmen. 

Die Zinserhöhung verliert damit ihre Grundlage und Berechtigung. Da die Verrechnung zu hoher Zinsen bei laufenden Abstattungskrediten zu einem falschen Saldo führt, hat die Bank bei derartigen laufenden Kreditverträgen bei der nächsten Saldierung nach Ende der Leistungsfrist von drei Monaten von sich aus eine Rückbuchung und somit Richtigstellung vorzunehmen. Andernfalls würde sich die Bank unzulässigerweise auf die gesetzwidrige Klausel berufen. Ähnliche Klauseln waren im Übrigen auch in den AGB´s anderer Banken enthalten. 

OGH 29.8.2013, 2 Ob 131/12x
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer; RA in Wien

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