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Urteil: Irreführender Werbeprospekt für MEL-Zertifikate - Schadenersatz aus Prospekthaftung

Werbebroschüre zu Meinl European Land (MEL) verheißt irreführend eine außergewöhnliche Kombination von Ertrag und Sicherheit, die eine alternative sichere Veranlagung in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte darstelle. Anleger bekommt im Wege der Naturalrestitution Schadenersatz.

Der Anleger hatte von seiner Bank zur Besicherung eines Fremdwährungskredites drei verschiedene Tilgungsträger vorgeschlagen bekommen; darunter auch "MEL-Zertifikate" die im übergebenen Werbeprospekt als sicheres und dennoch ertragreiches Investment dargestellt wurde. Eine "sichere Veranlagung" in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte. MEL seine eine Alternative zum Sparbuch. Auf dem Prospekt prangte das Logo der Meinl Bank.

Der Schadenersatzklage gegen die Meinl Bank wurde vom HG Wien in erster Instanz stattgegeben. Das OLG Wien hat dieses Urteil nunmehr bestätigt. Die ordentliche Revision wurde ausgeschlossen.

Das HG Wien war als Basis für Schadenersatzansprüche gegen die Bank von irreführender Werbung als Rechtsbruch ausgegangen; das Berufungsgericht dagegen sah die Prospekthaftung nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen als Rechtsgrundlage. Es handle sich um eine typisierte Vertrauenshaftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss (4 Ob 353/98k; 9 Ob 43/13h; 4 Ob 90/14k je mwN.), wenn der Anleger durch falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewegt wird.

Es hätten alle jene Personen für eine sachlich richtige und vollständige Information einzustehen, die durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an der Prospektgestaltung einen besonderen - zusätzlichen - Vertrauenstatbestand schaffen (RIS-Justiz RS 0107352). Voraussetzung: Der in Anspruch genommene muss die Unrichtigkeit der Prospektangaben kennen oder kennen müssen. Ein durchschnittlich verständiger Anleger muss sich durch die falschen Angaben in seiner Auswahl beeinflussen lassen.

Ein durch irreführende Werbebroschüren verursachter Irrtum über die Risikogeneigtheit und Wertstabilität eines Wertpapiers kommt als Haftungsgrund für einen Schadenersatzanspruch in Betracht (8 Ob 17/12a; 4 Ob 207/11m; 2 Ob 24/13p; 9 Ob 43/13h; 4 Ob 90/14k). 

Der Prospekt muss nicht eine gewisse Form haben, um Prospekthaftung auszulösen, der Prospektbegriff ist vielmehr im umfassenden Sinn zu verstehen. Der Inhalt ist nicht nach Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild des Prospekts zu beurteilen. Welchen Eindruck eine Ankündigung auf den Durchschnittsleser macht, ist eine Rechtsfrage, die nach objektiven Maßstäben zu lösen ist. Der Ankündigende muss bei Mehrdeutigkeit der Ankündigung die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (RIS-Justiz RS 0043590).

Die Nennung der Meinl Bank als Marketmaker und die Nennung deren Homepage als Ort zum Auffinden der KMG-Prospekte bringen die Mitwirkung der Beklagten an der Prospektgestaltung nach aussen zum Ausdruck und schaffen damit einen entsprechenden Vertrauenstatbestand.

Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass der Werbeprospekt die Klägerin in Irrtum geführt habe. Daher stehe dieser Schadenersatz durch Naturalrestitution zu. 

Ein Einwand des Mitverschuldens wurde verworfen. Im Einzelfall kann das Nichtlesen kleingedruckten Hinweise im Beratungsprotokoll ein Mitverschulden oft mal nicht begründen (RS0102779 (T11)).

OLG Wien 29.9.2015, 5 R 108/15m
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Klagevertreter: Salburg RA GmbH

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