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Urteil: OGH: Unzulässige Klauseln in den AGB von A1

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte - im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich - eine Verbandsklage gegen die A1 Telekom Austria AG (A1). Es ging um zahlreiche Bestimmungen der AGB für die Festnetztelefonie. Der Oberste Gerichtshof (OGH) erklärte nun unter anderem eine Erklärungsfiktionsklausel, die eine nicht begünstigende Änderung von AGB herbeiführt, für unzulässig.

Der OGH bestätigte in weiten Teilen die Entscheidung der Vorinstanzen.

Folgende Klauseln wurden vom OGH als gesetzwidrig beurteilt:

Klausel c): "Einvernehmliche Vertragsänderungen: A1 kann Änderungen mit dem Kunden auch einvernehmlich vereinbaren.
Der Kunde erhält ein Angebot zur einvernehmlichen Vertragsänderung mindestens 1 Monat vor In-Kraft-Treten der geplanten Änderungen in schriftlicher Form, z.B. durch Rechnungsaufdruck oder als Rechnungsbeilage. Darin finden sich alle Änderungen. Auch wenn A1 nur einen Teil eines Punktes ändert, sendet A1 dem Kunden den gesamten neuen Punkt. Zusätzlich findet der Kunde einen Hinweis auf die Volltext-Version unter www.A1.net .
Der Kunde kann die Volltext-Version auch bei der A1 Serviceline kostenlos anfordern. Gleichzeitig informiert A1 den Kunden über den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der geplanten Änderungen.
Das Angebot gilt als angenommen, wenn der Kunde nicht bis zum In-Kraft-Treten der geplanten Änderungen schriftlich widerspricht. A1 wird den Kunden in diesem Angebot über diese Frist sowie über die Bedeutung seines Verhaltens informieren
."

Die Vorinstanzen beurteilten diese Klausel übereinstimmend als intransparent iSd § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, weil damit eine Umgehung des § 25 TKG ermöglicht würde. Das Berufungsgericht billigte auch ausdrücklich die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die Klausel gegen § 864a ABGB und gegen § 6 Abs 1 Z 2 und Abs 3 KSchG verstoße.
Die Beklagte suggeriere mit dieser Klausel, sie nehme mit dem Kunden eine einvernehmliche Vertragsänderung vor, wolle aber dann nach dem weiteren Text bloßes Schweigen als Zustimmung ansehen. Der Kunde werde auf die Bedeutung dieses Verhaltens nicht hingewiesen, sondern es werde nur in unbestimmter Weise erklärt, dass die Beklagte den Kunden im Angebot über die Frist und die Bedeutung seines Schweigens informieren werde.
Aus § 6 Abs 1 Z 2 KSchG folge nach der herrschenden Rechtsprechung (ua 6 Ob 85/11k; ähnlich auch BGH III ZR 63/07) die Wirkungslosigkeit vertraglicher Erklärungsfiktionen. Einschränkungen seien streng zu Lasten des Unternehmers auszulegen. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten sei die Klausel für den Kunden weder günstig, weil sie ihn davon abhalte, sich nach einem möglicherweise günstigeren Anbieter umzusehen, noch könne die Einschränkung der Verbraucherrechte mit dem organisatorischen Bedürfnis der Beklagten nach einer einfachen Vertragsabwicklung im Massenverkehr gerechtfertigt werden.
Der OGH verweist hierzu auf die Ausführungen des Berufungsgerichts.
Nach Ansicht des OGH gilt zwar im hier zu beurteilenden Fall - im Gegensatz zu der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 7 Ob 84/12x (Klausel 3) - der Widerspruch des Kunden gegen ein "Angebot" des Unternehmens zur "einvernehmlichen" Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht als Kündigung des Vertragsverhältnisses. Laut OGH führt hier der Widerspruch (wegen des Weiterverweises auf die noch unbestimmte Belehrung über die Erklärungsbedeutung im zukünftigen Angebot freilich nicht sicher) lediglich zur Ablehnung des Änderungsanbots und zum Weiterbestehen des unveränderten Vertrags.
Auch wenn die Klausel insoweit den formalen Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entsprechen würde (Hinweis auf die Bedeutung des Verhaltens des Teilnehmers, angemessene Frist zur Abgabe einer Erklärung), so ist doch - wie der OGH ausführt - die Zulässigkeit der Klausel unter anderem nach § 6 Abs 3 KSchG zu prüfen (vgl 9 Ob 40/06g; 1 Ob 210/12g).
Unter diesem Gesichtspunkt hat der OGH bereits in der Entscheidung 1 Ob 210/12g eine vergleichbare Klausel als intransparent untersagt, weil sie Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zuließ (vgl RIS-Justiz RS0128865; zuletzt 6 Ob 17/16t; 6 Ob 233/15f). Auch die vorliegende Klausel räumt - wie der OGH ausführt - der Beklagten das Recht ein, bestehende Verträge in jeder Weise - somit auch hinsichtlich der essentialia negotii - abzuändern und wurde vom OGH daher als unzulässig angesehen.
Die Revisionsausführungen von A1 erwiesen sich damit für den OGH als nicht berechtigt.

Klausel d): "Der Kunde kann den Vertrag mit A1 auf einen Dritten übertragen sofern A1 schriftlich zustimmt."

Die Vorinstanzen haben diese Klausel als nachteiligen Ausschluss der Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen iSd § 10 Abs 3 KSchG beurteilt. Der OGH erachtete diese
Begründung als zutreffend.
Der OGH verweist auf die Entscheidung 7 Ob 84/12x [Klausel 6], in der der OGH bereits ausgeführt hat, dass die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers oder seiner Vertreter zum Nachteil des Verbrauchers vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann. Die Bestimmung des § 10 Abs 3 KSchG soll verhindern, dass der Unternehmer dem Verbraucher mündliche Zusagen macht, deren Gültigkeit er nachträglich unter Berufung auf eine Klausel in den AGB in Abrede stellt (RIS-Justiz RS0121954). 10 Abs 3 KSchG wendet sich - wie der OGH ausführt - gegen jeden für den Verbraucher nachteiligen Vorbehalt einer gewillkürten Form für Erklärungen des Unternehmers.

Klausel e): "Wird das Vertragsverhältnis oder eine Vereinbarung über eine zusätzliche Leistung beendet, ist der Kunde verpflichtet, sofern er das Vertragsverhältnis durch außerordentliche Kündigung zu Recht beendet hat, das monatliche Grundentgelt bis zum Tag der Beendigung anteilig zu bezahlen. In allen anderen Fällen hat der Kunde die vollen
Grundentgelte inklusive jenes Monats, in welchem die Kündigung wirksam wurde, zu bezahlen
."

Die Vorinstanzen haben diese Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 879 ABGB beurteilt, weil sie dem Kunden unter Umständen die Zahlung des vollen Grundentgelts auch für Zeiträume auferlege, in denen die Beklagte keine Leistung mehr zu erbringen habe. Da die AGB der Beklagten auch eine ordentliche Kündigung zu anderen Terminen als dem Monatsletzten vorsähen, könne ihrem Vorbringen, die Klausel entfalte nur in jenen Fällen ihre nachteilige Wirkung, in denen der Kunden die vorzeitige Auflösung selbst verschuldet habe, nicht gefolgt werden.
Der OGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen, da von der Beklagten keine unrichtige rechtliche Beurteilung aufgezeigt wurde.

Klausel f): "Erst mit der richtigen Zuordnung tritt die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung ein, was allerdings nur dann gilt, wenn sich A1 ohne schuldhafte Verzögerung bemüht, die Zuordnung vorzunehmen."

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass es eine gröbliche Benachteiligung der Kunden der beklagten Partei bewirkt, wenn ihnen abweichend von § 1424 ABGB das Risiko einer schwierigen Zuordnung von Überweisungen, die keine näheren Angaben zum Absender oder Vertragskonto enthalten, einseitig angelastet wird, ist nach dem OGH nicht korrekturbedürftig.

Klausel h): "Werden Einwendungen nicht binnen drei Monaten nach Zugang der Rechnung bei A1 schriftlich erhoben, so gilt die Forderung der A1 als anerkannt. A1 wird einen Verbraucher durch einen deutlich sichtbaren Hinweis auf der Rechnung nochmals auf die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zur Verfügung stehende Frist hinweisen.
Hat der Kunde fristgerecht Einwendungen gegen die Rechnung von A1 erhoben, wird A1 die Richtigkeit der beeinspruchten Rechnung entweder bestätigen oder diese korrigieren. Die Entscheidung wird dem Kunden schriftlich zugestellt. A1 ist berechtigt, ein standardisiertes Überprüfungsverfahren durchzuführen. In diesem Falle hat der Kunde die Möglichkeit, binnen einem Monat nach Zugang der Überprüfungsentscheidung weitere Überprüfungen zu verlangen, ansonsten die bestrittene Entgeltforderung als anerkannt gilt. A1 wird einen Verbraucher in ihrer Entscheidung auf die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zur Verfügung stehende Frist hinweisen.
Lehnt A1 die Einwendungen endgültig ab oder trifft sie, sofern der Kunde Unternehmer ist, innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Einwendungen bei der für die Verrechnung zuständigen Stelle keine Entscheidung, so kann der Kunde binnen einem Monat nach Zugang der endgültigen Entscheidung oder, sofern er Unternehmer ist, nach erfolglosem Ablauf der Entscheidungsfrist, eine Streitschlichtung gemäß §§ 121 und 122 TKG 2003 in Anspruch nehmen oder den Rechtsweg beschreiten, anderenfalls bestrittene Entgeltforderungen als anerkannt gelten.
A1 wird einen Verbraucher in ihrer Entscheidung auf die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zur Verfügung stehende Frist hinweisen.
Unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ist der Kunde berechtigt, Streit - und Beschwerdefälle nach § 122 TKG 2003 der Regulierungsbehörde vorzulegen. Das Verfahren vor der Regulierungsbehörde erfolgt gemäß der jeweils gültigen Richtlinie, die von der Regulierungsbehörde veröffentlicht wird
."

Die Vorinstanzen haben diese Klausel als intransparent beurteilt, weil sie nicht erkennen lasse, dass die Unterlassung von Einwendungen gegen eine Rechnung der Beklagten lediglich ein deklaratorisches Anerkenntnis begründet (7 Ob 84/12x). Bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Bestimmung (vgl ua RIS-Justiz RS0016590) besteht - wie der OGH ausführt - für den Verbraucher in der Tat der Eindruck, dass er sein Klagerecht verliert, wenn er nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben hat. Die Revision vermag laut OGH der Begründung des Berufungsgerichts in diesem Punkt kein substantiiertes Argument entgegenzusetzen.
Soweit die Beklagte ausführt, die Klausel mache ohnehin deutlich, dass dem Kunden der ordentliche Rechtsweg "offen" stehe (genauer: dass er "den Rechtsweg beschreiten" könne bzw die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte "unbeschadet" bleibe) ändert dies - wie der OGH ausführt - nichts an der unklaren Darstellung, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsverfolgung möglich ist und inwiefern der Anspruch durch Versäumen der Frist vernichtet werden kann.

Klausel i): "Hat der Kunde keine geeigneten, üblichen Sicherungsmaßnahmen getroffen, ist die Haftung für Datenverluste und Datenschäden ausgeschlossen."

Klausel j): "Der Ersatz von Schäden ausgenommen Personenschäden ist für jedes schadenverursachende Ereignis gegenüber dem einzelnen Geschädigten für Unternehmer mit EUR 7.000,-, gegenüber der Gesamtheit der Geschädigten mit EUR 700.000,- beschränkt. Wenn der Gesamtschaden höher ist, verringern sich die Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten anteilig."

Die Vorinstanzen folgten der Argumentation des VKI, dass diese Klauseln gegen § 6 Abs 1 Z 9 und Abs 3 KSchG verstoßen.
Der erste Absatz nehme zwar auf Unternehmer Bezug, der im zweiten Satz normierte Haftungsausschluss für den Fall des Unterlassens geeigneter Sicherungsmaßnahmen durch den "Kunden" lasse eine solche Einschränkung aber genausowenig erkennen wie die nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässige Haftungsbegrenzung gegenüber der Gesamtheit der Geschädigten. Hätte die Beklagte diese Klauseln tatsächlich nur auf Unternehmer anwenden wollen, wäre es leicht möglich gewesen, dies unmissverständlich auszudrücken. Intransparent sei auch, was unter "geeigneten und üblichen Sicherungsmaßnahmen" konkret zu verstehen sei.
Der OGH sah die Klauseln ebenfalls für unzulässig an, da die Auslegung von Klauseln im Rahmen der Verbandsklage im "kundenfeindlichsten" Sinn zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0016590). Gerade der Umstand, dass die Klauseln zweimal "Unternehmer" ausdrücklich erwähnen, im nächsten Satzteil aber allgemein auf "Kunden" bzw auf die "Gesamtheit der Geschädigten" abstellen, lässt - wie der OGH ausführt - für einen durchschnittlich aufmerksamen Leser nicht erkennen, dass die gesamte Bestimmung ausschließlich für Unternehmer gelten soll.
Nach dem OGH ist bei der Auslegung von Klauseln im Verbandsprozess entsprechend der diesbezüglichen Rechtsprechung zum Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG auf das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden abzustellen (RIS-Justiz RS0126158). Ist eine Regelung - wie hier - so mehrdeutig abgefasst, dass sich ihr Sinn bestenfalls erst nach ausführlicher Analyse des systematischen Zusammenhangs erschließt, verstößt sie laut OGH gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel k): "Die Mindestvertragsdauer beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Leistung betriebsfähig bereitgestellt wurde, frühestens jedoch mit Abschluss einer die Mindestvertragsdauer vorsehenden Vereinbarung."

Die Vorinstanzen haben diese Klausel als überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB und als gröblich benachteiligend iSd § 879 ABGB beurteilt. Ohne diese Klausel würde die Mindestvertragsdauer ab dem Datum des Vertragsabschlusses laufen, so wie es dem Verständnis des angesprochenen Durschschnittsverbrauchers entspreche.
Die Vereinbarung über die Bindung an eine Mindestvertragsdauer liegt - wie der OGH ausführt - vorwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich im Interesse der beklagten Partei. Es ist daher für den OGH nicht erkennbar, inwiefern es für den Kunden typischerweise günstig sein sollte, wenn sich seine Vertragsbindung aus Gründen verlängert, die nicht nur in seinem eigenen Einflussbereich, sondern auch in Lieferverzögerungen der Beklagten liegen können.

Leistungsfrist:

Der OGH hat A1 eine Leistungsfrist von sechs Monaten hinsichtlich des Verwendens der Klauseln, aber auch hinsichtlich des "Sich-Berufens" eingeräumt. Immer dann, wenn die Bekl zu einer Unterlassung verpflichtet ist, die notwendigerweise auch ein positives Tun iSd Änderung eines Zustands (hier: die Anpassung von AGB-Klauseln) erfordert, hat das Gericht gem § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu bestimmen, wobei nicht zwischen den Tatbeständen des Verwendens der Klausel oder sinngleicher Klauseln in Neuverträgen und des Sich-Berufens auf den unzulässigen Inhalt der Klausel in Altverträgen zu unterscheiden ist (vgl 2 Ob 20/15b). Das Revisionsvorbringen, die angefochtene Leistungsfrist stehe in Konflikt mit Art 7 Abs 2 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen (vgl 7 Ob 44/13s). Die Setzung einer Leistungsfrist im Verbandsprozess wirkt nicht auf die individuellen Rechtspositionen der Kunden der Beklagten ein und behindert nicht deren Rechtsdurchsetzung. Ein Widerspruch zur EuGH-E C-618/10 (Banco Español) die im Zuge eines Individualverfahrens gegen einen Verbraucher ergangen ist, kann nicht erkannt werden. Der OGH legt dies daher auch nicht im Rahmen einer Vorabentscheidung dem EuGH vor.


Folgende Klauseln wurden vom OGH als zulässig beurteilt:

Klausel a): "Werden Kunden durch die Änderung(en) ausschließlich begünstigt, so kann/können diese Änderung(en) durch A1 bereits an dem Tag der Kundmachung der Änderung(en) angewandt werden. Dies gilt auch für Entgeltänderungen aufgrund einer vereinbarten Indexanpassung."

Klausel b): "Werden Kunden durch die Änderung(en) nicht ausschließlich begünstigt, so wird A1 diese Änderung(en) - soweit diese nicht nur für künftige Kunden gelten sollen - zwei Monate vor ihrem Inkrafttreten kundmachen. Der wesentliche Inhalt der den Kunden nicht ausschließlich begünstigende(n) Änderung(en) und der Hinweis auf § 25 Abs 3 TKG 2003 wird dem Kunden in schriftlicher Form, etwa durch Aufdruck auf einer Rechnung, zumindest einen Monat vor Inkrafttreten mitgeteilt. Die Mitteilung über den wesentlichen Inhalt der Änderung wird einen Hinweis auf das kostenlose Kündigungsrecht und die Kündigungsfrist enthalten. Auf Ersuchen des Kunden wird der Volltext der aktuellen AGB übermittelt. Entgeltänderungen aufgrund eines vereinbarten Index berechtigten nicht zur außerordentlichen Kündigung."

Klausel g): "Ist eine Indexanpassung in den Entgeltbestimmungen oder einer Individualvereinbarung ohne nähere Festlegung vereinbart, so gelten die nachfolgenden
Regelungen.
Wenn sich der (Kalender- )Jahresdurchschnitt des Verbraucherpreisindex ("Jahres- VPI") der Statistik Austria ändert, hat das folgende Auswirkungen auf die Entgelte:
- A1 ist berechtigt Entgelte für das folgende Kalenderjahr entsprechend der Steigerung des Jahres-VPI zu erhöhen.
- A1 ist verpflichtet Senkungen des Jahres - VPI weiterzugeben und die besagten Entgelte entsprechend der Senkung zu reduzieren.
Über die Anpassungen informiert A1 den Kunden in schriftlicher Form (z.B. über Rechnungsaufdruck).
Sofern nicht anders vereinbart ergibt sich der Umfang der Entgeltanpassungen aus dem Verhältnis der Änderung des Jahres- VPI für das letzte Kalenderjahr vor der Anpassung gegenüber dem Jahres- VPI für das vorletzte Kalenderjahr vor der Anpassung (Indexbasis: Jahres- VPI 2010 = 100). Schwankungen von 2 % (Schwankungsraum) gegenüber der Indexbasis berücksichtigt A1 nicht. Wird dieser Schwankungsraum allerdings in den Folgejahren insgesamt über- oder unterschritten, passt A1 die Entgelte in voller Höhe an. Der neue Wert stellt die neue Indexbasis für zukünftige Anpassungen dar. Eine Verpflichtung zur Entgeltreduktion verringert sich in dem Ausmaß, in dem A1 im Vorjahr ein Recht zur Erhöhung der Entgelte nicht ausgeübt hat.
Anpassungen der Entgelte erfolgen im Jahr nach der Änderung der Indexbasis, frühestens jedoch im Folgejahr des Vertragsabschlusses:
- Entgelterhöhung: 1. April bis 31. Dezember.
- Entgeltreduktion: immer am 1. April.
Wird der Jahres- VPI nicht mehr veröffentlicht, tritt sein amtlicher Nachfolger an dessen Stelle.
"

Die Vorinstanzen beurteilten diese Klauseln als unzulässig, weil auch eine Indexanpassung eine Entgeltänderung, und zwar in der Regel eine Erhöhung, darstelle und die Rechtsfolgen des § 25 Abs 3 TKG, insbesondere das außerordentliche Kündigungsrecht des Verbrauchers, auslöse. Die Klauseln seien darüber hinaus gröblich benachteiligend iSd § 879 ABGB und aufgrund der Verschleierung der wahren Rechtslage intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
Der Oberste Gerichtshof hat in der vorliegenden Rechtssache mit Beschluss vom 28. April 2014, GZ 8 Ob 72/13s, dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage betreffend die Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. 3. 2002 über den Universaldienst und die Nutzungsrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, geändert durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 11. 2009 (Universaldienstrichtlinie), zur Vorabentscheidung vorgelegt:
"Ist das in Art 20 Abs 2 der Universaldienstrichtlinie für die Teilnehmer vorgesehene Recht, 'bei der Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen' den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen, auch für den Fall vorzusehen, dass sich eine Anpassung der Entgelte aus den Vertragsbedingungen ableitet, die bereits bei Vertragsabschluss vorsehen, dass in der Zukunft eine Anpassung der Entgelte (Steigerung/Reduktion) entsprechend den Veränderungen eines objektiven Verbraucherpreisindex, der die Geldwertentwicklung abbildet, zu erfolgen hat?"
Der EuGH sah in seinem Urteil vom 26. November 2015, Rechtssache C-326/14, dass eine "Änderung der Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Netz - und Kommunikationsdienste gemäß einer Entgeltanpassungsklausel, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens, das diese Dienste anbietet, enthalten ist und vorsieht, dass eine solche Änderung anhand eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Verbraucherpreisindex erfolgt, keine "Änderung der Vertragsbedingungen" im Sinne dieser Bestimmung darstellt, die den Teilnehmer berechtigt, seinen Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen."

Bei Beurteilung der Frage, ob im Telekommunikationsbereich bei einer Entgeltänderung aufgrund einer vertraglich vorgesehenen Anpassungsklausel mittels eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Index (hier: Verbraucherpreisindex) dem Teilnehmer ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 25 TKG zukommt, folgte der OGH der Entscheidung des EuGH und sah eine Einhaltung des Verfahrens nach § 25 Abs 3 TKG bei Entgelterhöhungen infolge einer vereinbarten Indexklausel für nicht erforderlich an.
Die gegenständlichen Klauseln begründen für den OGH keinen Verstoß gegen § 25 Abs 3 TKG und keine Verschleierung der wahren Rechtslage iSd § 6 Abs 3 KSchG. Ebensowenig erblickt der OGH in der Anwendung eines objektiven, nicht von der Beklagten einseitig beeinflussbaren Verbraucherpreisindex eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 ABGB.

Klausel l): "Sollte eine der Bestimmungen der AGB von A1 unwirksam sein, so tritt anstelle dieser Bestimmung eine wirksame Bestimmung, die im Falle von Verbrauchern gesetzlich vorgesehen ist."

Das Berufungsgericht hat diese Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG angesehen, weil sie für den Verbraucher verwirrend wirke. Es sei ihm typischerweise nicht bekannt, was unter einer "wirksamen Bestimmung, die im Falle von Verbrauchern gesetzlich vorgesehen ist" im Einzelfall zu verstehen sei.
Da der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 7 Ob 84/12x laut OGH eine nahezu wortgleiche Klausel als zulässig beurteilt hat, sah der OGH auch im gegenständlichen Fall für zulässig an.
Die Klausel l) gibt nach Ansicht des OGH lediglich die Rechtslage wieder und ist damit entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht intransparent.

Klausel m): "A1 ist berechtigt, bei Vertragsende bestehende Guthaben auch bei anderen zwischen dem Kunden und A1 bestehenden Vertragsverhältnissen zu verrechnen."

Diese Klausel wurde bereits in erster Instanz vom HG Wien rechtskräftig für zulässig erklärt.

OGH 27.01.2017, 8 Ob 132/15t
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Das Urteil im Volltext.

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