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Urteil: Unzulässige Klauseln in den AGB von T-Mobile

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Vorarlberg die T-Mobile Austria GmbH. Während der Oberste Gerichtshof eine Klausel zur Wertsicherung mit einer Anpassung an den Verbraucherpreisindex für zulässig ansah, ist eine Klausel zur zusätzlichen Zahlungsverpflichtung des Kunden auf EUR 79,90 bei vorzeitiger Kündigung unzulässig. Sehr erfreulich an diesem Urteil ist, dass sich T-Mobile ab sofort nicht mehr auf diese gesetzwidrige Klausel berufen darf (und nicht wie in anderen OGH-Entscheidungen dem Unternehmer hierfür eine Frist von ein paar Monaten eingeräumt wird).

Bereits die Vorinstanzen beurteilten folgende sechs der eingeklagten neun Klauseln für unzulässig, wobei fünf dieser Klauseln vor dem OLG Wien und eine dieser Klauseln vor dem OGH seitens T-Mobile nicht mehr thematisiert wurden:

Klausel: "7.8 Unbeschadet der Möglichkeit zur einseitigen Änderung der AGB, der Leistungsbeschreibungen und der Entgeltbestimmungen wie oben in Punkt 7.4. dieser AGB beschrieben (§ 25 Abs 3 TKG 2003) können wir Änderungen mit Ihnen auch einvernehmlich vereinbaren.
7.8.1 Wir senden Ihnen ein Angebot zur einvernehmlichen Vertragsänderung mindestens 1 Monat vor In-Kraft-Treten der geplanten Änderungen an die uns gemäß Punkt 2.11 a) oder b) dieser AGB bekannt gegebene Zustelladresse zu. Ein solches Angebot unterbreiten wir Ihnen jedenfalls in schriftlicher Form, z.B. als Rechnungsaufdruck oder als Rechnungsbeilage. Darin finden Sie alle Änderungen der AGB, der Leistungsbeschreibungen oder Entgeltbestimmungen. Auch wenn wir nur einen Teil eines Punktes ändern, senden wir Ihnen den gesamten neuen Punkt. Zusätzlich finden Sie einen Hinweis auf die Volltext-Version unter
www.t-mobile.at/AGB bzw. www.telering.at/AGB. Sie können die Volltext-Version auch bei unserer Serviceline kostenlos anfordern. Gleichzeitig informieren wir Sie über den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der geplanten Änderungen.
7.8.2 Unser Angebot zu den neuen bzw. geänderten AGB, Leistungsbeschreibungen und Entgeltbestimmungen gilt als angenommen, wenn Sie nicht bis zum In-Kraft-Treten der geplanten Änderungen schriftlich widersprechen. Wir informieren Sie in unserem Angebot über diese Frist sowie auf die Bedeutung Ihres Verhaltens.
7.8.3 Wenn Sie den vorgeschlagenen Änderungen bis zum Tag des In-Kraft-Tretens (0 Uhr) bei uns einlangend widersprechen, so treten die vorgeschlagenen Änderungen für Sie nicht in Kraft und Ihr bestehender Vertrag läuft unverändert weiter. Ihren Widerspruch können Sie zum Beispiel schriftlich an T-Mobile Austria, Postfach 333 richten, in einem unserer Tele.ring oder T-Mobile Shops oder mündlich an unserer T-Mobile Austria bzw. tele.ring Serviceline erklären. Über die Möglichkeiten eines Widerspruchs werden wir Sie jeweils auch in unseren Angeboten zur einvernehmlichen Vertragsänderung informieren
."

Da die Klausel - wie das OLG Wien ausführte - Vertragsänderungen über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulässt und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung enthält, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnte, wurde die Klausel infolge ihres Verstoßes gegen das Transparenzgebot (jüngst RIS-Justiz RS0128865) vom OLG Wien für unzulässig erklärt. T-Mobile bekämpfte in weiterer Folge diesbezüglich die Entscheidung des OLG Wien nicht.

Klausel: "14.4 Nur Ihre Stammdaten (4.3 AGB) verwenden wir für Auskünfte über Ihre Kreditwürdigkeit und vermitteln diese hierzu an Kreditschutzverbände und Kreditinstitute. Im Falle des qualifizierten Zahlungsverzuges (Übergabe der Forderung nach zweimaliger erfolgloser Mahnung an ein Inkassoinstitut (insbesondere Inkassoauskünfte GmbH & Co KG, Infoscore Austria GmbH) zum Zwecke des Gläubigerschutzes bzw. zur Einbringlichmachung der Forderung) übergeben wir Ihre Stammdaten an anerkannte und befugte Kreditschutzverbände und Kreditinstitute (insbesondere Kreditschutzverband von 1870 Information GmbH, Deltavista GmbH). Sie können diese am Anmeldeformular gegebene Zustimmung zur Weitergabe Ihrer Daten an die oben genannten Institutionen jederzeit widerrufen."

Klausel: "15.2.2 Wir haften nicht für die Folgen von Störungen und Unterbrechungen durch
a. unvorhersehbare und außergewöhnliche Umstände (zB höhere Gewalt) oder
b. notwendige und zweckdienliche technische Maßnahmen (zB Wartung)."

Klausel: "20.1 Wenn Sie Einwände gegen eine Rechnung haben, können Sie diese innerhalb von drei Monaten ab Zugang der Rechnung schriftlich bei uns geltend machen. Wenn innerhalb dieser Frist kein Einspruch erfolgt, gilt die Rechnung als von Ihnen anerkannt. Nach Ablauf von drei Monaten können Sie allfällige Einwendungen nur noch gerichtlich geltend machen, gemäß Punkt 20.2.b).
20.1.1 Die in Punkt 20.1. beschriebene Rechtsfolge gilt nur dann, wenn wir Sie über diese Einspruchsfrist und die Rechtsfolge der Anerkennung auf Ihrer Rechnung gesondert informiert haben.
20.2. Sind Ihre Einwände zwar fristgerecht bei uns eingelangt (nach Punkt 20.1 AGB) aber nach unserer Auffassung unbegründet, teilen wir Ihnen dies in einer Stellungnahme mit. In diesem Fall können Sie
a. sich innerhalb von 1 Monat nach Erhalt unserer Stellungnahme an die Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH (RTR) wenden (Punkt 32 (3) ff. AGB) und/oder
b. innerhalb von 3 Monaten ab Rechnungslegung den Rechtsweg bestreiten. Versäumen Sie diese Frist, verlieren Sie Ihr Recht auf Geltendmachung von Einwendungen.
20.2.1 Nach Ablauf dieser Fristen gilt unsere Forderung als Ihnen anerkannt; wir informieren Sie darüber in unserer Stellungnahme
."

Klausel: "2.20.2 Wenn Ihr Einwand unberechtigt war, können wir Ihnen die gesetzlichen Verzugszinsen ab dem in der Rechnung angegebenem Fälligkeitsdatum in Rechnung stellen."

Klausel: "30.7.1 Wenn Sie Einwände gegen den Einzelgesprächsnachweis haben, dann können Sie diese innerhalb von 3 Monaten nach der Ausstellung des Einzelgesprächsnachweises schriftlich geltend machen.
30.7.2 Nach dieser Frist gilt der Einzelgesprächsnachweis als anerkannt. Auf dieser Rechtswirkung und die in 30.7.1 geregelte Frist weisen wir Sie in jeder Rechnung gesondert hin.
30.7.3 Wir informieren Sie über Frist und Anerkennung auf jedem Einzelgesprächsnachweis
."

Bereits das HG Wien beurteilte die oben aufgelisteten fünf Klauseln als unzulässig. T-Mobile bekämpfte in weiterer Folge diesbezüglich die Entscheidung des HG Wien nicht, sodass die Klauseln nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens waren.

Der OGH hatte sich daher in weiterer Folge noch mit folgenden Klauseln und der "Leistungsfrist" zu beschäftigen:

Die Klausel "Wenn Sie das Vertragsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer beenden, dann verrechnen wir Ihnen (...)
a. alle noch ausstehenden Grundgebühren (...) bis zum Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer
b. wenn Sie bei Vertragsabschluss oder im Rahmen einer Vertragsverlängerung ein vergünstigtes Endgerät bezogen haben und Ihren Vertrag vor Ablauf des 21. Monats vorzeitig beenden, erhöht sich der Endgerätepreis um 79,90 EUR
." wurde vom OGH wie auch schon von den Vorinstanzen für gröblich benachteiligend und daher unzulässig erklärt. Der OGH verweist hierzu auf 10 Ob 54/13h (Klausel 3) und sieht sie als vergleichbar an. Dort lautete die Klausel: "Weiters verrechnen wir Ihnen eine Abschlagszahlung von 80 Euro je aktivierter SIM-Karte - für Vorteile (zB Endgerätestützung, Gesprächsgutschrift) die wir Ihnen bei Vertragsabschluss oder bei Abgabe eines weiteren Kündigungsverzichts gewährt haben." Der OGH erklärte diese Klausel für unwirksam, weil dieser Abschlagszahlung keinerlei Gegenleistung gegenübersteht. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Kunde bei vorzeitiger Vertragsauflösung auch noch verpflichtet sein sollte, eine solche Abschlagszahlung in Höhe von 80 EUR zu leisten. Daher liege ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 864a ABGB vor.

Eine Wertsicherungsklausel mit Anpassung an den VPI wurde hingegen mit Verweis auf die ebenfalls jüngst ergangene OGH-Entscheidung 6 Ob 233/15f als zulässig erachtet (siehe dazu EuGH C-326/14).


Leistungsfrist
Der Unterlassungsanspruch nach § 28 Abs 1 KSchG wegen unzulässiger AGB schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen. Durch die in §§ 28 ff KSchG statuierte Verbandsklage soll eine vorbeugende Inhaltskontrolle von AGB ermöglicht werden, um die Verwendung unlauterer Vertragsklauseln möglichst von vornherein zu verhindern. Das Verbot, sich auf eine gesetzwidrige Klausel zu berufen, wurde erst durch BGBl 1997/6 eingeführt. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass ein Unternehmer zunächst - von den klagslegitimierten Stellen unbemerkt oder zumindest unbeanstandet - eine Vielzahl von Verträgen mit gesetz- oder sittenwidrigen AGB schließt, eine Verbandsklage in der Folge aber dadurch vereitelt, dass er sich auf die erste Beanstandung einer befugten Stelle hin verpflichtet, die AGB für künftige Vertragsschlüsse nicht mehr zu verwenden, dann aber seine Rechtsposition aus den "Altverträgen" weiterhin auf Grundlage der inkriminierten Klauseln ausübt. Wird deshalb dem Unternehmer im Verbandsprozess die Verwendung von Klauseln untersagt, so widerspräche es dem Zweck der Verbandsklage und den Absichten des Gesetzgebers, wenn er sich vorerst nach wie vor auf die als gesetzwidrig erkannten Klauseln berufen dürfte. Das Unterlassen einer weiteren Berufung auf solche Klauseln bedarf als "reine Unterlassung" auch keiner Vorbereitungsfrist, wie dies auf die Neufassung von Vertragsformblättern und Geschäftsbedingungen zutreffen mag. Der erkennende Senat schließt sich somit dem Ergebnis der Entscheidung 5 Ob 118/13h an; insoweit ist die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen. Das Erstgericht untersagte T-Mobile mit sofortiger Wirkung sich auf die für unzulässig erklärten Klauseln zu berufen und räumte lediglich für die Änderung der AGB ("Verwendung der unzulässigen Klauseln") eine Leistungsfrist von vier Monaten ein.

OGH 30.1.2017, 6 Ob 235/15z
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Anmerkung:

Der Teil der Klausel "a. alle noch ausstehenden Grundgebühren [...] bis zum Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer" war nicht eingeklagt und nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Begründung des OGH zur Unzulässigkeit mit der E 10 Ob 54/13h macht auch nur in Bezug auf lit b Sinn.

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