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Urteil: OLG Wien bestätigt Urteil gegen Parship

Die von Parship versandte Erinnerungs-Mail zum Ablauf der Kündigungsfrist entspricht nicht den Vorgaben des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, da sich weder dem Betreff noch dem Text der E-Mail ein Hinweis auf den Ablauf der Kündigungsfrist entnehmen lässt.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat - im Auftrag des Sozialministeriums - Parship (nun: PE Digital GmbH) geklagt, da das Unternehmen Vertragsverlängerungen auf die Weise vorsieht, dass KundInnen vor Ablauf der Kündigungsfrist lediglich ein nichtssagendes E-Mail mit einem Link zugesandt wird. Dem E-Mail selbst lässt sich kein Hinweis auf den Ablauf der Kündigungsfrist entnehmen. Erst durch Öffnen des Links, der zur Parship-Homepage führt, woraufhin sich KundInnen zunächst in ihr Benutzerprofil einloggen und den Profilbereich "Meine Daten und Einstellungen" aufrufen müssen, erscheint die Information, dass die Kündigungsfrist ende, und KundInnen, die keine automatische Vertragsverlängerung wünschen, jetzt handeln müssen, um eine solche zu verhindern.

Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat nun das klagestattgebende Urteil des Handelsgerichts Wien bestätigt. Dass Vertragsverlängerungen mittels Erklärungsfiktion generell vorgesehen werden können, und für den von § 6 Abs 1 Z 2 KSchG im Gegenzug geforderten "besonderen" Hinweis auch eine E-Mail-Benachrichtigung in Betracht kommt, stellte der Gerichtshof nicht in Abrede. Wenn das Unternehmen aber auf diese Weise Vertragsverlängerungen vorsehen will, muss es dafür Sorge tragen, dass der besondere Hinweis auch zur Kenntnis genommen wird. Das ergebe sich aus dem Zweck der Norm, wonach VerbraucherInnen vor Augen geführt werden solle, welche Rechtsfolgen in Ermangelung einer rechtszeitigen Kündigung eintreten. Das kann jedoch nur durch einen aussagekräftigen Betreff und Text der E-Mail erreicht werden:

"Da der Hinweis auf die fingierte Zustimmung zur Vertragsverlängerung also bloß zum Abruf durch den Kunden bereitgestellt wird und das inkriminierte E-Mail auf die bestehende Abrufmöglichkeit nicht ausreichend aufmerksam macht, kann der auf der Homepage der Beklagten veröffentlichte Hinweis seine Erinnerungs- und Warnfunktion (...) nicht erfüllen."

Zudem warf das OLG Wien die Frage auf, ob die Übersendung des Links überhaupt bewirken kann, dass der von § 6 Abs 1 Z 2 KSchG geforderte besondere Hinweis als zugegangen wirkt, da eine Web-Erklärung erst dann als zugegangen gelte, wenn sie vollständig auf dem Server des Empfängers gespeichert sei. Da diese Problematik im Verfahren jedoch nicht thematisiert worden ist, musste sich das OLG Wien mit dieser Fragestellung nicht weiter auseinander setzen.

Das Urteil ist bereits vollstreckbar: Das bedeutet, dass Vertragsverlängerungen für Parship-Mitgliedschaften ab sofort nicht mehr auf die eingangs geschilderte Art und Weise vorgenommen werden dürfen. 

Betroffene, die das Erinnerungs-E-Mail erhalten und den Ablauf der Kündigungsfrist übersehen haben, können die  Rückerstattung des verrechneten Entgelts für den verlängerten Vertragszeitraum verlangen, wenn sie die Dienste von Parship nicht mehr in Anspruch genommen haben.

Dafür stellen wir Ihnen hier einen kostenlosen Musterbrief zur Verfügung.

PE Digital Gmbh hat nun noch die Möglichkeit, außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof zu erheben; das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig (Stand 21.03.2017).

OLG Wien 25.02.2017, 129 R 3/17k
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Klagevertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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