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Urteil: Unterliegt ein Online-Sparkonto dem ZaDiG?

OGH ersucht EuGH um Entscheidung

In einem Verbandsverfahren der Bundesarbeiterkammer geht es um Klauseln zu einem  Online-Sparkonto ("Direkt-Sparen"). Auf dieses kann der Kunde (mit täglicher Fälligkeit und ohne besondere Mitwirkung der Bank) Einzahlungen und Abhebungen im Wege des Telebankings von einem oder auf ein auf ihn lautendes Referenzkonto (ein Girokonto in Österreich) durchführen. Überträge sind zwar nur zwischen dem Sparkonto und dem Referenzkonto möglich, dadurch wird der Kontoinhaber aber nicht gehindert, jederzeit (und ohne notwendige Beiziehung des Zahlungsdienstleisters) über den auf dem Direkt-Sparkonto erliegenden Geldbetrag zu verfügen.

Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens ist nur die Frage, ob die von der Beklagten angebotene Form von Online-Direkt-Sparkonten als Zahlungskonten iSd Zahlungsdienste-RL (2007/64/EG) zu qualifizieren sind und daher vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst werden. Sofern diese Online-Sparkonten von der Zahlungsdienste-RL erfasst werden, ist auch das ZaDiG auf diese Konten anzuwenden.

Der OGH äußerte seine Meinung dazu:
Ein entscheidendes Kriterium für die Qualifikation als Zahlungskonto iSd Art 4 Nr 14 der Zahlungsdienste-RL ist die freie Dispositionsbefugnis des Kontoinhabers. Dies bedeutet, dass der Kontoinhaber sein Konto uneingeschränkt - nach seinem Belieben, ohne Mitwirkung des Zahlungsdienstleisters und ohne daraus resultierende nachteilige Auswirkungen für ihn selbst, wie etwa Zinsverluste - für die Ausführung von Zahlungsvorgängen iSd Art 4 Nr 5 der RL (Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen zwischen Zahler und Empfänger) nutzen kann. Die Bezeichnung als "Sparkonto" allein ist kein Grund dafür, dieses aus dem Anwendungsbereich der Zahlungsdienste-RL auszunehmen, weil sich in ihren Ausnahmebestimmungen (Art 3) kein Anhaltspunkt dafür finden lässt. Die Zahlungsdienste-Richtlinie soll laut ihrem Erwägungsgrund 9 grundsätzlich die Durchführung von Zahlungsvorgängen regeln, soweit es sich um elektronisches Geld handelt. Solche elektronischen Zahlungsvorgänge werden auch mit Online-Sparkonten durchgeführt.

Allerdings bestehen laut OGH auch Zweifel daran: Gemäß § 31 Abs 1 BWG dienen Spareinlagen nicht dem Zahlungsverkehr. Das zu beurteilende Online-(Direkt-)Sparkonto stellt nach der Zweckbestimmung eine Spareinlagen dar.

Durch die Notwendigkeit eines Referenzkontos ist ein Zwischenschritt notwendig, bei dem der Zahlungsvorgang zwischen zwei Konten (dem Sparkonto und dem Referenzkonto) erfolgt, deren Inhaber er (notwendigerweise) selbst ist. Zahler und Zahlungsempfänger sind in diesem Zwischenschritt also identisch. Ob dieser Zwischenschritt ausreicht, um eine Ausnahme vom Anwendungsbereich zu rechtfertigen, ist laut OGH insofern fraglich, als sich ein hinreichend deutlicher Anknüpfungspunkt an eine solche Funktionalität nicht (zwingend) aus der Zahlungsdienste-RL ergibt. Im Gegenteil stellt die Definition des Zahlungsvorgangs in Art 4 Nr 5 der Zahlungsdienste-RL klar, dass ein solcher unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger jeden Transfer (von elektronischem Geld und damit alle Überweisungen auf diesem Wege) erfasst.

Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien
OGH 28.3.2017, 8 Ob 88/16y

Das Urteil im Volltext.

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