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Urteil: Zinsuntergrenze ohne -obergrenze in Kreditklausel gesetzwidrig

Bei einer Kreditzinsklausel darf nur dann eine Untergrenze eingezogen werden, wenn auch eine Obergrenze festgelegt ist.

Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - die Unicredit Bank Austria AG wegen folgender Klausel in einem Kreditvertrag von 2016: "Wenn der vorgenannte Indikator negativ ist oder negativ werden sollte, wird für diesen als Untergrenze ein Prozentsatz von 0% (Null Prozent) für die Zinsverrechnung vereinbart. Der Kreditnehmer zahlt also zumindest den im vorigen Absatz vereinbarten Aufschlag."

Die Klausel unterliegt laut OLG Wien der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Danach ist eine in AGB enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. "Hauptleistung" iS dieser Bestimmung ist möglichst eng zu verstehen. Es sind damit nicht alle Vertragsbestimmungen aus dem Geltungsbereich des § 879 Abs 3 ABGB ausgenommen, die die Leistung und das Entgelt betreffen. Die Klausel legt nicht den Aufschlag ziffernmäßig bestimmt fest, sondern erklärt diesen vor der Klausel im Vertrag als Komponente des Sollzinssatzes genannten Aufschlag zum Zinsfloor, zieht ihn also als Zinsuntergrenze ein.

Gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sind Vertragsbestimmungen nichtig, die dem Unternehmer auf sein Verlangen ein höheres als das bei Vertragsabschluss bestimmte Entgelt zugestehen, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt. Nach dem Normzweck hat bei Zinsgleitklauseln eine Entgeltsenkung im gleichen Ausmaß und in der gleichen zeitlichen Umsetzung wie eine Entgeltsteigerung zu erfolgen, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten.

Eine Klausel, die eine Entgeltsenkung mittels Zinsfloor begrenzt, ohne dass dem eine Begrenzung einer Entgeltsteigerung mittels Zinscap gegenübersteht, widerspricht dem Gebot der Anpassungssymmetrie. Der Kreditnehmer trägt zwar weiterhin das Risiko steigender Zinsen in vollem Ausmaß, profitiert aber nur mehr bis zu einem gewissen Punkt von fallenden Zinsen. Die Klausel verstößt daher gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.

Es ist sehr wohl möglich, eine Zinsuntergrenze mit einer Zinsobergrenze zu verbinden. Die Festlegung eines Zinsfloors im Wege eines Textbausteins benachteiligt den Kreditnehmer iSd § 879 Abs 3 ABGB gröblich, wird ihm damit doch als schwächerer Vertragspartei eine Bestimmung aufgedrängt, die das Risiko der Beklagten beschränkt, ohne dass ihm dafür ein Entgelt oder eine Prämie, die die Bank für ein derartiges Geschäft gewöhnlich zu leisten hätte (so für den Abschluss eines den Mindestzins absichernden Zinsderivats), oder aber die Sicherheit einer Zinsobergrenze zugute käme.

Die Bank brachte vor, dass eine (positive) Zinsuntergrenze ohne Obergrenze erforderlich ist, um eine nachhaltige Verlustsituation mit Existenzgefährdungspotential für die Bank zu vermeiden. Dem Argument der Bank Austria, dass das Steigen der Zinsen und das Fehlen einer Obergrenze den Kreditnehmer nicht in der Existenz gefährde, entgegnet das OLG Wien, dass unlimitiert steigende Kreditzinsen sehr wohl einen für den Kreditnehmer ruinösen Verlauf nehmen können. Weder eine vorzeitige Rückzahlung noch eine Umschuldung ist dem Kreditnehmer stets ohne Weiteres möglich, zumal die mangelnde freie Verfügbarkeit des Geldes oft der Grund für die Kreditaufnahme ist.

Klagsvertreter:  Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien
OLG Wien 29.3.2017, 5 R 35/17d

Anmerkung: Siehe OGH 13.6.2017, 4 Ob 107/17i

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