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Urteil: OGH: unzulässige Klauseln im Mietvertrag einer gemeinnützigen Bauvereinigung

Die Bundesarbeiterkammer (BAK) hat eine gemeinnützige Bauvereinigung (GBV) wegen der Verwendung unzulässiger Vertragsbestimmungen geklagt. In diesem Zusammenhang wurden dem Obersten Gerichtshof (OGH) 10 Klauseln zur Entscheidung vorgelegt; die Hälfte hat der OGH nun für rechtswidrig erklärt.

Folgende Vertragsbestimmungen sind nach Ansicht des Höchstgerichts unzulässig:

Der Mietgegenstand darf nur zu Wohnzwecken verwendet werden. Eine andere Art der Benützung des Mietgegenstands ist nur mit Zustimmung der Vermieterin gestattet. (Klausel 2)

Die Klausel sei so zu verstehen, dass die Vermieterin vorgelagert schon allein entscheiden könne, welche Tätigkeiten noch "Wohnzwecken" zuordenbar seien, und welche nicht mehr, weshalb es im Ergebnis im Belieben der Vermieterin stehe, die von der Klausel geforderte Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern. Dies spielt schon insofern eine Rolle, als eine Abgrenzung, ob noch der Wohnzweck im Vordergrund steht, schwierig sein kann. Wie schon die Vorinstanzen befand auch der OGH die Klausel für gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB).
Dass für eine Umwidmung einer Eigentumswohnung (§ 16 WEG) die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich ist, könne nicht zu einer anderen Beurteilung führen, zumal es hier um einen Mietvertrag gehe, und nicht um die Rechte und Pflichten eines Wohnungskäufers.

Die Höhe der Entgeltbestandteile wird nach den Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes kalkuliert. (Klausel 4)
Die Vermieterin ist berechtigt und verpflichtet, eine nach den Bestimmungen des WGG samt Durchführungsverordnungen und dem Wohnbauförderungsgesetz sich ergebenden kostendeckenden Mietzins (inklusive Verwaltungskosten) zu begehren, wobei die nach den genannten Bestimmungen jeweils zulässigen Höchstsätze als vereinbart gelten, jedoch nicht überschritten werden dürfen.
Eine Anpassung des Mietzinses ist daher jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zulässig, wenn dies zur Deckung der Finanzierungskosten und der Aufwendungen für die Bewirtschaftung der Baulichkeit sowie der Kosten für die Wirtschaftsführung der Vermieterin (Verwaltungskosten) erforderlich ist, insbesondere daher bei Neuordnung steuerlicher Maßnahmen und Gebühren, sowie Änderungen der Finanzierung oder der Bedingung der Darlehensverträge (Förderungszusagen).
(Klausel 6)

Wie das Erstgericht erklärte auch der OGH beide Klauseln für intransparent, während das Berufungsgericht zuvor nur Klausel 6 verboten hatte: Auch im Anwendungsbereich des WGG müssen Entgeltbildungsvorschriften hinreichend deutlich, also transparent sein (§ 6 Abs 3 KSchG), es müsse demnach für einen durchschnittlichen Verbraucher verständlich sein, wie sich das Entgelt zusammensetzt und gegebenenfalls ändern könnte. Diesen Vorgaben würden die beiden Klauseln nicht genügen: Aus Klausel 4 ergebe sich lediglich, dass das Entgelt nach dem WGG vereinbart werde, auch in Klausel 6 wird jedoch keine einzige Bestimmung des WGG genannt und nicht einmal klargestellt, ob ein kostendeckender Mietzins nach § 14 WGG oder ein richtwertorientiertes Entgelt iSd § 13 Abs 6 WGG gelten solle, weshalb die beiden Klauseln in ihrer Gesamtheit (also auch sofern sie regeln, wie sich das Entgelt ändern könnte) unzulässig sind: Es müssten zumindest jene Bestimmungen des WGG konkretisiert werden, auf denen die vertragliche Entgeltfestsetzung beruhe; weiters müssten auch die einzelnen Bestandteile, aus denen sich das Entgelt zusammensetzt, aufgeschlüsselt werden.
Dass MietinteressentInnen vor Vertragsabschluss Unterlagen übermittelt wurden, aus denen Mietenkalkulationen und Berechnungsmethoden hervorgegangen wären, könne an dieser Beurteilung nichts ändern, da es auf die Vorgehensweise im Einzelfall im Verbandsverfahren nicht ankomme und die Unterlagen im konkreten Fall dem Vertrag ohnehin nicht angeschlossen waren; die Frage, ob die Intransparenz durch lückenlos angeschlossene Unterlagen mit Erklärungen beseitigt werden hätte können, kann daher offen gelassen werden.

Als für die Vermieterin wichtiger und bedeutsamer Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs 2 Z 13 MRG wird mangelnde Förderungswürdigkeit oder ein Verstoß gegen die beiliegenden Förderungsbedingungen bzw. eine vertragswidrige Verwendung durch den Mieter, die zu einem Entzug der Wohnbauförderung führt, vereinbart. (Klausel 11)

Die Vereinbarung zusätzlicher, bestimmt bezeichneter Kündigungsgründe ist schon gemäß § 30 Abs 2 Z 13 MRG grundsätzlich zulässig und auch für geförderte Wohnungen möglich; ein solcher Kündigungsgrund muss aber für den Vermieter objektiv bedeutsam und den sonst in Abs 2 leg cit angeführten Gründen zumindest nahe kommen; zudem hat er sich an den Vorgaben des § 28 WFG (Wohnbauförderungsgesetz 1984) zu orientieren, soweit es um die Bedeutsamkeit des Verhaltens des Mieters geht (also um die Gewährung von Förderungen an die GBV). Welches Verhalten MieterInnen meiden sollten, um sich nicht der Gefahr der Kündigung auszusetzen, umschreibt die Klausel jedoch zu wenig präzise: MieterInnen könnten daher nur schwer einschätzen, wann sie nicht mehr als förderungswürdig angesehen werden könnten und welches Verhalten zur Kündigung geförderter Kredite führen kann. Wie schon die Vorinstanzen beurteilt der OGH die Klausel daher als intransparent.

Der Mieter ist nicht berechtigt, den Mietgegenstand oder Teile davon, entgeltlich oder unentgeltlich, unterzuvermieten, Dritten zur Verfügung zu stellen oder in sonst irgendeiner Weise weiter zu geben, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund gegen die Untervermietung liegt insbesondere vor, wenn (...) eine in Anspruch genommene Förderung im Rahmen des Tirolerwohnbauförderungsgesetzes die Nutzung des Mietgegenstands durch den Mieter voraussetzt. (Klausel 19)

Wie schon das Berufungsgericht (anders als noch das Erstgericht) erklärte auch der OGH die vorliegende Klausel für intransparent: Da zum einen jegliche Weitergabe des Mietgegenstandes verboten werde - egal ob entgeltlich oder unentgeltlich - und zum anderen ein Untervermietverbot näher konkretisiert wird, eine Abgrenzung im Hinblick auf die Formulierung der Klausel aber nicht möglich sei, werde MieterInnen ein unklares Bild ihrer Vertragsposition vermittelt.


Zulässig sind nach Ansicht des OGH hingegen folgende Klauseln:

Das Mietverhältnis beginnt spätestens am 1. Jänner 2015 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
Die Vermieterin wird den Mieter zumindest 6 Wochen vorher vom genauen Übergabetermin verständigen.
(Klausel 1)

Dem Argument, MieterInnen würden für den Fall der vorzeitigen Übergabe des Mietobjekts mit doppelten Kosten - sowohl für die neue als auch für die alte Wohnung - belastet werden, folgte der Gerichtshof nicht; wie schon die Vorinstanzen konnte der OGH in diesem möglichen finanziellen Nachteil keine gröbliche Benachteiligung erblicken und erklärte die Klausel daher für zulässig.

Darüber hinausgehend verzichtet der Mieter auf jegliche Ersatzansprüche gemäß §§ 1097 und 1037 ABGB, soweit es sich nicht um von ihm getätigte Arbeiten handelt, die in die Erhaltungspflicht der Vermieterin gefallen sind. (Klausel 16)

Die Klausel sei nicht gröblich benachteiligend; im Anwendungsbereich des WGG sei § 10 MRG nicht anwendbar, der einem solchen Vorausverzicht entgegenstehen könnte. Wie schon die Vorinstanzen erklärte der OGH die Klausel daher unter Verweis auf die hierzu bereits ergangene Judikatur (RIS-Justiz RS0021155 und RS0020559) für zulässig.

Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist der Mietgegenstand samt Nebenräumlichkeiten im Zustand wie bei Anmietung unter Berücksichtigung der bei schonendem, vertragskonformen Gebrauch sich ergebenden Abnützung, von allen Fahrnissen geräumt und gereinigt, soweit es sich nicht um die Beseitigung von in die Erhaltungspflicht des Vermieters fallenden Schäden handelt, zu übergeben. (Klausel 17)

Kommt der Mieter den im vorstehenden Abs 1 genannten Verpflichtungen nicht nach, ist die Vermieterin berechtigt, eine Fachfirma mit Ausmalungs- und Reinigungsarbeiten sowie Bodenbelagsarbeiten zu betrauen, wobei der Mieter verpflichtet ist, die dabei aufgelaufenen Kosten binnen 14 Tagen nach Übermittlung der von der Fachfirma ausgestellten Rechnung zu ersetzen. Der Anspruch der Vermieterin ist auf die notwendigen Kosten beschränkt und hat diese die Kosten zu tragen, wenn sie die Instandhaltungspflicht trifft. (Klausel 18)

Anders als noch das Berufungsgericht hält der OGH die beiden Klauseln für unproblematisch: In 2 Ob 215/10x habe er eine ähnliche Klausel zu beurteilen gehabt und schon damals gegen den hier nun kritisierten Passus "schonenden Gebrauch" keine Bedenken geäußert; die Klausel sei auch im Hinblick auf die Erhaltungspflicht der Bauvereinigung ausreichend transparent, eine taxative Auflistung der Erhaltungspflichten der Vermieterin wäre nicht erforderlich.

Die mit der Vergebührung des Mietvertrages verbundenen gesetzlichen Rechtsgeschäftsgebühren (Bestandsvertragsgebühr) in Höhe von ca EUR ... trägt der Mieter. (Klausel 20)

Wie schon die Vorinstanzen befanden, sei die Klausel weder gröblich benachteiligend, noch verstoße sie gegen § 14 WGG, obwohl es sich bei der Rechtsgeschäftsgebühr um keinen auf den Mieter überwälzbaren Entgeltbestandteil handle: Der Abschluss des Mietvertrages über eine geförderte Wohnung mit Kaufoption liege im überwiegenden Interesse des Mieters, weshalb die Auferlegung dieser Kosten gerechtfertigt erscheine; zwar sehe § 14 WGG dies nicht vor, er verbiete die Überwälzung der Rechtsgeschäftsgebühren aber auch nicht. Da es nur um diese konkrete Gebühr geht, ist auch die Entscheidung OGH 7 Ob 78/06f (Klausel 30 wurde für unzulässig erklärt) nicht heranziehbar.


OGH 27.06.2017, 5 Ob 183/16x

Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

Das Urteil im Volltext.

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