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Urteil: Weitere intransparente Klauseln von gemeinnütziger Bauvereinigung

Die Bundesarbeiterkammer (BAK) hat eine gemeinnützige Bauvereinigung wegen der Verwendung gesetzwidriger Klauseln in Wohnungsmiet- bzw. -Kaufverträgen geklagt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte nun das Urteil des Berufungsgerichts und erklärte 3 der 5 strittigen Vertragsbestimmungen für unzulässig, da sie intransparent sind.

Die folgenden Vertragsbestimmungen sind nach Ansicht des OGH unzulässig:

Als wichtiger und bedeutsamer Umstand für den Vermieter in Bezug auf die Auflösung des Nutzungsverhältnisses und damit als wichtiger Kündigungsgrund ist - neben den in den §§ 30 ff MRG genannten - auch anzusehen, wenn [...]

b) der Mieter nach dem Tiroler Wohnbauförderungsgesetz 1991 nicht förderungswürdig ist und aus diesem Grund der Vermieter Gefahr läuft, selbst erhaltene Förderungen zurückzahlen zu müssen oder beantragte Förderungen nicht zu erhalten. Die mangelnde Förderungswürdigkeit des Mieters kann sich nach den Förderungsrichtlinien zum Tiroler Wohnbauförderungsgesetz 1991 insbesondere daraus ergeben,

  • dass der Mieter nicht binnen sechs Monaten nach Bezug des Nutzungsgegenstandes die Rechte an der davor benützten Wohnung endgültig aufgibt und trotz Aufforderung die Nachweise darüber nicht vorlegt oder
  • dass der Mieter in seinem Förderungsansuchen unrichtige Angaben über sein Einkommen oder die Anzahl der einziehenden Personen gemacht hat, wenn er nach den wahren Verhältnissen die Förderung nicht erhalten hätte; [...] (Klausel 13)

Wie der OGH auch zuletzt schon in der Entscheidung 5 Ob 183/16x (siehe Klausel 11 aaO) aussprach, können für den Vermieter wichtige und bedeutsame Umstände als Kündigungsgründe vereinbart werden; dazu müssen sie konkret umschrieben werden und muss für VerbraucherInnen absehbar sein, welches Verhalten, welche Umstände bzw. welche künftigen Ereignisse zu einer Auflösung des Mietvertrages führen könnten.

Zwar wird in der Klausel auf das Tiroler Wohnbauförderungsgesetz verwiesen, eine genaue Gesetzesstelle wird jedoch nicht angegeben, und auch die erwähnten Richtlinien werden nicht konkretisiert, so dass VerbraucherInnen sich die maßgeblichen Bestimmungen selbst zusammensuchen müssen; die Klausel ist daher intransparent (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG) und kann auch den Vorgaben des § 30 Abs 2 Z 13 MRG (Mietrechtsgesetz) nicht genügen. Darüber hinaus wird mit der Nicht-Aufgabe der Wohnung ein gesetzlicher Kündigungsgrund (§ 28 Abs 1 Z 1 WFG 1984 [Wohnbauförderungsgesetz]) genannt, der aber nicht zur Gänze wiedergegeben wird, da MieterInnen die Kündigung noch abwenden könnten, wenn sie die bisher benutzte Wohnung während des Gerichtssverfahrens aufgeben; darüber informiert die vorliegende Klausel jedoch nicht; ihr Verhältnis zu § 28 Abs 1 Z 1 WFG 1984 bleibt daher unklar. 

Der Vermieter kann seine Zustimmung zu einer wesentlichen Veränderung oder Verbesserung - sofern nicht ein Fall des § 9 Abs 2 MRG vorliegt - von der Verpflichtung des Mieters zur Wiederherstellung des früheren Zustandes bei der Zurückstellung des Nutzungsgegenstandes abhängig machen. (Klausel 38)

Im Wesentlichen wird der Wortlaut des § 9 Abs 3 MRG wiedergegeben, was an sich unbedenklich sei; nicht ausreichend könne allerdings der bloße Hinweis auf die in § 9 Abs 2 MRG enthaltenen Ausnahmeregelungen sein: Für die Vertragsposition der MieterInnen sind gerade diese Ausnahmen maßgeblich, da sie festlegen, zu welchen Änderungen MieterInnen unabhängig von einer Zustimmung des Vermieters jedenfalls berechtigt sind. Hier bestehe eine Pflicht zur Vollständigkeit, da die Auswirkungen der Klausel andernfalls unklar bleiben. Das gelte auch für Vertragsbestimmungen, die nur der Aufklärung der VerbraucherInnen dienen und keine beiderseitigen Rechte und Pflichten festlegen.

Die Außenseite des Nutzungsgegenstandes wird nicht mit in Nutzung gegeben. Der Mieter darf daher daran grundsätzlich nichts verändern und insbesondere das äußere Erscheinungsbild des Bauwerkes nicht beeinträchtigen. Die Anbringung von Vorrichtungen und Aufschriften an Fassaden oder sonstigen allgemeinen Teilen des Bauwerkes ist ohne vorhergehende Zustimmung des Vermieters unzulässig. (Klausel 40)

Vom Änderungsrecht des Mieters, das in § 9 Abs 2 MRG normiert ist und Maßnahmen betrifft, denen der Vermieter nicht widersprechen kann, sind auch Änderungen erfasst, die die Außenseite des Mietgegenstandes betreffen können: Nebst SAT-Anlagen (wenn der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist) wäre hier etwa an Kameras, Sirenen oder Alarmanlagen zu denken. Da die Klausel demgegenüber den Eindruck vermittle, jede Veränderung an der Außenseite des Mietgegenstandes wäre genehmigungspflichtig, wird die wahre Rechtslage verschleiert.

Für zulässig erklärte der OGH hingegen die beiden folgenden Klauseln:

Der Vermieter wird nach Abschluss aller Herstellungsarbeiten die endgültigen Baukosten zunächst der Förderstelle bekannt geben und von dieser im Hinblick auf die gewährten Förderungen überprüfen lassen. Basierend auf dieser von der Förderstelle bereits geprüften Baukostenabrechnung wird der Vermieter dann jedem Mieter im Rahmen der Endabrechnung der Baulichkeit die endgültige Höhe der Herstellungskosten und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf den vom Mieter zu tragenden Finanzierungsbeitrag und ´dem´ Nutzungsentgelt (Annuitäten) schriftlich bekannt geben. (Klausel 16)

Der Argumentation der BAK, VerbraucherInnen würden nicht ausreichend deutlich darauf hingewiesen werden, dass es bei den erwähnten "Änderungen" um eine Erhöhung oder Senkung des Entgelts gehe, und unklar bleibe, welche Parameter konkret zu einer Änderung führen könnten (etwa dass unter Herstellungskosten auch andere Kosten, wie etwa Grundkosten fallen), folgte der OGH nicht: Die Klausel regle nicht das Entgelt, sondern informiere nur darüber, dass es zu einer Neufestsetzung des Entgelts nach Maßgabe der Endabrechnung kommen könne; dieser Hinweis auf die Bedeutung der Endabrechnung nach Abschluss aller Herstellungsarbeiten erfolge in einer ausreichend transparenten Art und Weise; die Klausel sei daher nicht zu beanstanden.

Dieser Vertrag wird vom Vermieter auf seine Kosten errichtet. Die für diesen Vertrag anfallende Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG in der Höhe von EUR 237,17 trägt der Mieter. Der Mieter hat den für die Vergebührung notwendigen Betrag bei der Unterfertigung dieses Nutzungsvertrages beim Vermieter zu erlegen, um die fristgerechte Selbstberechnung bzw. Entrichtung dieses Gebührenbetrages beim zuständigen Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern durch den Vermieter zu gewährleisten. (Klausel 57) 

Im WGG (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) ist nicht geklärt, wer die Kosten der Vergebührung des Vertrages zu tragen habe; sofern Verwaltungskosten näher geregelt werden, gehe es um periodisch anfallende Kosten, nicht aber um einmalige Zahlungen. Im Gesetz werde weder angeordnet noch verboten, die Kosten der Vergebührung des Nutzungsvertrages auf MieterInnen zu überwälzen. Der OGH erwog hierzu, dass das Kostendeckungsprinzip dem WGG inhärent sei: Dass eine GBV die Kosten der Vergebührung nicht tragen müssen soll, sei schon daraus ableitbar, und auch für den Fall eines späteren Kaufs eines WGG-Objekts vorgesehen. Gerade im Bereich des Förderungsrechts liege die Errichtung eines schriftlichen Mietvertrages im Interesse des Mieters. Die Klausel sei daher nicht gröblich benachteiligend.

Eine vergeichbare Klausel erklärte der OGH schon in der vorausgegangenen Entscheidung 5 Ob 183/16x für zulässig. 

OGH 20.07.2017, 5 Ob 217/16x
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Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

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