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Urteil: Parship: Automatische Vertragsverlängerung durch Versand nichtssagender Erinnerungs-E-Mails unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat - im Auftrag des Sozialministeriums - PE Digital GmbH geklagt, die unter anderem das Partnervermittlungsportal "Parship" betreibt. Der OGH hat nun bestätigt, dass die gesetzlich geforderte, nochmalige Information vom drohenden Ablauf der Kündigungsfrist deutlich erteilt werden müsse: Das dazu versandte E-Mail ist nicht ausreichend.

Bei Parship können KundInnen grundsätzlich befristete, kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaften abschließen, die sich jedoch automatisch verlängern sollen, wenn nicht mindestens 12 Wochen vor Laufzeitende gekündigt wird. Das muss schon im Vertrag vereinbart worden sein. Darüber hinaus müssen KonsumentInnen vor Ablauf der Kündigungsfrist nochmals deutlich auf die automatische Vertragsverlängerung hingewiesen werden.

Parship versendet dazu nichtssagende Erinnerungs-E-Mails, wobei sich weder aus dem Betreff ("Nachricht zu Ihrem Profil") noch aus dem Text der Mitteilung erschließt, dass KundInnen jetzt noch rasch handeln müssten, um die automatische Verlängerung ihres kostenpflichtigen Abos um 12 weitere Monate zu verhindern. In dem E-Mail wird nur ein Link bereitgestellt, der zum Login führt; erst nach Anmeldung im Profil kann die Information abgerufen werden, dass der Ablauf der Kündigungsfrist bevorsteht. Auch aus dem Betreff des versandten E-Mails ergibt sich kein Hinweis auf einen dringenden Handlungsbedarf.

Der OGH hat nun die von PE Digital GmbH eingebrachte außerordentliche Revision zurückgewiesen und damit die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt: § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, der die Erteilung eines besonderen Hinweises zur Wirksamkeit einer Erklärungsfiktion (Schweigen als Zustimmung) fordert, solle gewährleisten, dass einem Verbraucher die Bedeutung seines Verhaltens nochmals vor Augen geführt werde. Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass Text und Gestaltung der E-Mail und des damit versandten Links den Kunden gerade nicht dazu veranlassen könne, dem Link zu folgen, weil er dahinter die geschuldete Information nicht vermuten müsse, und der Hinweis den Anforderungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG daher nicht entsprechen könne, ist nicht zu beanstanden.

OGH 24.08.2017, 4 Ob 80/17v
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Klagevertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien

Anmerkung:

Wer im Sinne dieses Urteils gegen seinen Willen von einer automatischen Vertragsverlängerung betroffen war, kann das vom Unternehmen für den Verlängerungszeitraum bereits eingezogene Entgelt zurückfordern. Wer wegen dieser gesetzwidrigen Vertragsverlängerung eine Entgeltzahlung bisher verweigert hat und daher auch mit Betreibungskosten konfrontiert war, muss auch diese nicht bezahlen.

Sofern die Dienste des Unternehmens im Verlängerungszeitraum aber dennoch weiter genutzt wurden, kann PE Digital GmbH dafür ein anteiliges Entgelt fordern; in welcher Höhe dem Unternehmen ein solches Entgelt zustehen kann, ist im Einzelfall zu ermitteln. Achtung: Auch die Frage, ob und inwiefern dem Unternehmen ein Ersatz seiner Betreibungskosten zustehen könnte, ist in diesem Fall im Einzelnen zu prüfen.

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