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Urteil: OGH kippt BAWAG Sparbuch-Klauseln

Der VKI hat - im Auftrag des BMSG - in einer Verbandsklage gegen die BAWAG vier Klauseln in deren AGB als gesetzwidrig eingeklagt und in allen Fällen Recht bekommen.

Der VKI ging gegen 4 Klauseln in Sparbüchern der BAWAG mit Verbandsklage vor. In erster Instanz gab das Gericht der Klage nur hinsichtlich einer Klausel statt und wies die Klage für die restlichen Klauseln ab. Das OLG Wien sah auch die drei restlichen Klauseln als gesetzwidrig an. Der OGH hat dieses Urteil nunmehr bestätigt.

1) "Im Falle von abweichenden Eintragungen im Sparbuch sind für die tatsächliche Höhe der Forderungen des Sparbuchbesitzers gegen die BAWAG die Eintragungen in den Geschäftsbüchern der BAWAG maßgeblich".

Die Klausel ist generell sittenwidrig nach § 879 ABGB - was der OGH bereits ausdrücklich ausgesprochen hatte (OGH 10.4.1990, 5 Ob 556/90) - und verstößt im Verbrauchergeschäft zudem gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG. Das sah das Erstgericht auch so.

2) "Der Zinssatz und die Entgelte, die allenfalls für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Spareinlagen verlangt werden, werden jeweils durch Schalteraushang bekannt gegeben und im Sparbuch an der hierfür vorgesehenen Stelle eingetragen."

Die BAWAG argumentierte, sie habe nur den Wortlaut des § 32 Abs 6 1. Satz und des § 35 Abs 1 BWG wiedergegeben. Das ist zwar weitgehend richtig, führt aber nicht dazu, dass eine solche Klausel einer Überprüfung im Verbandsprozess entzogen wäre. Die Verwendung des - im Gesetzestext nicht enthaltenen - Wortes "jeweils", impliziert, dass die Bank Zinssatz und Entgelte jederzeit - also auch bei laufenden Verträgen - abändern kann. Das bedeutet eine uneingeschränkte Preisänderungsbefugnis für die Bank und eine solche verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.

3) "Zinsänderungen gelten vom Tag des Inkrafttretens an, ohne dass es einer Kündigung durch die Bank bedarf."

Auch dazu argumentiert die BAWAG nur § 32 Abs 6 BWG wiederzugeben; die BAWAG geht davon aus, dass sie berechtigt sei, den Zinssatz bei laufenden Vertragsverhältnissen einseitig abzuändern (also insbesondere auch herabzusetzen). Da dieses Leistungsänderungsrecht inhaltlich in keiner Weise determiniert oder eingeschränkt ist, verstößt die Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Das Gericht lehnt die in der Literatur (Laurer in Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl, KSchG, RZ 15 zu § 31,32 BWG) vertretene Meinung, dass der Bank dieses Leistungsänderungsrecht nach BWG zustehe, ab. Das BWG regle nur, dass es zur Abänderung des Zinssatzes durch einseitige Erklärung der Bank komme, nicht aber, unter welchen Voraussetzungen eine Änderung überhaupt zulässig sei. Nach § 6 Abs 2 Z 3 KSchG ist eine - in AGB vorgesehene - Leistungsänderung nur zulässig, wenn sie dem Verbraucher zumutbar (weil geringfügig und sachlich gerechtfertigt) ist. Der OGH geht davon aus, dass eine sachliche Rechtfertigung nur vorliege, wenn sich das Zinsänderungsrecht etwa an den Leitzinsen für Geld- und Kapitalmarkt orientiere und die Klausel zudem zweiseitig gestaltet sei: Der Möglichkeit zur Zinssenkung müsse auch die Pflicht zur Zinserhöhung gegenüberstehen. 

4) "Über Änderungen dieser Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher wird der Kunde durch Aushang der geänderten Bestimmungen in den Schalterräumen der BAWAG verständigt und erlangen diese Änderungen Rechtsgültigkeit, sofern der Kunde nicht binnen vier Wochen ab Aushang Widerspruch dagegen erhoben hat."

Diese Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG, weil damit ein Zugang der Willenserklärung der Bank fingiert wird, der über die Zustellung an die letzte bekanntgegebene Adresse hinausgeht. Die BAWAG hatte argumentiert, die Inhaber der Sparurkunden - etwa weil diese weitergegeben würden - nicht zu kennen. Das ließ der OGH nicht gelten. Da ab 1.11.2000 nur mehr an identifizierte Kunden Sparbücher ausgestellt werden dürfen und auch Ein- und Auszahlungen (diese ab 1.7.2002) von einer Legitimation abhängen, sei der Bank jener Sparer, der das Sparbuch eröffnet habe, namentlich bekannt. Eine persönliche Verständigung sei daher möglich.

Was die Erklärungsfiktion betrifft sei - so der OGH - die Frist für eine ausdrückliche Erklärung (4 Wochen) auch viel zu kurz.

OGH 21.12.2005, 3 Ob 238/05d
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Klagevertreter: Kosesnik-Wehrle und Langer Rechtsanwälte KEG, Wien

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