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Urteil: OGH: Time-Sharing-Vertrag aus wichtigem Grund kündbar

Ein Teilzeitnutzungsverhältnis an einer Immobilie (Time-Sharing) als Dauerschuldverhältnis kann jederzeit aus wichtigem Grund einseitig gelöst werden.

Die beklagte Partei ist ein Verein, der gegen eine jährliche Clubgebühr sowie eine Einmalzahlung Ferienwohnrechte in einem Appartementhotel anbietet. Der Kläger kaufte im Frühjahr 1990 bei der Beklagten zwei Ferienwochen in einem bestimmten Appartement, dass er im Jahr 1998 gegen eine einmalige Aufzahlung in ein größeres tauschte. Vertragsgrundlage für den Kläger war eine Kundenwerbung der Beklagten, wonach die gekauften Ferienwohnrechte grundbücherlich durch ein einverleibtes Fruchtgenussrecht abgesichert und damit absolut sicher seien. Dies war der Beklagten auch bekannt. Nur aufgrund dieser zugesagten "Sicherheit" entschloss sich der Kläger zum Vertragsschluss. In den Statuten war geregelt, dass das grundbücherliche Fruchtgenussrecht der Beklagten den Mitgliedern überlassen werde, ein Kündigungsrecht sahen sie nicht vor.

Im Jahr 2003 erfuhr der Kläger von dritter Seite, dass das im Zuge der Vertragserrichtung im besten Pfandrecht einverleibte Fruchtgenussrecht im Grundbuch gelöscht worden war. Als der Kläger vom Wegfall des ihm wesentlichen dinglichen Fruchtgenussrechtes erfuhr, kündigte er den Vertrag mit sofortiger Wirkung. Die Kündigung wurde von der Beklagten zurückgewiesen.

In der Folge wurde das Fruchtgenussrecht auf Antrag des Beklagten zwar wieder im Grundbuch einverleibt, aber nicht mehr im bestgereihten Pfandrecht.

In der daraufhin mit Rechtschutzdeckung der AK Steiermark eingebrachten Feststellungsklage auf Rechtswirksamkeit der Kündigung führte das Erstgericht aus, dass das Fruchtgenussrecht, dass für den Kläger maßgeblich für den Vertragsschluss war, gemäß § 901 ABGB Vertragsinhalt und damit Bedingung geworden sei. Mangels Aufklärung über die Möglichkeit des Wegfalls des Fruchtgenussrechts könne ein Durchschnittbürger von einer "sicheren" Einverleibung des Rechts ausgehen. Die Löschung begründe einen Wegfall der Geschäftsgrundlage und berechtige den Kläger daher zur Auflösung des Vertrages aus wichtigem Grund. Die nachträgliche Wiedereinverleibung des Fruchtgenussrechtes ändere an der Wirksamkeit einer einmal ausgesprochenen Auflösung nichts mehr.

Auch das Berufungsgericht stellte die Rechtswirksamkeit der Kündigung aufgrund des Wegfalls des zur Bedingung und damit zum Vertragsinhalt gewordenen dinglichen Fruchtgenussrechts fest. Die der Herrschaftssphäre der beklagten Partei zuzuordnende Löschung bewirke eine weitgehende Entwertung der Freizeitimmobilie, daher könne der Kläger auch nicht auf die an sich gegebene Möglichkeit einer Veräußerung der Teilzeitnutzungsrechte verwiesen werden. (vgl SZ 71/141; 1 Ob 176/98h).

Der OGH erachtete die Revision nicht für zulässig. In der Sache stellte der OGH klar: Der vorliegendeTime-Sharing Vertrag mit Vereinskonstruktion sei als gemischter Vertrag zu qualifizieren, der neben dem Beitritt als Vereinsmitglied auch wesentliche andere Elemente enthalte. Für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht sei die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen, was nach der herrschenden Kombinationstheorie die Vorschrift jenes Vertragstyps sei, dem die einzelne Pflicht entstamme. Das mit der Vereinsmitgliedschaft untrennbar verbundene Nutzungsrecht und die Überlassung eines "verdinglichten" Fruchtgenussrechts sei nach seinem Inhalt ein befristetes Gebrauchsrecht an fremder Sache, daher Miete. Die Frage der Kündigung sei daher nach diesem Vertragstyp zu beurteilen. Es liege ein Dauerschuldverhältnis vor, dass nach stRsp jederzeit aus wichtigem Grund mit Wirkung ex nunc einseitig aufgelöst werden könne. Voraussetzung hierfür sei die Unzumutbarkeit an der Aufrechterhaltung des Vertrages. Generell könne sich die Unzumutbarkeit aus einer Vertragsverletzung, aus Verhaltensweisen, die nach den für bestimmte Dauerschuldverhältnisse normierten Beendigungstatbeständen eine fristlose Aufkündigung gestatten und aus Umständen, die eine Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zulassen ergeben. Es sei eine auf den Zeitpunkt der Auflösungserklärung bezogene Gesamtbeurteilung und umfassende Abwägung der Bestandsinteressen des einen und des Auflösungsinteresses des anderen vorzunehmen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien könne auch ein Teilzeitnutzungsverhältnis an einer Immobile als Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund jederzeit aufgelöst werden.

Da die Frage des Vorhandenseins eines zur Auflösung berechtigenden wichtigen Grundes von Umständen des Einzelfalles abhänge, liege eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor. Auch die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Übertragbarkeit der Teilnutzungsrechte unter den hier vorliegenden Bedingungen einer Auflösung aus wichtigem Grund entgegenstehen könnte verwarf der OGH mangels Erheblichkeit.

OGH, 12.01.2005, 2 Ob 122/05p

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Klagsvertreter: Dr. Peter Bartl & Partner, Rechtsanwalts-OEG, Graz

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