An einem Samstag wurde einer Konsumentin während einer U Bahnfahrt die Geldbörse aus ihrem verschlossenen Rucksack gestohlen. In der Geldbörse befand sich unter anderem die Bankomatkarte und eine VISA Karte. Zuvor hatte die Konsumentin noch versucht mit der Bankomatkarte einen Fahrschein zu erwerben. Bei diesen Versuchen befand sich keine andere Person in unmittelbarer Nähe.
Innerhalb von 15 Minuten nach dem Diebstahl wurde vom Dieb eine Betrag von rund € 1.500,-- behoben. Nach Ablauf von 2 Stunden nach dem Diebstahl wurden rund € 1.700,-- behoben. Bei allen Behebungen wurde der richtige PIN Code verwendet.
Die Konsumentin zeigte den Diebstahl unverzüglich bei der nächsten Polizeistation an. Von der Polizei bekam sie die Sperrnummer für ihre VISA Karte. Die Telefonnummer der Bankomatkarten-Sperrhotline war ihr nicht bekannt und wurde ihr nicht bekanntgegeben. Erst Tage später erfolgte die Meldung und Löschung der Bankomatkarte bei ihrer Bank.
Nach den Geschäftsbedingungen der Bank haftet der Kontoinhaber für den Schaden infolge einer missbräuchlichen Verwendung, wenn die Karte abhanden kommt und ein Dritter infolge einer Sorgfaltswidrigkeit Kenntnis vom Code erlangt. Der Kontoinhaber muss die Karte außerdem nach Abhandekommen unverzüglich sperren. Die Sperre wird unverzüglich - maximal innerhalb von 2 Stunden - wirksam.
Da die Bank den dargestellten Schaden der Konsumentin anlastete, brachte der VKI - im Auftrag des BMSG - eine Musterklage gegen die Bank ein.
Das BGHS Wien geht davon aus, dass die Behebungen innerhalb der ersten 15 Minuten in Höhe von rund € 1.500,-- der Konsumentin nicht angelastet werden können. Die Verwahrung der Geldbörse im verschlossenen Rucksack ist üblich und sachgerecht. Eine Sorgfaltswidrigkeit der Konsumentin - etwa bei vorhergehenden Transaktionen, bei denen der Code ausspioniert hätte werden können - konnte nicht festgestellt werden. Ebensowenig konnte festgestellt werden, auf welche Weise dem Dieb der richtige PIN-Code bekannt wurde. Die Transaktionen wären auch nicht verhindert worden, wenn die Konsumentin ihre Karte unverzüglich hätte sperren lassen. Die Tatsache, dass mehrere Minuten zwischen Bekanntwerden und der ersten Sperrmöglichkeit vergingen, ist in Anbetracht der psychischen Ausnahmesituation keine vorwerfbare Sorgfaltswidrigkeit.
Hinsichtlich der restlichen Behebungen in Höhe von rund € 1.700,-- hat die Konsumentin aber gegen die vertraglichen Pflichten betreffend einer unverzüglichen Sperre verstoßen. Daher hat sie die Schäden, die nach einer möglichen Sperre eingetreten sind, selber zu tragen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
BGHS Wien 8.3.2006, 9 C 731/05
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien