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Urteil: VKI gewinnt beim OLG Wien gegen Generali und Vorsorge Luxemburg

Das OLG Wien beurteilt Vertragsbestimmungen der Generali Versicherung und der Vorsorge Luxemburg zum Rückkaufswert und zu Kostenabzügen in Lebensversicherungsverträgen als gesetzwidrig. Sie verstoßen vor allem gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG und gegen andere Vorgaben des KSchG.

Das OLG Wien beurteilt Vertragsbestimmungen der Generali Versichung und der Vorsorge Luxemburg zum Rückkaufswert und zu Kostenabzügen in Lebensversicherungsverträgen als gesetzwidrig. Sie verstoßen vor allem gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG und gegen andere Vorgaben des KSchG.

Der VKI hatte im Auftrag des BMSG unter anderem die Generali Versicherung AG und Vorsorge Luxemburg Lebensversicherung S.A. wegen undeutlicher Bestimmungen in Lebensversicherungsverträgen geklagt. Nach Einschätzung des VKI ist nach den Vertragsbestimmungen nämlich unklar, welche Kostenabzüge erfolgen und mit welchen Rückkaufswerten Konsumenten im Fall einer vorzeitigen Auflösung rechnen können. Niedrige Auszahlungen bei einem vorzeitigen Ausstieg sind für viele Kunden eine böse Überraschung.

Das HG Wien hatte dem VKI in erster Instanz jeweils im wesentlichen Recht gegeben, die Versicherungen erhoben gegen die Urteile Berufung. Nunmehr stellt das OLG Wien in zwei Urteilen klar, dass alle beanstandeten Bestimmungen gesetzwidrig sind.

Bei der Generali geht es dabei vor allem um folgende Klauseln:

1. Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien, er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes und der angefallenen Kosten nach tariflichen Grundsätzen unter Berücksichtigung eines eventuellen Abschlages aufgrund der Kapitalmarktentwicklung. Das Rückkaufsrecht wird ab dem 2. Versicherungsjahr eingeräumt. ...................... Die nachstehende Tabelle zeigt Ihnen, wie sich die Rückkaufswerte Ihrer prämienpflichtigen und gegebenenfalls prämienfreien Versicherungssumme entwickeln.

2. Die zur Deckung des Ablebensrisikos sowie der Kosten bestimmten Teile entnehmen wir der Deckungsrückstellung. .......... Die bei der Kalkulation der Prämien zu Ihrer fondsgebundenen Lebensversicherung berücksichtigten Kosten beruhen auf langjährigen Erfahrungswerten. Bei einer nachhaltigen Änderung der Kostensituation können die Ihnen verrechneten Kosten den tatsächlichen Verhältnissen, entweder nach oben oder nach unten, angepaßt werden. Im Falle einer Kostenerhöhung entnehmen wir einen höheren Betrag, im Fall einer Kostenreduktion werden wir einen verminderten Betrag entnehmen.

3. Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien. Er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes, der angefallenen Kosten und nach Berücksichtigung eines Abschlages auf die tarifliche Deckungsrückstellung nach den tariflichen Grundsätzen.

Zur ersten Klausel (aus der klassischen Lebensversicherung) führt das OLG Wien aus, dass die Höhe des Abschlages unklar bleibt. Auch aus einer Rückkaufswerttabelle ist der Abschlag nicht ablesbar. Die Klausel verstößt daher gegen die §§ 6 Abs 1 Z 5, 6 Abs 2 Z 3 und 6 Abs 3 KSchG. Weiters verstößt die Klausel gegen die §§ 165 Abs 1 und 176 VersVG, weil die Klausel auch so verstanden werden kann, dass ein Kündigungsrecht erst ab dem Ende des zweiten Versicherungsjahres eingeräumt wird.

Zur zweiten Klausel (aus der fondsgebundenen Lebensversicherung) folgt das OLG Wien der zurteffenden Begründung durch das Erstgericht, wonach für den Verbaucher unklar bleibt, welcher Teil der Prämie veranlagt wird und welcher Teil für Kosten verwendet wird. Der Verbraucher kann auch nicht prüfen, ob die in Abzug gebrachten Kosten den Vereinbarungen entsprochen haben. Die Klausel verstößt daher gegen die §§ 6 Abs 1 Z 5 und 6 Abs 3 KSchG.

Auch die dritte Klausel (aus der fondsgebundenen Lebensversicherung) wiederspricht nach Einschätzung des OLG Wien dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, da weder die angefallenen Kosten noch der Abschlag konkretisiert sind. Der Hinweis auf die "tarifliche Deckungsrückstellung" stellt auch keine ausreichende Vereinbarung im Sinn des § 176 Abs 4 VersVG dar. Ein Abzug muss nämlich vertraglich ziffernmäßig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein.

Das Urteil gegen die Generali Versicherung bezieht sich auf acht weitere Klauseln, in denen die Generali Versicherung nach Einschätzung des OLG Wien etwa gesetzwidrige Zugangserfordernisse für Erklärungen der Kunden, unzulässige Zugangsfiktionen für Erklärungen der Versicherung auch bei Ortsabwesenheiten des Kunden, unzulässige Änderungen von Gefahrtragungsregeln oder zu weitreichende Vorbehalte einer nachträglichen Vertragsänderung vorsah.

Bei der Vorsorge Luxemburg sind vor allem folgende Klauseln betroffen:

4. Wir führen Ihren Beitrag, soweit er nicht zur Deckung der Abschluss- und Verwaltungskosten vorgesehen ist, den Anlagestöcken zu und rechnen ihn in Anteilseinheiten um.

5. Der Wert des zur Verfügung stehenden Deckungskapitals /vgl. § 1 Ziffer 4) zum Stichtag gemäß § 1 Ziffer 7 mindert sich um einen prozentualen Abzug sowie um ausstehende Beiträge. Die Höhe des prozentualen Abschlages ist in der folgenden Tabelle dargestellt.

In der vierten Klausel ist vorgesehen, dass die Versicherung von der Prämie (= Beitrag) Kosten abzieht und den Rest im Fonds veranlagt. Wie hoch der Kostenanteil ist, ist aber in keiner Weise nachvollziehbar. Es bleibt somit auch unklar, welcher Teil der Prämie veranlagt wird. Derartige Formulierungen sind nach dem OLG Wien zu unbestimmt und verstoßen daher gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Das OLG Wien weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass Informationen in sogenannten "Modellrechnungen" für die Beurteilung irrelevant sind.

Eine fast idente Klausel hatte das OLG Wien bereits im Verfahren gegen die Aspecta Lebensversicherung als intransparent beurteilt (OLG Wien 19. Mai 2006, 4 R 57/06s).

Nach der fünften Klausel soll es im Fall einer vorzeitigen Auflösung zu Abschlägen vom angesparten Kapital kommen. Durch die Abschläge verliert der Versicherungsnehmer im ersten Jahr das Kapital gänzlich (Abschlag laut Tabelle 100 %). Hinsichtlich der Höhe des Deckungskapitals wird nach Einschätzung des OLG Wien auf die erste beanstandete Klausel verwiesen. Dieser Verweis geht wegen der Unwirksamkeit der ersten Klausel ins Leere, weshalb diese Klausel bereits aus diesem Grund intransparent ist.

Das Urteil gegen die Vorsorge Luxemburg betrifft auch sechs weitere Klauseln, welche vom OLG Wien als gesetzwidrig beurteilt werden. Nach einer Klausel sollte der Kunde etwa Gefahr und Kosten für die Überweisung der Versicherungsleistung von Luxemburg nach Österreich tragen müssen, was vom OLG Wien als gröblich benachteiliegend beurteilt wird.

Damit liegt nach dem Urteil gegen die Aspecta Lebensversicherung eine weitere Klarstellung des OLG Wien zu Problemen in der fondsgebundenen Lebensversicherung vor. Vor einigen Monaten hatte das OLG Wien bereits drei Urteile zur klassischen Lebensversicherung gefällt (Uniqa, Victoria Volksbanken und ÖBV).

Konsumenten dürfen auf höhere Rückkaufswerte und Wegfall der Überweisungskosten hoffen, denn im Fall der Rechtskraft der Urteile dürfen Kosten nicht mehr in dieser Weise verrechnet werden. Insbesondere können dann im Rückkaufsfall keine Abschläge verrechnet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits für die Situation in Deutschland festgehalten. Bei Rückkäufen innerhalb der letzten drei Jahre besteht somit unter Umständen ein Anspruch auf Nachforderung gegen die Versicherung.

Die ordentliche Revision wurde jeweils zugelassen, die Urteile sind daher noch nicht rechtskräftig.

OLG Wien 18. September 2006, 4 R 100/06i (Generali Versicherung)
OLG Wien 28. September 2006, 5 R 69/06p (Vorsorge Luxemburg)
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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