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Urteil: HG Wien: Rückkaufswerte-Vereinbarung bei Union Versicherung gesetzwidrig

Das HG Wien erachtet acht Klauseln aus der klassischen und aus der fondsgebundenen Lebensversicherung der Union Versicherungs AG als gesetzwidrig.

Der VKI hatte im Auftrag des BMSK unter anderem die Union Versicherungs AG wegen intransparenter Bestimmungen in Lebensversicherungsverträgen geklagt. Nach Einschätzung des VKI bleibt nämlich unklar, mit welchen Rückkaufswerten Konsumenten im Fall einer vorzeitigen Auflösung rechnen können.

Das Handelsgericht Wien (HG Wien) gibt dem VKI in seinem aktuellen Urteil Recht. Das Urteil bezieht sich auf folgende Klauseln:

Aus den "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Erlebens- und Rentenversicherungen":

1. Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien. Er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes und der angefallenen Kosten nach den hiefür geltenden tariflichen Grundlagen.

2. Alle Erklärungen, die wir abgeben, sind ebenfalls nur dann gültig, wenn sie schriftlich erfolgen und firmenmäßig gezeichnet sind.

3. Ihnen gegenüber abgegebene Erklärungen werden wirksam, wenn sie an Ihrer uns bekanntgegebenen Adresse bei Ihrer Anwesenheit zugegangen wären.

Gleichlautende Klauseln waren schon Ggeenstand zahlreicher - auch oberstgerichtlicher - Entscheidungen. Das HG Wien führt zur 1.Klausel aus, dass darin das volle Ausmaß der im Fall einer Kündigung der Lebensversicherung möglichen Nachteile nicht klar dargelegt wird. Die Klausel ist daher intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG. Die 2. Klausel verstößt gegen § 10 Abs 3 KSchG, die 3. Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG.

Aus den "Allgemeinen Versicherungsbedingungen der fondsgebundenen Lebensversicherung":

4. Jenen Teil der Prämie, welcher nicht zur Deckung der Kosten bestimmt ist, führen wir dem(n) Investmentfonds zu und rechnen diesen in Fondsanteile um.

5. Die zur Deckung des Ablebensrisikos sowie der Kosten für Beratung und Verwaltung bestimmten Teile werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern je nach Tarif ihrer Prämie abgezogen bzw. der Deckungsrückstellung entnommen.

6. Die Folgeprämien können nur im Lastschriftverfahren bezahlt werden. Wir buchen sie jeweils bei Fälligkeit von dem uns angegebenen Konto ab. (...) Zahlungen die auf andere Weise erfolgen, brauchen wir nicht anzunehmen oder können wir binnen 14 Tagen zurückweisen. In diesen Fällen tritt Zahlungsverzug ein.

7. Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien, sondern der Deckungsrückstellung abzüglich eines Abschlages von 2 %, mindestens jedoch EUR 20.- und höchtsens EUR 145.-. Da die Kosten für Ihren Vertrag schwergewichtig bei Vertragsabschluss und in den ersten Versicherungsjahren anfallen, liegt der Rückkaufswert anfänglich unter der Summe der bezahlten Prämien.

8. Alle Ihre Erklärungen sind gültig, wenn sie schriftlich erfolgen und in der Zentralgeschäftsstelle der UNION Versicherungs-Aktiengesellschaft eingelangt sind.

Die 4. und 5. Klausel verstoßen gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG, da sich die Union Versicherung darin das Recht einräumen lässt, der Höhe nach unbestimmte Kosten von den einbezahlten Prämien abzuziehen.

Die 6. Klausel verstößt nach dem HG Wien gegen § 879 Abs 3 ABGB, da der sofortige Zahlungsverzug eine völlig unangemessene Sanktion darstellt.

Die 7. Klausel verstößt aus den zu den Klauseln 1,2 und 4 genannten Gründen gegen § 879 Abs 3 ABGB und  6 Abs 3 KSchG. Die 8. Klausel verstößt nach dem HG Wien gegen § 6 Abs 1 Z 4 KSchG, da besondere Zugangserfordernisse für Willesnerklärungen des Verbrauchers geschaffen werden sollen.

Kunden der Union dürfen auf höhere Rückkaufswerte hoffen, denn im Fall der Rechtskraft des Urteiles dürfen Kosten nicht mehr in dieser Weise verrechnet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits für die Situation in Deutschland festgehalten. Bei Rückkäufen innerhalb der letzten drei Jahre besteht somit unter Umständen ein Anspruch auf Nachforderung gegen die Versicherung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

HG Wien 29.5.2006, 39 Cg 30/05p
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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