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Urteil: OGH-Entscheidung VKI/mobilkom: Transparenz beim Handyvertrag

Der Hinweis auf ein zu zahlendes Aktivierungsentgelt in Höhe von 40 Euro gehört in die Tarifübersicht, die so detailliert ist, dass sie vollständig erscheint - ein Verweis auf die Verrechnung eines "Aktivierungsentgeltes laut Entgeltbestimmungen" unbestimmter Höhe im Anmeldeformular reicht für deren wirksame Vereinbarung nicht aus

Ein Konsument, der sich geleitet von der "A1-Tarifübersicht" für eine Neuanmeldung zum A1 Business Classic Tarif entschieden hatte, reklamierte überrascht die Verrechnung von 40 Euro "einmaliges Entgelt" auf seiner Monatsabrechnung. Auf der Tarifübersicht fanden sich nämlich sehr detailliert alle möglichen Tarife und Kosten, die Information, dass für die Aktivierung 40 Euro verlangt würden, jedoch nicht.

Die mobilkom hielt ihm auf seine Beschwerde hin entgegen, dass er mit seiner Unterschrift dem Aktivierungsentgelt zugestimmt habe. Abgesehen davon sei wohl ohnehin allgemein bekannt, dass für die Freischaltung eines Tarifs/Telefonanschlusses um die 40 Euro verrechnet würden.

Tatsächlich fand sich am Anmeldeformular im Fließtext unter dem Punkt "Vertragsbedingungen" die folgende Klausel:

"Für die Aktivierung eines Mobilfunkanschlusses ist ein Aktivierungsentgelt (vormals Herstellungsentgelt) entsprechend den EB zu entrichten."

Im Auftrag des Sozialministeriums (BMSK) klagte der Verein für Konsumenteninformation (VKI) die mobilkom daher auf Unterlassung irreführender Werbung und der Verwendung intransparenter Vertragsklauseln.

Ein Verstoß gegen § 2 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) liegt darin, dass die Tarifübersicht genaue Informationen zu diversesten Tarifen enthält, nicht aber zum doch wesentlichen Aktivierungsentgelt. Zwar muss Werbung nicht auf jeden Nachteil des beworbenen Produktes hinweisen. Hier musste der potentielle Kunde durch die umfangreich und abschließend erscheinende Tabelle und die detaillierten Fußnoten aber geradezu davon ausgehen, dass alle regelmäßig im Zusammenhang mit dem Vertrag anfallenden, nennenswerten und für einen Preisvergleich wesentlichen Kosten aufgelistet seien.

Der Hinweis im Anmeldeformular verstößt gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG), und zwar insbesondere gegen das daraus ableitbare Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen- nach welchem besonders strenge Anforderungen an Klauseln gestellt werden, die indirekt die Zahlungspflicht des Verbrauchers nachteilig beeinflussen-, sowie gegen das Bestimmtheitsgebot.

Das Gericht untersagte der mobilkom neben der irreführenden Werbung auch die Verwendung der Klausel, sowie das Sich-Berufen darauf, soweit die Klausel unzulässigerweise vereinbart wurde.

Die außerordentliche Revision der Beklagten gegen die Berufungsentscheidung wies der OGH nun zurück. Ob eine Werbung durch das Verschweigen von wesentlichen Umständen zur Irreführung des Publikums geeignet ist, sei eine Einzelfallentscheidung und begründe daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO. Auch ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit verwende, könne die beanstandeten Werbematerialien so deuten, dass sie alle von ihm zu leistenden Entgelte enthalten.

Der Eindruck der Vollständigkeit unterscheide den vorliegenden Fall von Situationen, in denen erkennbar nur mit bestimmten (für die Auswahlentscheidung bedeutsamen) Teilen eines Tarifs geworben wird- dort müßten nur jene Zusatzkosten genannt werden, die ein maßstabsgerechter Verbraucher nicht erwartet.

Der OGH verwies dabei auf drei aktuellere Entscheidungen - 4 Ob 58/06t "Österreichs billigstes Breitbandinternet" Verbraucherrecht- news vom 29.9.2006 und 4 Ob 247/02f "3 Monate gratis surfen" und 4 Ob 7/07v.

Aus dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG kann sich eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkungen für den Kunden sonst unklar bleiben. Ein Querverweis in einem Klauselwerk oder ein Verweis auf Preislisten führt an sich noch nicht zur Intransparenz, allerdings kann im Einzelfall unklar sein, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben; weiters führt die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend auch zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung 4 Ob 227/06w = Verbraucherrecht News vom 16.6.2007.

Nachdem das Berufungsgericht hier ausführlich dargelegt hätte, warum es den Verweis auf die mehrere Tarife umfassenden und in sich verschachtelten Entgeltbestimmungen der Beklagten als intransparent ansah, erblickte der OGH in dieser Entscheidung keine Fehlbeurteilung und wies die außerordentliche Revision der mobilkom zurück.

Die Entscheidung in der Sache ist damit rechtskräftig.

OGH, 22.5.2007 4 Ob 93/07s
OLG Wien, 19.2.2007, 4 R 176/06s
HG Wien, 6.6.2006, 34 Cg 7/06w
Klagevertreterin: Dr Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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