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Urteil: OGH verneint Vermittlerhaftung bei Erfüllungsgehilfen des WPDLU

Tritt ein Vermittler eines Anlageproduktes offen als Erfüllungsgehilfe des Wertpapierdienstleistungsunternehmens (WPDLU) auf, dann ist er dessen Vertreter und kann nicht selbst auf Schadenersatz wegen falscher Anlageberatung geklagt werden.

Die Klägerin kontaktierte im Jahr 2000 einen "Finanzberater" zur Optimierung ihrer Versicherungsverträge. Dieser Berater stellte sich als selbstständig tätiger Berater dar, der mit einem Versicherungsmakler und einem Vermögensverwalter zusammenarbeite. Er sei auch Vertriebspartner eines WPDLU des nachfolgend angekauften Anlageproduktes.

Infolge Veruntreuung von Kundengeldern durch leitende Personen des WPDLU erlitt die Klägerin einen Kapitalverlust in dzt noch unbekannter Höhe.

Mit Feststellungsklage gegen den Vermittler begehrte Sie dessen Haftung für falsche Anlageberatung.

Das Erstgericht wies die Klage ab, da gemäß § 19 Abs 2a WAG ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 1313a ABGB für das Verhalten von Personen hafte, derer es sich als Erfüllungsgehilfen bediene. Dies habe auf den Beklagten zugetroffen. Man hätte also den - inzwischen in konkurs befindlichen - WPDLU klagen müssen.

Die zweite Instanz bestätigte die Abweisung und führt aus, dass auch das Herunterspielen des Verlustrisikos bei der Beratung nicht kausal für den eingetretenen Schaden sei. Vor der Möglichkeit einer Veruntreuung habe der Vertreter nicht warnen müssen, da dieses Risiko jedem Durchschnittsmenschen bewusst sein müsse.

Der OGH bestätigte die Klagsabweisung insbesondere mit der (angeblich) offen gelegten Stellung des Vertreters als Erfüllungsgehilfe des WPDLU. Zwar könne es zu einer eigenen Haftung des Vertreters kommen, wenn sei Verhalten keinem Geschäftsherrn zugerechnet werden könne, wenn er ein ausgeprägtes Eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages hatte oder wenn er bei den Vertragsverhandlungen in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hätte. Diese Ausnahmesituationen wurden vom OGH im vorliegenden Fall verneint.

Die Rechtsfrage, ob es sich beim Veruntreuungs-risiko um ein allgemeines Lebensrisiko handle, über das der Vermittler nicht extra aufzuklären habe, beantwortete der OGH nicht; er zeigte sich aber gegenüber einer derart weitgehenden Aufklärung gegenüber skeptisch.

OGH 21.2.2008, 6 Ob 249/07x

Tipp: Es ist also riskant, einen Finanzberater auf Schadenersatz zu klagen, der nicht aufgrund eigener Konzession tätig ist, sondern als reiner Vertriebspartner eines WPDLU auftritt und dies auch offenlegt; es sei denn man kann sich etwa auf sein besonders ausgeprägtes eigenwirtschaftliches Interesse oder das persönliche Vertrauen stützen. Dies muss man dann aber besonders behaupten und beweisen. Zur Frage des Umfanges der Aufklärungspflicht zu Ver-untreuungsrisken bedarf es wohl weiterer Verfahren zu Klärung. Dabei wird auf besonders gefahrengeneigte Konstruktionen (etwa dass das WPDLU selbst - konzessionswidrig - die Kundengelder kassiert und verwaltet) abzustellen sein.

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