Zur Vorgeschichte:
Konsumenten buchten Nazar für den Zeitraum 25.7.2004 bis 8.8.2004 eine Pauschalreise in das All Inclusive-Hotel Green Fugla Beach in der Türkei.
In weiterer Folge erkrankten insgesamt 37 Personen während ihres Aufenthaltes ( rund um den 31.7.2004 ) an Brechdurchfall. Bei einem beträchtlichen Teil der Gäste zeigten sich folgende Symptome: Erbrechen, Durchfall, Bauchkrämpfe, zum Teil hohes Fieber und Übelkeit. Zum Teil mussten sich die Gäste in Spitalsbehandlung begeben. Obwohl Salmonellen nachgewiesen werden konnten, verweigerte der Reiseveranstalter eine angemessene Entschädigung.
Der VKI machte im Auftrag des BMSK bei Abtretung der Ansprüche Schadenersatz für die Betroffenen klagsweise geltend. Insgesamt wurde ein Betrag von € 54.703,64,-- eingeklagt.
Das BGHS gab dem Klagebegehren weitgehend statt. Geltend gemacht wurden materieller Schadenersatz für erkrankungskausale Heilungskosten, Telefonkosten, Transportkosten etc. Weiters wurde für Schmerzensgeld ein Durchschnittsbetrag von € 72,76 pro Krankheitstag angesetzt; für entgangene Urlaubsfreude während der Krankheitstage wurde ein Betrag von € 50,-- pro Tag und Person geltend gemacht. Auch für jene Reisende, die selbst nicht erkrankt waren, wohl aber erkrankte Angehörige pflegen mussten, wurde Schadenersatz von € 50,-- für entgangene Urlaubsfreude eingeklagt, weil auch für sie der Urlaub weitgehend verdorben war. Insbesondere Eltern von erkrankten Kindern hatten ihre Zeit damit verbracht, ihre Kinder zu versorgen und zu trösten. Bei 13 Gästen war eine Salmonelleninfektion nachweisbar; die anderen Erkrankten wurden entweder nicht untersucht bzw. waren die Befunde negativ; aber auch sie wiesen die typischen Symptome einer Salmonellenerkrankung auf.
Das BGHS ging davon aus, dass die Erkrankung an Salmonellen durch die Einnahme kontaminierter Speisen bzw. Getränke im Hotel Green Fugla Beach verursacht wurde. Mangelnde Hygiene bei der Lagerung oder Zubereitung der Speisen bzw. Ausschank der Getränke sei die Ursache für derartige Salmonellenerkrankungen, so das Gericht.
Das schuldhafte Verhalten des Hotels bzw. des Hotelpersonals sei dem Reiseveranstalter gemäß
§ 1313a zuzurechnen. Der Reisveranstalter hätte sich vom Verschulden durch Beweislastumkehr nach
§ 1298 ABGB frei beweisen können, was ihm nicht gelungen ist. Das Beweisverfahren hatte ergeben, dass die hygienischen Umstände in der gegenständlichen Hotelanlage nicht ausreichend waren; der beklagte Reiseveranstalter konnte nicht beweisen, dass er sämtliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte, um eine Ansteckung der Urlauber mit Krankheitserregern zu verhindern.
Zur Kausalität hielt das Erstgericht fest, dass der so genannte "prima facie" oder Anscheinsbeweis im vorliegenden Fall zu bejahen sei. Der Kläger habe ein Mindestmaß an Tatsachen bewiesen, welches nach der Lebenserfahrung auf eine hohe Wahrscheinlichkeit auf den von ihm behaupteten Kausalzusammenhang schließen lasse, so das Gericht. Selbst wenn lediglich bei 13 Personen ein objektivierter Erregernachweis für Salmonellen vorlag, war davon auszugehen, dass alle betroffenen Personen durch die in der Hotelanlage verabreichten Speisen oder Getränke an Salmonellen erkrankt waren.
Es war somit von einer verschuldeten Vertragsverletzung des beklagten Reiseveranstalters durch seinen Erfüllungsgehilfen (den Betreiber des Hotels) auszugehen. Diese Vertragsverletzung führte zu einem Schadenersatzanspruch wegen Körperverletzung (gemäß § 1325 ABGB Heilungskosten und Schmerzengeld). Die Angemessenheit des jeweiligen Schmerzengeldes wurde vom Gericht je nach Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit gemäß § 273 Abs 1 ZPO ermittelt.
Zum Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude führte das Gericht aus, dass die in § 31e KSchG geforderte Erheblichkeit auch dann gegeben sei, wenn nicht ausdrücklich ein Preisminderungsanspruch verlangt werde sondern ein Teil der Reise nicht konsumiert werden konnte, weil eine Salmonellenerkrankung vorgelegen war. Bei Erkrankung mit Bettlägerigkeit sei der Urlaub in diesem Zeitraum vollständig vertan. Hinsichtlich der Bemessung des Schadenersatzanspruches stellte das Gericht auf die jeweiligen Krankheitsumstände ab.
Auch nicht erkrankten Personen, die jedoch erkrankte Angehörige pflegen mussten, gestand das Gericht Schadenersatz iSd § 31e KSchG zu, weil auch in diesem Fall eine erhebliche Beeinträchtigung des Urlaubsgefühls gegeben war. Allerdings war das Gericht der Auffassung, dass bezüglich der Höhe des Schadenersatzes zwischen einem Selbsterkrankten und einem pflegenden Angehörigen, der seinen Urlaub zumindest teilweise noch in Anspruch nehmen konnte, zu unterscheiden ist. In diesem Sinne sprach das Gericht erkrankten Personen € 50,-- pro Tag zu, während pflegenden Personen nur € 30,-- zugestanden wurde.
Das Urteil ist rechtskräftig.
BGHS Wien 29.8.2008, 14 C 1162/05t-14 C 2043/05a
Klagevertreter: Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in Wien