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Urteil: 9 von 11 Klauseln bei Diskont-Mobilfunk-Anbieter yesss! unzulässig

Der VKI führt im Auftrag des BMASK eine Verbandsklage gegen yesss! Telekommunikation GmbH wegen zahlreicher rechtswidriger Klauseln in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Klauseln betreffen klassisch beschwerdeträchtige Themen der Telekom-Branche, wie einseitige Vertragsänderungen oder intransparente Preise.

Folgende Klauseln erachtet das OLG Wien als unzulässig:

Klausel 1:
Die Umstellung auf die Vertragsoption erfolgt binnen fünf Werktagen nach Einlangen, sofern nicht ein Ablehnungsgrund gemäß Pkt. 1.2. der AGB Festnetz vorliegt, wobei eine Anmeldegebühr gemäß Tarifübersicht verrechnet wird.

Ein bloßer Verweis auf Gebühren "gemäß Tarifübersicht" ist schon für sich genommen intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Für Durchschnittsverbraucher erschließt sich durch den völlig unbestimmten Verweis auf Gebühren "gemäß Tarifübersicht" keineswegs leicht verständlich, wo er den Betrag der jeweiligen Gebühren ersehen kann. Aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Tarife und Preislisten lässt sich die Höhe der Gebühren im konkreten Fall nicht eindeutig herauslesen. Im Übrigen gesteht hier yesss! in Bezug auf die zu lange Umstellungsdauer von 5 Werktagen die Rechtswidrigkeit der Klausel zu.

Klausel 2:
Die Entgelte für die zur Verfügung gestellten Dienste sind der jeweils gültigen yesss!-Tarifübersicht zu entnehmen, die im Internet unter www.yesss.at abrufbar ist.

Klausel 2 erachtet das OLG Wien als zulässig. Gegen einen generellen Querverweis auf die gültige Tarifübersicht hinsichtlich sämtlicher Entgelte und nicht hinsichtlich einer bestimmten Gebühr unter Hinweis auf die Fundstelle auf der Homepage bestehen nach Ansicht des OLG Wien keine Bedenken.

Klausel 3:
Bei der yesss! Vertragsoption erfolgt die Rechnungslegung ausschließlich in elektronischer Form. Ein Versand von gedruckten Rechnungen findet nicht statt.

In § 100 TKG ist festgehalten, dass Kunden Anspruch auf den Erhalt einer gedruckten Rechnung haben (ab dem 21.2.2011): "Die Möglichkeit des Teilnehmers, eine unentgeltliche Rechnung in Papierform zu erhalten, darf vertraglich nicht ausgeschlossen werden." Auch hier gesteht die Beklagte die Rechtswidrigkeit der Klausel zu.

Klausel 4:
Für den Fall, dass ein Abbuchungs- oder Verrechnungsfehler festgestellt wurde, der sich zum Nachteil des Kunden ausgewirkt haben könnte und sich das richtige Entgelt nicht ermitteln lässt, wird yesss! ein auf dem durchschnittlichen Ausmaß der Inanspruchnahme dieses Telekommunikationsdienstes durch den Kunden basierende Pauschalabgeltung festsetzen.

Auch diese Klausel entspricht nicht den gesetzlichen Vorschriften, was yesss! auch zugesteht. Bei kundenfeindlichster Auslegung kann die Klausel dazu führen, dass selbst in Fällen, in denen sich der Fehler so auswirkt, dass der Kunde gar nichts schuldet, ein Pauschalentgelt  errechnet wird und die Beweislast auf den Kunden überwälzt wird.

Klausel 5:
Falls bei Anschlüssen mit yesss! Vertragsoption 6 Monate lang keine Umsätze anfallen, können diese Anschlüsse von yesss! ohne gesonderten Ausspruch einer Kündigung deaktiviert werden. Sofern dieser Fall eintreten kann, wird im Anmeldeformular angemessen darauf hingewiesen.

Das OLG Wien bestätigt das erstinstanzliche Urteil, demgemäß diese Klausel nachteilig und überraschend iSd § 864a ABGB sowie auch gröblich benachteiligend iSd § 879 (3) ABGB ist.

Was genau unter "Umsatz" zu verstehen ist, verschweigt die Klausel. So bleibt letztlich unklar, ob damit gemeint ist, dass der Kunde aktiv telefonieren oder sogar verbrauchsabhängige Gebühren auslösen muss, um einen (Gesprächs-)Umsatz zu generieren, oder ob die Zahlung eines fixen periodischen Entgelts (je nach Ausgestaltung mit oder ohne Einschluss bestimmter Kontingente an Gesprächsminuten) ausreicht, um die Möglichkeit zur Deaktivierung hintanzuhalten. Daher verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 6:
Der Kunde hat die Möglichkeit, bei Verlust oder Diebstahl der yesss! SIM-Karte dies ohne Verzug unter Angabe des Kundenkennworts an yesss! zu melden. Yesss! veranlasst daraufhin umgehend eine Sperre dieser Karte und ersetzt das noch vorhandene Restguthaben gegen eine Bearbeitungsgebühr gemäß Tarifübersicht.

Auch hier bestätigt das OLG Wien, dass diese Klausel nachteilig und überraschend iSd § 864a ABGB sowie auch gröblich benachteiligend iSd § 879 (3) ABGB ist.

Ein bloßer Verweis auf Gebühren "gemäß Tarifübersicht" ist schon für sich genommen intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG (vgl Anmerkung zu Klausel 1).

Klausel 7:
Einwendungen gegen Abbuchungen oder Rechnungen sind durch den Kunden längstens innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend zu machen, ansonsten die Rechtmäßig keit als anerkannt gilt, worauf im Kontomanager auf www.yesss.at oder auf der Rechnung hingewiesen wird. Die Abbuchungen können über den Kontomanager kostenfrei zumindest einen Monat lang eingesehen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es dem Kunden unbenommen, direkt bei yesss! Eine Überprüfung zu veranlassen oder in weiterer Folge die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH als Schlichtungsstelle anzurufen.

Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG, weil im Ergebnis die Beweislast zum Nachteil des Verbrauchers verschoben wird.

Eine Klausel mit ähnlichem Inhalt wurde bereits vom OGH als unzulässig erachtet, OGH 14.11.2012, 7 Ob 84/12x (UPC). Dabei wurde jene Klausel als gröblich benachteiligend und intransparent erachtet: Dem Verbraucher wurde suggeriert, dass er eine falsche Abrechnung nicht mehr bekämpfen kann, wenn er nicht innerhalb von einem Monat gegenüber dem Betreiber widerspricht bzw. innerhalb von sechs Monaten mit Klage dagegen vorgeht. Die Klausel verschleierte damit die Rechtslage, wonach ein Rechnungsanerkenntnis nur deklarative Wirkung hat, aber keinen neuen Verpflichtungsgrund bildet. Sie war daher intransparent. Eine vierwöchige Frist wurde jedenfalls als zu kurz angesehen.

Klausel 8:
Yesss! haftet, außer bei Personenschäden, nicht für leichte Fahrlässigkeit. Die Bestimmungen des Produkthaftpflichtgesetzes bleiben unberührt.

Diese Klausel sieht eine zu weitreichende Haftungsfreizeichnung vor. Auch außerhalb von Personenschäden kann ein genereller Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit, etwa wenn die Verletzung vertraglicher Hauptpflichten betroffen ist, gröblich benachteiligend sein.

Klausel 9:
Diese Daten werden nach Beendigung der Rechtsbeziehung zum Teilnehmer gelöscht, sofern sie nicht noch benötigt werden, um Entgelte zu verrechnen, Beschwerden zu bearbeiten oder sonstige gesetzliche Verpflichtungen zu erfüllen.

Das OLG Wien beurteilt diese Klausel als zulässig, weil sie wörtlich § 97 Abs 2 TKG entspricht. Die Wiedergabe des Gesetzestextes in AGB ist nach Ansicht des OLG Wien nicht intransparent, sofern kein missverständlicher Eindruck entsteht.

Klausel 10:
Die Qualität der Dienste wird in ortsüblichem Maß geschuldet, bei Unterschreiten hat der Kunde Gewährleistungsansprüche entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen, für darüber hinausgehende Ansprüche aus dem Titel des Schadenersatzes siehe Punkt 9.

Diese Klausel ist aufgrund des Verweises auf die unzulässige Haftungsfreizeichnung in Klausel 8 unwirksam. Die Beklagte gesteht hier die Rechtswidrigkeit der Klausel zu.

Klausel 11:
Änderungen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie Entgeltänderungen werden entweder durch Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder auf www.yesss.at kundgemacht oder dem Kunden per SMS bzw E-Mail mitgeteilt. Für den Kunden nicht ausschließlich begünstigende Änderungen gilt eine Kundmachungsfrist von 2 Monaten und erfolgt hierbei zumindest einen Monat vor Inkrafttreten der Änderung eine gesonderte Benachrichtigung über den wesentlichen Inhalt der Änderungen in geeigneter Form und ein Hinweis, dass der Kunde bis zum Inkrafttreten der Änderungen kündigen kann.

Diese Klausel verstößt gegen § 25 Abs 3 TKG (idF BGBl I 102/2011). Gemäß § 25 TKG ist dem Teilnehmer der wesentliche Inhalt von nicht ausschließlich begünstigenden AGB- oder Entgeltänderungen mindestens ein Monat vor deren In-Kraft-Treten in geeigneter Form, beispielsweise durch Rechnungsaufdruck, mitzuteilen. Gleichzeitig ist er auf sein Recht hinzuweisen, den Vertrag bis zum Inkrafttreten der Änderungen kostenlos zu kündigen. Von dieser Gesetzeslage weicht die Klausel in zwei Punkten ab: Sie sieht weder eine schriftliche Benachrichtigung des Teilnehmers über Änderungen noch einen Hinweis darauf vor, dass die Kündigung kostenlos erfolgen könne. Dadurch wird dem Konsumenten aber genau jenes unzutreffende bzw. unklare Bild seiner vertraglichen Position vermittelt, das das Transparenzgebot verhindern soll. Somit besteht durch die unvollständige Information über die Notwendigkeit einer schriftlichen Benachrichtigung von den nachteiligen Änderungen und über die Kostenlosigkeit der Kündigungsmöglichkeit die Gefahr, dass er von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Damit ist die Klausel intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.

Yesss! hat vom Gericht drei Monate Zeit bekommen, jene Klauseln zu sanieren, deren Gesetzwidrigkeit nicht ohnehin bereits zugestanden wurde. Das Gericht hat die ordentliche Revision an den OGH zugelassen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

OLG Wien 3.4.2013, 4 R 332/12s
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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