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Urteil: OGH erlaubt Kinderwerbung mit Infos zu Kaufmöglichkeiten

Der OGH bewertet die Bewerbung von Walt Disney Produkten als zulässige mittelbare Kaufaufforderung. Ein Verstoß gegen Z 28 Anhang UWG liege nicht vor. In der Werbung würde nur auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Produkte hingewiesen werden. Der Link zu einem Internet Kaufforum mache Werbung noch nicht unzulässig.

Die Walt Disney Company (Germany) GmbH bewarb im österreichischen Fernsehen und im Internet auf www.disney.de das Videospiel "Disney Universe" und Produkte aus der Serie "Hannah Montana". 

In der Fernsehwerbung waren u.a. folgende Infos enthalten: "Um das Universum zu retten, ist ein Held nicht genug. Schlüpf in die Rolle von 45 verschiedenen Disney-Charakteren und erlebe mit deinen Freunden Abenteuer in fantastischen Welten! Anschließend waren vier Videokassetten des Spieles eingeblendet, die den Hinweis "erhältlich ab 27.10.2011" enthielten. 

Im Internet war die Werbung u.a. folgendermaßen gestaltet: "Episode 3 - Aladins Welt - löse Rätsel und starte durch!" Der Trailer endete mit der Einblendung von vier Videokassetten und dem Hinweis "Erhältlich ab 27.10.2011". Weiters war zum Hannah Montana Soundtrack: "Hör dir auf der CD den Soundtrack an und schau auf der zugehörigen DVD Konzertauftritte von Hannah Montana". Von dieser Aufforderung gelangte man über einen Link zu einem Internet Kaufforum, wo man CD und DVD bestellen konnte. 

Der VKI klagte im Auftrag des BMASK auf Unterlassung einer derartigen Werbung im Fernsehen und Internet, da diese als direkte Kaufaufforderung und somit als unzulässige aggressive Werbung zu qualifizieren sei. 

Erst- und Zweitgericht beanstandeten die Fernsehwerbung nicht, sahen aber in der Werbung auf der Website insofern eine unzulässige Kaufaufforderung, als die Aufforderungen mit links zu Bestellportalen von Onlinehändlern versehen waren. Sie sprachen daher das diesbezügliche Unterlassungsbegehren zu. Der OGH sieht hingegen bei allen beanstandeten Werbungen keine unzulässige Kaufaufforderung an Kinder und weist die Klage des VKI vollständig ab. 

Nach Z 28 Anhang UWG ist die "Einbeziehung einer direkten Aufforderung an Kinder in eine Werbung, die beworbenen Produkte zu kaufen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene zu überreden, die beworbenen Produkte für sie zu kaufen" eine jedenfalls unzulässige Geschäftspraktik ist. Unter dieses Verbot fällt nach der bisherigen Rechtsprechung jedenfalls Werbung, die sich an Minderjährige unter 14 Jahren richtet und - etwa durch Verwendung des Imperativs - eine direkte Aufforderung zum Kauf bestimmter Waren enthält ("Stickerbuch holen und Sticker sammeln. Hol dir jetzt dein Stickerbuch. EUR 1,99").

Der OGH unterscheidet zwischen unlauteren direkten Aufforderungen (zB "Kauf dir das Buch" bzw "Sag deinen Eltern, sie sollen das Buch kaufen") und erlaubten bloß mittelbaren Werbebotschaften. Eine mittelbare Aufforderung stellt ein Produkt nur ganz allgemein als besonders reizvoll dar (etwa mit der Formulierung "Wäre es nicht schön, so etwas zu haben?"), oder die Adressaten sollen erst aus sonstigen Umständen darauf schließen, ein Produkt zu kaufen. Auch das bloße Aufzeigen einer konkreten Kaufmöglichkeit im Sinne einer bloßen Information, dass es Angebote gibt, würde keine unzulässige Werbung darstellen. 

Ausgehend von diesen Grundsätzen folgert der OGH, dass die beanstandete Werbung keine direkten Aufforderungen an Kinder enthalten würde, die beworbenen Produkte zu kaufen. Vielmehr würde nur auf den "bestimmungsgemäßen Gebrauch" hingewiesen werden. Zwischen diesen Aufforderungen, Produkte zu verwenden, und der Entstehung des Erwerbsentschlusses würde aber noch ein zusätzlicher Schritt liegen, den die angesprochenen Kinder selbst vollziehen müssen. Die Links auf der Website zu einem Internet Kaufforum wären nur eine Info über eine Erwerbsgelegenheit. 

Stellt man wie der OGH rein auf die Wortwahl der Kaufaufforderung ab, sind viele eindeutige - aber nach Ansicht des OGH nur indirekte - Kaufaufforderungen kaum bekämpfbar. Dass nicht einmal die mit Links zu einem Internet-Kaufforum verknüpfte Internet-Werbung eine direkte Kaufaufforderung darstellen soll, ist selbst nach den vom OGH aufgestellten Kriterien nicht nachvollziehbar. Bis zur Entstehung des Erwerbsentschlusses wird nämlich immer ein zusätzlicher Schritt liegen. 

Anders beurteilt dies übrigens der BGH: Der BGH sieht vergleichbare Kinderwerbung für ein Computerspiel als unzulässig an: "Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse Etwas". Diese Werbung war mit einem Link zu einer Internetseite versehen, auf der diverse Zusatzprodukte zum Kauf angeboten wurden (vgl. BGH vom 17. Juli 2013, I ZR 34/12).

Wenn man - wie der OGH - nur eindeutige Kaufaufforderungen wie "Kauf dir das Buch" als unzulässige direkte Kaufaufforderung ansieht, wird das Verbot aggressiver Kinderwerbung weitgehend zahnlos.Ein wirksamer Schutz dieser besonderen Altersgruppe ist damit nicht gewährleistet. 

OGH 9.7.2013, 4 Ob 95/13v
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Klagevertreter: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien

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