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Urteil: HG Wien: 8 von 9 Klauseln in den AGB von Zalando gesetzwidrig

Der VKI führt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - eine Unterlassungsklage gegen das Versandhandelsunternehmen Zalando wegen 9 AGB-Klauseln in ihren Verträgen. Das HG Wien hat nun in erster Instanz entschieden und bestätigt: 8 von 9 Klauseln sind gesetzwidrig und damit unwirksam.

Klausel 1: Ein Beschaffungsrisiko wird von uns nicht übernommen, auch nicht bei einem Kaufvertrag über eine Gattungsware. Wir sind nur zur Lieferung aus unserem Warenvorrat und der von uns bei unseren Lieferanten bestellten Warenlieferung verpflichtet.

Wird eine bestimmte Ware zum Verkauf angeboten, vom Kunden bestellt und die Bestellung durch die Beklagte bestätigt (so ist der Bestellvorgang in den Bedingungswerken von Zalando geregelt), kann der Kunde davon ausgehen, dass die Beklagte auch tatsächlich in der Lage ist, das Bestellte zu liefern. Eine Klausel, die gerade diese Hauptpflicht des Verkäufers wieder ausschließt, ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Es liegt in der Verantwortung der Beklagten, dafür zu sorgen, dass sie bei Vertragsabschluss (dh bei Zugang der Bestellbestätigung) in der Lage ist, die übernommene Verpflichtung zu erfüllen. Ein allgemeiner Ausschluss des Beschaffungsrisikos gerade auch bei Gattungsschulden ist sachlich nicht gerechtfertigt. Liefert der Verkäufer eine Gattungsschuld nicht, ist er in Verzug, und der Käufer ist zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt (§ 918 ABGB). Die Klausel erweckt für den Kunden demgegenüber den Anschein, er müsse sich trotz aufrechten Vertrags damit abfinden, dass die Beklagte ihre Verpflichtung nicht erfüllt - Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 2: Die Verpflichtung unsererseits zur Lieferung entfällt, wenn wir trotz ordnungsgemäßem kongruenten Deckungsgeschäft selbst nicht richtig und rechtzeitig beliefert werden und die fehlende Verfügbarkeit nicht zu vertreten haben, Sie hierüber unverzüglich informiert haben und nicht ein Beschaffungsrisiko übernommen haben.

Wie die Beklagte zur bestellten Ware gelangt, zu deren Lieferung sie sich verpflichtet hat, ist für den Kunden weder relevant noch ersichtlich. Er geht vielmehr davon aus, dass er die bestellte Ware bekommt, insb wenn sie als "lieferbar" bezeichnet wird. Die Verantwortung der Beklagten, für die nötigen Deckungsgeschäfte zu sorgen, kann nicht ohne sachliche Rechtfertigung auf den Verbraucher überwälzt werden. Die Klausel ist daher - weil sie der Beklagten einen Weg eröffnet, den Kaufvertrag aufgrund mangelnder Organisation nicht zu erfüllen - gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Für den typischen Durchschnittsverbraucher entsteht ferner der Eindruck, er bleibe an den Vertrag gebunden, wenn die Beklagte nicht in der Lage ist, zu liefern, zumal auch der Begriff "kongruentes Deckungsgeschäft" für den Durchschnittsverbraucher kaum verständlich ist. Verschleierung der wahren Rechtslage: Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 3: Dauert das Leistungshindernis in den vorgenannten Fällen über einen Zeitraum von mehr als 4 Wochen nach den ursprünglich geltenden Lieferzeiten an, so sind Sie zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Weitergehende Ansprüche, insbesondere auf Schadenersatz, bestehen nicht.

Der Kunde kann nach der Klausel in bestimmten Fällen bei einem Leistungshindernis in der Dauer von mehr als vier Wochen vom Vertrag zurücktreten. § 918 ABGB sieht demgegenüber sowohl beim subjektiven als auch objektiven (= unverschuldeten) Verzug das Recht vor, nach Setzung einer angemessenen Nachfrist zurückzutreten, die in vielen Fällen deutlich kürzer als vier Wochen sein kann. Der Kunde ist aufgrund der starren Grenze von vier Wochen daher möglicherweise unangemessen lang an den Vertrag gebunden. Im Verhältnis zur - in den AGB vorgesehenen - Lieferung innerhalb von fünf Werktagen erscheint die vierwöchige Frist ferner inadäquat lang. Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Die in der Klausel aufgezählten Ereignisse (zB Streik) werden zwar meist, aber nicht stets unverschuldet sein. Der pauschale Ausschluss von Schadenersatzansprüchen verstößt daher gegen das Transparenzgebot gem § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 4: Verbraucher können Ihre Vertragserklärung gemäß § 5e Konsumentenschutzgesetz (KSchG) innerhalb von 7 Werktagen ohne Angabe von Gründen in Textform (zB Brief, Fax, E-Mail) oder - wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird - durch Rücksendung der Sache widerrufen.

Der - binnen sieben Werktagen nach Erhalt der Ware mögliche - Rücktritt im Fernabsatzgeschäft (§ 5e KSchG) muss nach hA nicht schriftlich erfolgen, sondern ist auch mündlich wirksam. Obwohl nach § 6 Abs 1 Z 4 KSchG nur die Vereinbarung von strengeren Formvorschriften für von Verbrauchern gegenüber Unternehmern abzugebende Erklärungen als die Schriftform unzulässig sind, ist § 5e KSchG als speziellere Vorschrift zugunsten des Verbrauchers zwingend (§ 2 Abs 2 KSchG). Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Durch Verweis auf § 5e KSchG wird ferner fälschlich der Eindruck erweckt, auch nach dem Gesetz sei nur ein Rücktritt in Textform zulässig: Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 5: Für dem Kunden im Rahmen der Geschäftsabwicklung zugefügte Schäden haften wir nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit oder bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit der für uns tätigen Erfüllungsgehilfen. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist, ausgenommen bei Personenschäden, ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gilt auch für Mangelfolgeschäden.

Die Klausel schließt die Haftung für leichte Fahrlässigkeit generell aus, ohne bestimmte Ausnahmen oder eine sachliche Rechtfertigung für einen derartigen Haftungsausschluss zu nennen und erfasst daher auch die Haftung für eine Verletzung von Hauptleistungspflichten: Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB unabhängig davon, ob die Beklagte zusätzlich über eine wirtschaftliche Übermacht gegenüber dem Kunden verfügt.

Klausel 6: Wir speichern Ihre Bestell- und Adressdaten zur Nutzung im Rahmen der Auftragsabwicklung (auch durch von uns eingesetzte Auftragsabwicklungspartner oder Versandpartner), für eventuelle Gewährleistungsfälle, für Verbesserungen unseres Angebots und für Produktempfehlungen gegenüber Kunden gemäß des Inhalts unserer Datenschutzerklärung.

Die §§ 3f des - mangels Niederlassung der deutschen Beklagten in Österreich anwendbaren - BDSG sehen Informationen an den Betroffenen vor, um welche konkreten Daten es sich handelt und an wen diese gelangen sollen, auf deren Grundlage dieser seine Einwilligung zur Datenverwendung erteilen kann. Dadurch, dass die Bestell- und Adressdaten des Kunden auch durch nicht näher umschriebene Dritte ("Partner") gespeichert werden sollen, uzw für Angebotsverbesserungen und Produktempfehlungen, wird die Reichweite der Klausel nicht ausreichend transparent.

Klausel 7: Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrages einschließlich dieser Regelungen ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder sollte der Vertrag eine nichtvorhergesehene Lücke aufweisen, bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen oder Teile solcher Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder fehlenden Bestimmungen treten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen.

Sog salvatorische Klauseln können nur soweit gültig sein, als sie nicht die Unwirksamkeit einer Bestimmung zu den Hauptleistungspflichten betreffen. Dort wäre der Vertrag vollumfänglich nichtig und könnte durch geltungserhaltende Reduktion nicht aufrechterhalten werden. Mangels ausreichender Unterscheidung in der Klausel muss der Kunde aber davon ausgehen, dass der Vertrag unabhängig davon aufrecht bleibt, welche Bestimmung unwirksam ist/wird. Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, aus dem auch eine Pflicht zur Vollständigkeit folgt, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben.

Abgewiesen hat das HG Wien dagegen das Klagebegehren in Hinblick auf den letzten Satz der Klausel: Demnach liegt darin kein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil das dispositive Recht auch ohne diesen Satz an die Stelle einer unwirksamen Klausel treten würde und somit nur die gesetzliche Rechtslage seiner Ansicht nach richtig wiedergegeben werde.

Klausel 8: Ihre personenbezogenen Daten werden an Dritte nur weitergegeben oder sonst übermittelt, wenn dies zum Zweck der Vertragsabwicklung oder Abrechnung erforderlich ist oder Sie zuvor eingewilligt haben. Im Rahmen der Bestellabwicklung erhalten beispielsweise die hier von uns eingesetzten Dienstleister (wie bspw Transporteur, Logistiker, Banken) die notwendigen Daten zur Bestell- und Auftragsabwicklung.

Auch wenn die Weitergabe der personenbezogenen Daten des Kunden an Dritte hier zumindest auf den Zweck der Vertragsabwicklungen oder Abrechnung bzw der Bestell- und Auftragsabwicklung beschränkt ist, ist die Klausel aus den zu Klausel 6 angeführten Gründen (s oben) nicht ausreichend transparent.

Klausel 9: Wenn Sie nicht möchten, dass Facebook über unseren Internetauftritt Daten über Sie sammelt, müssen Sie sich vor Ihrem Besuch unseres Internetauftritts bei Facebook ausloggen.

Das Unterlassungsbegehren wurde abgewiesen. Nach Ansicht des HG Wien betrifft die Klausel nur Kunden, die - aufgrund eines Facebook-Profils und der damit verbundenen Zustimmung zu den Datenverwendungsrichtlinien von Facebook - wissen, dass Facebook ihre Daten sammelt, die von Besuchen auf anderen Websites herrühren. Nachdem es heutzutage ferner eine weit verbreitete und allgemein bekannte Erfahrung ist, dass im Internet Spuren hinterlassen und Daten von diversen Stellen gespeichert werden, geht das HG Wien davon aus, dass die Klausel allein der Warnung und Information der Kunden dient.

Der VKI hatte argumentiert, es sei für den Kunden gröblich benachteiligend und überraschend, dass während des Besuchs auf der Homepage der Beklagten Daten von Facebook gesammelt werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftigv (Stand 4.12.2013).

HG Wien 29.11.2013, 39 Cg 96/12d
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer - Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG

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