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Urteil: "19,90 EUR - ein Leben lang"

Verspricht ein Telefonanbieter einen Preis "ein Leben lang" zu gewähren, kann er nicht nachträglich eine Servicepauschale von 15 Euro verlangen, auch wenn er, was vorliegend allerdings nicht der Fall war, dafür mehr Leistung anbietet.

Das entschied der OGH in seiner Entscheidung zu GZ 4 Ob 115/13k in einem Verbandsverfahren der Arbeiterkammer.

A1 hatte 2007 ihre "aonKombi", ein Paket von Internet-, Mobil- und Festnetztelefondienstleistungen zum monatlichen Preis von 19,90 Euro "auf die Dauer der Vertrasglaufzeit" bzw. "ein Leben lang" beworben. Ab 2011 verrechnete sie ihren Kunden jedoch zusätzlich eine Servicepauschale von 15 Euro jährlich mit der Begründung, dass die Kunden dafür mehr Mailspace erhielten (50 MB pro Mailbox, 1 GB pro Online-Festplatte).

Die AGB von A1 enthielten eine vertragliche Änderungsmöglichkeit, woraus nach Ansicht der Beklagten für die Kunden hervorgehen sollte, dass es zu nachträglichen Änderungen kommen könnte.

Der OGH bestätigte das klagsstattgebende Urteil der 2.Instanz. Mehrere Aussagen lassen sich aus der Entscheidung ableiten:

  • Verrechnet die Beklagte ihren Kunde trotz Werbung und in der Folge vertraglicher Zusage eines gleichbleibenden Grundentgelts während der Vertragslaufzeit weitere fixe Entgelte für nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen, wie etwa die Internet-Service-Pauschale, liegt darin eine Irreführung iSd § 2 UWG. (Dazu schlossen die Parteien einen Teilunterlassungsvergleich).
  • Die Einführung der jährlichen Internet-Service-Pauschale stellt eine Erhöhung der monatlichen Grundgebühr dar. Dabei ist irrelevant, dass das monatliche Aktionsentgelt selber nicht erhöht wurde.
  • Die Werbeankündigung "kommt auf die Dauer der Vertragslaufzeit ein monatliches Grundentgelt iHv 19,90 Euro… zur Verrechnung" ist so zu verstehen, dass das Grundentgelt auf Dauer der Vertragslaufzeit garantiert wird.
  • Die Vereinbarung einer Änderungsmöglichkeit gemäß § 25 TKG regelt nur allgemein die Vorgangsweise bei Änderungen der AGB und Entgelte, sagt aber nichts über die Zulässigkeit der Vertragsänderungen im Einzelfall aus, vor allem wenn in der Werbung ein Preis für die Vertragslauzeit garantiert wird.
  • Das Aufdrängen einer unbestellten Leistung, wie etwa der Erweiterung des Mailspace oder die Einrichtung einer Online-Festplatte (wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen)  in Verbindung mit der Erhöhung des Grundentgelts stellt eine aggressive Geschäftspraktik iSd § 1a UWG dar: Zwar kann der Teilnehmer in so einem Fall gemäß § 25 Abs 3 TKG den Vertrag gratis kündigen, jedoch wäre das in der Regel mit Mühen und Unannehmlichkeiten, wie der Unterbrechung der Internetverbindung, dem allfälligen Verlust der bisherigen Telefonnummer und im Fall des Wechsels zu einem anderen Anbieter mit der notwendigen technischen Neuinstallation verbunden. Der Teilnehmer wird daher im Zweifel den Vertrag eher nicht kündigen.

Er wird daher genötigt bzw. durch Ausnutzen der Machtposition der Beklagten, die über die Telefon- und Internetverbindung verfügt, dahingehend beeinflusst, am Vertrag festzuhalten. Der OGH zieht hier eine Parallele zur E 4 Ob 27/13v SMS-Werbung mit Zusatzangebot (siehe: http://tinyurl.com/pytakkj). Dort hatte er eine SMS-Zusendung, mit der ein Mobilfunkanbieter eine (Mehrkosten verursachende) Vertragsänderung mitteilte, die man nur durch rechtzeitige Abbestellungs-SMS abwenden konnte, als unzulässige Beeinflussung iSv § 1a UWG qualifiziert, weil dem Kunden so eine Vertragsänderung aufgedrängt wurde, die zu einem Gebührenzuschlag für eine nicht bestellte Leistung führte.

OGH 20.1.2014, 4 Ob 115/13k
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Klagsvertreterin: Dr.Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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