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Urteil: Keine Verjährung bei Schiffsfonds!

OGH anerkennt Trennungsthese bei Verjährung des Schadenersatzanspruches, dh bei mehreren Beratungsfehlern, die kausal für den Erwerb eines in Wahrheit nicht gewünschten Anlageproduktes waren, beginnt die Verjährungsfrist ab Kenntnis des jeweiligen Beratungsfehlers gesondert zu laufen.

Der klagende Anleger hatte über den beklagten Vermögensberater eine Kommanditbeteiligung an der HCI Renditefonds IV GmbH & Co KG erworben.
Der Beklagte riet dem Kläger zu diesem Investment und stellt die Veranlagung als sicher dar, weil die Investition in Sachwerte (Schiffe) erfolge. Es sei eine hohe Rendite zu erwirtschaften (jährliche Rendite von etwa 7 %) und eine Investition in Schiffe sei weniger volatil als manche der bisherigen Veranlagungen des Klägers. Er bezeichnete die geschätzten jährlichen Zahlungen an den Kläger als "Ausschüttung", wobei der ihm den Eindruck vermittelte, dass es sich bei diesen Ausschüttungen um eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals handle und das Kapital am Ende der Laufzeit an den Anleger zurückgezahlt werde. Der Kläger hielt es aufgrund dieser Darstellung des Beklagten nicht für möglich, dass die Ausschüttungen etwas anderes beinhalten könnten als Gewinne. Der Beklagte erwähnte auch nicht, dass es aufgrund von Ausschüttungen an die Anleger zu Haftungen gegenüber den Gesellschaftsgläubiger kommen könne. Der Kläger gewann aufgrund der Beratungsgespräche den Eindruck, dass es sich um eine Veranlagung in Form eines Investmentfonds handle.

Tatsächlich ist die Veranlagung spekultativ, ein Verlust des Wertes der Beteiligung bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist möglich. Ausschüttungen an die Anleger können auch das von den Anlegern einbezahlten Kapital enthalten und stellen in diesem Fall eine (teilweise) Rückzahlung der geleisteten Einlage dar. In dem Ausmaß, in dem die Kommanditeinlage durch Ausschüttungen unter den Einlagebetrag gemindert wird, hat der Anleger Nachschüsse zu leisten. Eine Haftung des Anlegers über die geleistete Hafteinlage hinaus (Durchgriffshaftung) für Schäden, die durch den oder beim Betrieb der Schiffe oder aufgrund eines Unfalls entstehen, kann nicht ausgeschlossen werden.

Der Zeitpunkt, zu dem dem Kläger erstmals bewusst wurde, dass mit der Veranlagung ein erhebliches wirtschaftliches Risiko  einhergeht, konnte gerichtlich nicht exakt festgestellt werden, es war dies aber jedenfalls nicht vor dem 30.9.2010. Der Kläger brachte am 20.9.2013 eine Schadenersatzklage gegen den Berater ein.

Die Verjährung bezieht sich auf den jeweils geltend gemachten Anspruch. Stützt der Kläger sein Begehren alternativ auf verschiedene Sachverhaltsvarianten, liegen in Wahrheit zwei Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind.

Dies gilt auch hier, wo der Kläger sein auf Naturalrestitution gerichtetes Leistungsbegehren - alternativ - auf mehrere Beratungsfehler des Beklagten (insbesondere "Kapitalverlustrisiko" und "Ausschüttungsschwindel") gestützt hat.

Die Verjährung des auf einen dieser Beratungsfehler ("Kapitalverlustrisiko")  gestützten Ersatzanspruch führt also entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht dazu, dass bei Bejahung eines anderen, für sich genommen noch nicht verjährten Beratungsfehler ("Ausschüttungsschwindel") die Stattgebung des Leistungsbegehrens ausgeschlossen wäre.

Der Kläger hätte schon mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung erkennen können, dass seine Veranlagung nicht sicher ist, sondern mit der Gefahr eines Kapitalverlustes verbunden ist.

Vom "Ausschüttungsschwindel", also dem weiteren Beratungsfehler, der kausal für die Anlageentscheidung des Klägers war, erlangte dieser erst weniger als drei Jahre vor Klagseinbringung Kenntnis.

Mitverschulden des Klägers wurde verneint. Der Kläger hätte zwar bei genauem Studium des Kapitalmarktprospektes die rechtliche Konstruktion der erworbenen Beteiligung erkennen können. Mangels konkreter Anhaltspunkte für das Vorliegen des "Ausschüttungsschwindels" bestand für den Kläger aber keine Obliegenheit, sich den Kapitalmarktprospekt zu beschaffen und zu lesen.

Mangels Verjährung wurde daher dem auf Naturalrestitution gestützte Begehren stattgegeben.

OGH 17.9.2015, 3 Ob 112/15i
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Klagsvertreter:  Rechtsanwälte Leitner & Partner

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