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Urteil: Blue Vest: Aliquotierung der Provision nach Rücktritt von Vermittlungsgebührenvereinbarung

Tritt ein Verbraucher nach § 12 VKrG im Zusammenhang mit einem Lebensversicherungsvertrag von der gleichzeitig abgeschlossenen Vermittlungsgebührenvereinbarung zurück, hat er dem Vermittler für dessen erbrachte Leistung einen iSd § 176 Abs VersVG aliquotierten Provisionsausgleich auf Basis einer ortsüblichen Provision zu bezahlen.

Eine Konsumentin hatte im Jänner 2011 über Vermittlung der Blue Vest Equity Finanzmanagement GmbH (nunmehr STATUS Finanzservice GmBH) einerseits eine fondsgebundene Lebensversicherung und andererseits eine Vermittlungsgebührenvereinbarung abgeschlossen. Nach der Vermittlungsgebührenvereinbarung sollte die Vermittlungsprovision gesondert – also im Rahmen des Nettopolizzenmodells – über den Zeitraum von 60 Monaten in monatlichen Beträgen bezahlt werden.

Durch die monatliche Zahlungsweise erhöhte sich die Vermittlungsgebühr im Verhältnis zu einer Einmalzahlung von € 5.226,96 auf € 5.662,22.

Im März 2012 kündigte die Konsumentin die Lebensversicherung.

Im Februar 2013 erklärte die Konsumentin den Rücktritt von der Vermittlungsgebührenvereinbarung und verlangte die Auszahlung des Rückkaufswertes und der bis zur Beendigung der Lebensversicherung geleisteten 14 monatlichen Provisionszahlungen.

In einem vom VKI im Auftrag des BMASK geführten Prozess wurden die bis zum Rücktritt bezahlten Vermittlungsgebühren und der vom Vermittler einbehaltene Rückkaufswert der Lebensversicherung eingeklagt.

Der OGH weist zunächst darauf hin, dass es sich bei der konkreten Gestaltung der Vermittlungs-gebührenvereinbarung um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub iSd § 25 VKrG handelt und dass der Rücktritt - auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 9 VKrG - unbestrittenermaßen rechtzeitig erfolgte.

Der Rücktritt nach § 12 VKrG wirkt nach überwiegender Auffassung ex tunc und führt zur Beseitigung der gesamten Vermittlungsgebührenvereinbarung – also nicht nur zur Beseitigung des Zahlungsaufschubes.

Für die Rückabwicklung bietet sich für den OGH eine Analogie zu § 4 KSchG an. Immerhin ist auch in der vorliegenden Konstellation auf Grund der Verlockung eines Ratengeschäftes eine vergleichbare Überrumpelungssituation anzunehmen. Da eine Rückstellung der vom Unternehmer erbrachten Leistung unmöglich ist, hat der Verbraucher deren Wert zu vergüten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Versicherungsschutz im vorliegenden Fall mehr als ein Jahr aufrecht war und die Tätigkeit des Vermittlers der Konsumentin in diesem Umfang zum klaren und überwiegenden Vorteil gereichte. Bei der Bestimmung dieses Vorteils ist auch das vermittelte Geschäft – also die Lebensversicherung - zu beachten.

Der OGH berücksichtigt dabei die Regelung des § 176 Abs 6 VersVG, wonach sich im Nettopolizzenmodell die Vermittlungsprovision in Frühstornofällen entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen Laufzeit und dem Zeitraum von fünf Jahren mindert. Daraus ergibt sich zusammenfassend, dass sich das Entgelt des Maklers bei einem Rücktritt von einer Vermittlungsgebührenvereinbarung nach dem Verhältnis der tatsächlichen Laufzeit und dem Zeitraum von fünf Jahren richtet. Dabei ist auf die ortsübliche bzw. angemessene Provision iSd § 8 MaklerG abzustellen.

Im vorliegenden Fall war die Provisionshöhe nicht strittig gewesen.

Da die bezahlten Vermittlungsgebühren der Vertragsdauer der Lebensversicherung entsprachen und daher der Konsumentin in diesem Umfang zum Vorteil gereichten, sind die für 14 Monate bezahlten Vermittlungsgebühren vom Vermittler bei Berücksichtigung der Aliquotierungsregel des § 176 Abs 6 VersVG nicht zurückzuzahlen.

Demgegenüber besteht für die Einbehaltung des Rückkaufswertes keine Berechtigung, dieser ist daher der Konsumentin auszufolgen.

OGH 22.10.2015, 1 Ob 118/15g
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Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien

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