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Urteil: Wann beginnt bei versteckten Mängeln die Gewährleistungsfrist zu laufen?

Bei versteckten Mängeln von besonders zugesicherten Eigenschaften beginnt die Gewährleistungsfrist mit der Erkennbarkeit des Mangels zu laufen. Dies gilt aber nicht, wenn eine bestimmte Gewährleistungsfrist ausdrücklich vereinbart wurde.

Die klagende Verbraucherin hatte die Beklagte 2007 mit der Neueindeckung eines Daches beauftragt. Nach ihren AGB gewährleistete die Beklagte "eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Fehlerfreiheit des Werkes in Werkstoff und Verarbeitung ... während der Dauer der gesetzlichen Fristen." 2013 fielen der Klägerin Verfärbungen und zahlreiche Risse der Dachziegel auf. Die Klägerin brachte vor, dass ein Mitarbeiter der Beklagten ihr zugesichert habe, dass das Dach jahrzehntelang halten würde.

Bei Sachmängeln beginnt die Frist des § 933 Abs 1 ABGB auch bei verdeckten Mängeln in der Regel  mit der Ablieferung. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Erkennbarkeit des Mangels keine Voraussetzung für den Beginn des auf den Zeitpunkt der Übergabe abstellenden Fristenlaufs, außer es wurden besondere Sacheigenschaften zugesichert. Dies gilt auch für sich typischerweise erst nach mehreren Jahren zeigende Materialfehlern.

Bei ausdrücklich zugesicherten Eigenschaften beginnt die Gewährleistungsfrist zwar unter Umständen erst mit Erkennbarkeit des Mangels. In der Zusicherung dieser Eigenschaft ist typischerweise eine stillschweigende Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist enthalten. Der Oberste Gerichtshof hat aber auch ausgesprochen, dass eine solche stillschweigende Verlängerung nicht in Betracht kommt, wenn (trotzdem) eine bestimmte Gewährleistungsfrist ausdrücklich vereinbart wurde. Ein solcher Fall liegt hier vor. Zwar könnte der Hinweis auf den "Stand der Technik" in den AGB der Beklagten unter Umständen als Zusicherung einer Eigenschaft verstanden werden. In unmittelbarem Zusammenhang damit steht jedoch die Regelung, wonach die Gewährleistungspflicht der Beklagten auch in diesem Fall auf die "Dauer der gesetzlichen Fristen" beschränkt ist. Damit konnte die AGB-Klausel in ihrer Gesamtheit nicht im Sinn eines Hinausschiebens des Beginns der Gewährleistungsfrist verstanden werden.

Somit kommt es entscheidend darauf an, ob der Mitarbeiter der Beklagten der Klägerin tatsächlich eine jahrzehntelange Haltbarkeit zugesagt hat. Die Zusage wäre als stillschweigende Verlängerung der Gewährleistungsfrist zu verstehen gewesen, weil sonst deren Nichteinhaltung sanktionslos bliebe. Dabei kann offen bleiben, welche konkrete Fristverlängerung ein redlicher Besteller aus einer pauschal auf jahrzehntelange Haltbarkeit gerichteten Erklärung ableiten könnte: Wird das Dach - wie hier - nach nur fünf Jahren undicht, ist die Frist jedenfalls noch offen.

Das Urteil wurde daher aufgeheben und an die erste Instanz zurückverwiesen. Hat der Mitarbeiter die behauptete Haltbarkeitszusicherung gemacht hat, besteht der Verbesserungsanspruch zu Recht; ein Vorteilsausgleich (längere Haltbarkeit des verbesserten Dachs) findet im Gewährleistungsrecht nicht statt. Wird festgestellt, dass der Mitarbeiter dies nicht zugesichert hat, ist die Klage abzuweisen.

OGH 20.12.2016, 4 Ob 202/16h

Das Urteil im Volltext.

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