Eine Konsumentin investierte im Jahr 2006 in ein Veranlagungsmodell ("Pro Futura Vorsorgeplan"), das sich aus einem endfälligen Fremdwährungskredit (Schweizer Franken), zwei fondsgebundenen Lebensversicherungen und aus der Veranlagung in Wertpapiere eines Fonds ("Hypo-Star ausgewogen") zusammensetzt. Sie klagte die Bank wegen behaupteter mangelhafter Aufklärung über die Risiken. Die Klage wurde am 20.7.2012 eingereicht. Im Juni 2015 erklärte die Konsumentin ihren Rücktritt, gestützt auf § 3 und § 27 KSchG.
Im Herbst 2008 geriet das Verrechnungskonto der Konsumentin zum zweiten Mal ins Minus. Zusätzlich erhielt sie neben den Konto-- Kredit- sowie Tilgungsträgerwert-Auszügen eine Mahnung zugesandt. Die Klägerin deckte den Außenstand durch Nachzahlung ab. Damit war ihr jedenfalls bewusst, dass die 2006 erworbene Veranlagung nicht die "von ihr erwarteten Eigenschaften" aufwies. Zudem erkannte sie spätestens zu diesem Zeitpunkt aus den Mitteilungen zu den Tilgungsträgern, dass diese weniger als prognostiziert wert sind und das Finanzierungsmodell nicht die erwarteten Hoffnungen erfüllt.
Aus Anlass einer neuerlichen Bonitätsüberprüfung der Klägerin im August 2008 sprach ein Mitarbeiter der Beklagten zwar die Möglichkeit einer Erholung der Wirtschaftslage in der noch offenstehenden weiteren 18-jährigen Kreditvertragslaufzeit an, sicherte der Klägerin eine solche Erholung aber nicht zu.
Die Klage wurde abgewiesen:
Verjährung
Nach gefestigter Rechtsprechung liegt der Primärschaden im Fall einer fehlerhaften Anlageberatung bereits darin, dass sich das Vermögen des Anlegers wegen einer Fehlinformation des Schädigers anders zusammensetzt, als es bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters der Fall wäre. Ein Schaden aus einer fehlerhaften Anlageberatung ist also schon durch den Erwerb des in Wahrheit nicht gewollten Finanzprodukts eingetreten. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt grundsätzlich mit Kenntnis des Primärschadens, auch wenn der Geschädigte die Höhe des Schadens noch nicht beziffern kann, ihm nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Der drohenden Verjährung muss der Geschädigte mit einer Feststellungsklage begegnen. Bei einem derartigen Modell (Kombination von Fremdwährungskrediten mit verschiedenen Tilgungsträgern) ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Gesamtkonzept den Zusagen nicht entsprochen hat.
Dadurch, dass die Klägerin spätestens im Herbst 2008 über die Risikoträchtigkeit ihrer Veranlagung und damit über das Fehlen (angeblich) zugesagter wesentlicher Eigenschaften der Finanzierung in Kenntnis war, wurde die Verjährungsfrist in Gang gesetzt. Bei Klagseinbringung (2012) ist bereits Verjährung eingetreten.
- Keine die Verjährung aufhaltende Beschwichtigungen der Beklagten
Beschwichtigungsversuche können einer Verjährung entgegenstehen. Sie können die Erkennbarkeit des Schadenseintritts und damit den Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben oder dazu führen, dass dem Verjährungseinwand des Schädigers die Replik der Arglist entgegengehalten werden kann.
Der Hinweis eines Mitarbeiters der Beklagten im August 2008, die Wirtschaftslage könne sich in der noch offenstehenden weiteren 18-jährigen Kreditvertragslaufzeit auch wieder erholen, ist kein solcher Beschwichtigungsversuch. Er war keineswegs geeignet, die Klägerin durch ein "In-Sicherheit-Wiegen" von der Anspruchsverfolgung abzuhalten.
- Aufrechnung hier nicht möglich
Die Konsumentin erklärte die Aufrechnung mit ihrer Forderung gegen die Bank wegen Falschberatung. Nach der Rechtsprechung wirkt eine gültige Aufrechnungserklärung auf den Zeitpunkt zurück, in welchem sich Forderung und Gegenforderung zum ersten Mal aufrechenbar gegenübergestanden seien, sodass die Kompensation auch dann zulässig ist, wenn die Forderung des Aufrechnenden im Zeitpunkt seiner Aufrechnungserklärung bereits verjährt ist, solange dies nur nicht im Zeitpunkt der Aufrechnungslage der Fall gewesen ist. Eine Voraussetzung für die Aufrechnung ist die Fälligkeit beider Forderungen, sodass vor Fälligkeit beider Forderungen die Aufrechenbarkeit grundsätzlich nicht gegeben sei. Eine Schadenersatzforderung wird erst dann fällig, wenn der Geschädigte den Schaden (zahlenmäßig bestimmt) eingemahnt hat.
In concreto ist mangels Fälligkeit der Schadenersatzforderung vor Eintritt der Verjährung eine Aufrechnungslage nicht verwirklicht. Bei dem von der Klägerin erworbenen Finanzprodukt ist die genaue Schadenshöhe erst zum Zeitpunkt der Endfälligkeit (oder einer allfälligen früher erfolgten Konvertierung) bezifferbar, sodass die Klägerin der drohenden Verjährung mit einer Feststellungsklage zu begegnen gehabt hätte.
Kein Rücktrittsrecht vom Fremdwährungskredit gemäß § 27 KSchG
Gem § 27 KSchG kann ein Verbraucher von einem Vertrag über die Lieferung einer beweglichen körperlichen Sache, mit dem sich der Verbraucher verpflichtet, den Kaufpreis in Teilbeträgen vorauszuzahlen, zurücktreten, sofern die Ware bloß durch Erklärung der Vertragspartner bestimmbar oder der Preis nicht nach den Preisverhältnissen zur Zeit der Vertragsschließung festgelegt und solange der Vertrag nicht beiderseits vollständig erfüllt ist (sog Vorauszahlungskäufe).
Voraussetzung ist nach dem Gesetzestext, dass es sich um einen Kauf und beim Vertragsgegenstand um eine bewegliche körperliche Sache handelt. Der Kreditvertrag ist schon nach der Definition des § 988 ABGB nicht Kauf, sondern entgeltlicher Darlehensvertrag.
Auch für eine Anwendung dieser Bestimmung per analogiam verbleibt kein Raum. Eine Analogie setzt die planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Wenn der Gesetzgeber aber für einen bestimmten Sachverhalt eine bestimmte Rechtsfolge bewusst nicht anordnet, liegt keine durch Analogie zu schließende echte Gesetzeslücke vor. Anders als nach dem Regelungsinhalt des § 27 KSchG, nach dem das Unterlassen der grundsätzlich möglichen Preisbestimmung nach den Verhältnissen zur Zeit des Vertragsabschlusses verpönt ist, sind die Wechselkursschwankungen und damit die Gesamtbelastung aus einem solchen Finanzierungsmodell am Fälligkeitstag auch für die Kreditgeberin ex ante (dem Grunde nach) vorhersehbar. Damit liegt auch kein nach den Maßstäben des § 27 KSchG regelungsbedürftiger Sachverhalt vor, der die Annahme einer Gesetzeslücke rechtfertigen könnte.
Kein Rücktrittsrecht gemäß § 3 KSchG
Das Rücktrittsrecht gem § 3 KSchG besteht nicht, wenn der Verbraucher die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer zwecks Schließung dieses Vertrages selbst angebahnt hat. Die Klägerin ersuchte die über Mitarbeiter der von ihr bevollmächtigten Consulting GmbH, dass der Kreditvertrag an ihrer Arbeitsstelle abgeschlossen werde und veranlasste so ein entsprechendes Treffen mit dem Mitarbeiter der Beklagten. Daher ist ein ihr zuzurechnendes Anbahnen gegeben. Ein Rücktrittsrecht gem § 3 KSchG besteht daher nicht.
Allfällige Verkürzung über die Hälfte verjährt
Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 1487 ABGB) für die Verkürzung über die Hälfte (§ 934 ABGB) beginnt mit dem Vertragsabschluss. Der OGH ging daher inhaltlich gar nicht mehr darauf ein, weil diesbezüglich jedenfalls Verjährung vorliegt.
Klagsvertreter: Dr. Alexander Klauser, Rechtsanwalt in Wien
OGH 16.3.2017, 1 Ob 190/16x