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Info: Lombard-Club-Kartell - Streit um Akteneinsicht

Der VKI hat bei der EU-Kommission um Akteneinsicht angesucht, um Schadenersatzforderungen österr. Verbraucher zu prüfen. Die Kommission hat den Antrag abgelehnt. Der VKI erhebt dagegen Nichtigkeitsklage.

Die Nichtigkeitsklage soll - im Interesse aller Verbraucher(verbände) Europas - klären, ob eine Akteneinsicht in Kartellakte der Kommission zur Prüfung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche zulässig ist. Würde dies von den Gerichten verneint, so stellt sich - so eine Aussendung der europäischen Verbraucher-Dachorganisation BEUC - die rechtspolitische Forderung, ein Recht auf Akteneinsicht zu schaffen.

Wir halten der Entscheidung der Kommission insbesondere entgegen:

Die Entscheidung der Europäischen Kommission, mit der dem VKI die Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der Kommission "Kartellverfahren gegen österreichische Banken" (COMP/36.571) verweigert wird, verstößt gegen das den Unionsbürgern durch Art 255 Abs 1 und Abs 2 EG sowie durch Art 42 der EU-Grundrechte-Charta gewährleistete Grundrecht auf Zugang zu öffentlichen Dokumenten; weiters verstößt die genannte Entscheidung gegen die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission.

Eine pauschale Ausnahme des gesamten Verwaltungsaktes vom Recht auf Dokumentenzugang ohne nähere Prüfung der die Verwaltungsakte bildenden einzelnen Dokumente dahingehend, ob diese zur Veröffentlichung geeignet sind oder nicht, entspricht nicht den Vorschriften der Verordnung 1049/2001 und steht nicht im Einklang mit der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte. Nur konkrete, auf einzelne Dokumente bezogene Umstände können die Ausnahme vom Recht der Unionsbürger auf Dokumentenzugang rechtfertigen.

Der Ausnahmetatbestand des Art 4 Abs 2, 3. Anstrich der VO 1049/2001 (Schutz des Zwecks von Inspektionstätigkeiten) rechtfertigt nicht die Verweigerung des Dokumentenzugangs, weil die gegenständlichen Inspektionstätigkeiten der Kommission bereits abgeschlossen sind. Die eventuelle Notwendigkeit der Neubewertung des Akteninhalts im Fall der Aufhebung der Bußgeldentscheidung der Kommission im Kartellfall "Österreichische Banken" ist eine bloße Hypothese, die eine tatsächliche Beeinträchtigung der Untersuchungs- oder Inspektionstätigkeit der Kommission nicht konkret absehbar erscheinen lässt. Die Kommission hat auch nicht berücksichtigt, dass die klagende Partei angeboten hat, die bei einer Akteneinsicht gewonnenen Informationen soweit wie möglich vertraulich zu behandeln.

Die Voraussetzungen für die Anwendung des Ausnahmetatbestands des "Schutzes geschäftlicher Interessen" liegen nicht vor, da die Kommission nicht ausführt, inwieweit und welche geschäftlichen Interessen der Banken konkret beeinträchtigt werden können. Das Verhindern der Geltendmachung gerechtfertigter Ansprüche durch geschädigte Verbraucher ist kein schützenswertes "geschäftliches Interesse" im Sinne der VO 1049/2001.

Auch der "Schutz von Gerichtsverfahren" steht der Gewährung von Akteneinsicht nicht entgegen, da die Verwaltungsakte der Kommission nur zu einem ganz geringfügigem Teil "einzig für den Zweck" eines Gerichtsverfahrens angelegt wurden. Der weitaus überwiegende Teil der Verwaltungsakte besteht aus Verwaltungsdokumenten, die von der Ausnahmebestimmung "Schutz von Gerichtsverfahren" nicht erfasst werden.

Der "Schutz der Privatsphäre und der Integrität des einzelnen" kann durch Anonymisierung von Aktenstücken leicht sichergestellt werden. Die Kommission macht außer dem Umstand, dass einzelne Dokumente die Namen bestimmter Personen nennen, keine konkreten Gefährdungen der Privatsphäre oder der Integrität Einzelner geltend.

An der Einsichtnahme der klagenden Partei in den Verwaltungsakt der Kommission besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse, da durch die kollektive Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen geschädigter Verbraucher sowohl die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaften, als auch die kollektiven Interessen der Verbraucherschaft in der Gemeinschaft gefördert würden.

Der Europäische Gerichthof hat in der Entscheidung vom 20.9.2001, Rs C-453/99 Courage gegen Crehan festgehalten, dass die praktische Wirksamkeit des Art 85 EG-Vertrag (jetzt Art 81 EG) beeinträchtigt wäre, wenn nicht jedermann Ersatz des Schadens verlangen könnte, der durch einen wettbewerbsbeschränkenden Vertrag oder durch entsprechend abgestimmtes Verhalten entstanden ist. Die Entscheidung der Kommission lässt diese Entscheidung des Gerichtshofs völlig unberücksichtigt.

Nicht zuletzt im Lichte der Entscheidung Courage gegen Crehan ist festzuhalten, dass die Kommission in ihrer Entscheidung die auf Grund von Art 5 und Art 10 EG und der Rechtsprechung des EuGH geforderte (zumindest ergänzende) dezentrale Durchsetzung Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft behindert und daher das dem Gemeinschaftsrecht innewohnende Subsidiaritätsprinzip missachtet.

Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser,
RA in Wien

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