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Info: "Peviderm"- es begann wie ein Märchen und endet wie ein Krimi

Strafjustiz eingeschaltet

Ein Arzt, ein Apotheker und ein Lieferant für medizinisch-technische Geräte machen mit einem Wundermittel eines jugoslawischen Arztes Bekanntschaft. Eine Salbe gegen Neurodermitis, die kein Cortison enthält und daher keine Nebenwirkungen befürchten lässt. Sie gründen die Rheosom GmbH und schließen einen Lizenzvertrag mit der Firma des jugoslawischen Arztes - mit Sitz in Miami (USA) - ab. Man sichert sich die Produktions- und Vertriebsrechte für Österreich, Deutschland, Schweiz, Niederlande und vereinbart, dass der Arzt der herzustellenden Creme eine "geheime Substanz" beimischt. Die Geschäftsführer der Rheosom dürfen bei diesem Mischvorgang nicht dabei sein.

Die Creme macht als Kosmetikum "Peviderm" Furore. Eine wirksame Creme gegen Neurodermitis ohne schädliche Nebenwirkungen. Im Jahr 1994 macht die Rheosom - nach eigenen Angaben - rund 3 Millionen Gewinn.

Doch Mitte 1994 verhängt das Bundesministerium für Gesundheit ein Verkaufsverbot. In der Creme wurde ein hochwirksames und damit aber auch höchst aggressives Cortison gefunden. Die Verwender setzen - alarmiert durch die Medien - die Creme sofort ab. Dies aber führt zu einer Verschlimmerung der Beschwerden (Rebound-Effekt). Besonders Babys und Kleinkinder sind davon betroffen.

Der VKI berät die Geschädigten und wählt drei exemplarische Fälle für einen Musterprozess aus. Das Verfahren schleppt sich die Jahre dahin, endet aber im Winter 1997 dennoch mit einem rechtskräftigen Urteil: Rheosom wird - zu relativ hohen - Schadenersatzzahlungen verurteilt.

Doch jetzt, da es ans Zahlen ging, wird die Liquidation der Gesellschaft beschlossen und ein Konkursantrag gestellt. Im Konkurs findet sich ein Sparbuch über 60.000.- Schilling auf der Aktivseite, ansonsten werden jede Menge Forderungen angemeldet: vorwiegend Schadenersatzforderungen geschädigter Konsumenten.

Nun hat der Gesetzgeber mit § 16 PHG die Pflicht zur Deckungsvorsorge festgeschrieben. Hersteller und Importeur haben "durch Eingehen einer Versicherung oder in anderer geeigneter Weise" dafür Sorge zu tragen, dass Schadenersatzansprüche nach dem PHG befriedigt werden können.

Der VKI hat daher den Geschäftsführer persönlich zur Kasse gebeten. Dieser lässt durch seinen Anwalt ausrichten, er habe dem Gesetz dadurch Genüge getan, dass er in der Bilanz (steuermindernd wirksame) Rückstellungen vorgenommen habe. Diese finden sich aber nur in der Bilanz, in der Realität ist - so die Masseverwalterin - davon nichts vorhanden.

Studiert man die Materialien zu § 16 PHG, so wird der an sich klare Gesetzestext konterkariert: Im Justizausschuss hielt man - die Wirtschaft beruhigend - fest, dass keine Pflichtversicherung vorgeschrieben sei, sondern "beispielsweise auch durch eine hinreichende bilanzielle Rückstellung" vorgesorgt werden könne.

Darauf beruft sich nun der Geschäftsführer der Rheosom GmbH mit Wonne. Damit wird aber der Sinn des § 16 PHG ad absurdum geführt. Eine bilanzielle Rückstellung ist für die Geschädigten - das zeigt der vorliegende Fall - keine, mit einer Haftpflichtversicherung gleichzustellende, Absicherung. Die Versicherung würde jetzt zahlen müssen. Rückstellungen verflüchtigen sich im Konkurs eines Unternehmens.

Der VKI wird die Strafjustiz auffordern, den Tatbestand der fahrlässigen Krida (§ 159 StGB) zu prüfen. Daneben wird der VKI die Geschäftsführer - gestützt auf § 16 PHG - zivilrechtlich klagen. In diesem Musterprozess gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Das Gericht geht von klaren Gesetzestext des § 16 PHG aus und bestätigt die Haftung.
  • Oder das Gericht lässt sich vom Bericht des Justizausschusses beeindrucken und weist die Klage ab. Dann wäre aber der Gesetzgeber am Zug, den § 16 PHG zum Schutz der Geschädigten eindeutig zu gestalten.

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