Der "WEB/Bautreuhand/IMMAG - Skandal" hinterließ tausende geschädigte Kleinanleger. In drei Strafverfahren wurden die Haupttäter, aber auch Beitragstäter zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Auch führende Organe der Salzburger Sparkasse waren darunter. Das diesbezügliche Strafurteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, das Beweisverfahren ergibt aber ausreichend Anhaltungspunkte, um gegen die Salzburger Sparkasse Schadenersatzforderungen in Millionen-Euro-Höhe ableiten zu können.
Am 22. November 2004, begann vor dem Landesgericht Salzburg der größte und wohl aufwendigste Prozess dieser Art in der Salzburger, wenn nicht der österreichischen Justizgeschichte. Mehr als 3200 geschädigte Kleinanleger verlangen in Sammelklagen von der Salzburger Sparkasse Schadenersatz in Höhe von rund 125 Mio. Euro (60 Mio. Euro Kapital und 65 Mio. Euro Zinsen).
Das Landesgericht Salzburg hat sich auf das Mega-Verfahren mustergültig vorbereitet: Alle anhängigen Verfahren wurden verbunden. Zwei Verhandlungsrichter wurden speziell für diesen Prozess von ihren sonstigen Tätigkeiten freigestellt. Nach dem Prozessprogramm ist mit einer Verhandlungsdauer von 80 bis 160 ganztägigen Verhandlungen zu rechnen.
In der vorbereitenden Tagsatzung wurden die Argumente der Kläger und der Beklagten vorgetragen, Rechtsfragen erörtert und das Prozessprogramm besprochen.
Die Salzburger Sparkasse hat unter dem Druck der eingebrachten Sammelklage erstmals in der vorbereitenden Tagsatzung ein Vergleichsangebot gemacht. Demnach wäre die Salzburger Sparkasse bereit 7,27 Mio. Euro zu bezahlen, wenn damit für immer alle Ansprüche erledigt wären.
Das Angebot wurde von den Klägervertretern als ungenügend bezeichnet. Konsumentenschutzminister Haupt sprach gar von einer "Verhöhnung" der Geschädigten. Vergleichsgespräche sollen aber weitergeführt werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Salzburger Sparkasse zu tauglichen Angeboten durchringen kann.
Der Gesamtstreitwert für alle Klagen am LG Salzburg beträgt rund 60 Mio. Euro. Ein derart hoher Streitwert bedingt - für beide Seiten - ein exorbitantes Prozesskosten-Risiko. Bei 180 Verhandlungstagen geht das Gericht von einem beinahe unglaublichen Gesamtkostenrisiko von rund 78.000.000,00 Euro aus.
Rund 2300 Geschädigte haben Ihre Ansprüche dem VKI abgetreten. Der VKI hat - im Auftrag des BMSG - diese Ansprüche in Form von "Sammelklagen nach österreichischem Recht" (Klagenhäufungen nach § 227 ZPO) gegen die Salzburger Sparkasse geltend gemacht. Das Prozesskostenrisiko wird vom österreichischen Prozesskostenfinanzierer AdvoFin - gegen eine Erfolgsbeteiligung von 37 Prozent - abgesichert.
Rund 700 Geschädigte klagen Ihre Ansprüche mit Unterstützung und Finanzierung aus Versicherungsverträgen mit Rechtsschutzversicherungen ein.
Insbesondere wird auch jene erste Klage, die als "Musterprozess" im Jänner 2004 anhängig gemacht wurde, ausschließlich von den österreichischen Rechtsschutzversicherern finanziert.
Rund 200 Geschädigte klagen auf eigenes Risiko.
Die Klägergemeinschaft hat dem Gericht und der Sparkasse vorgeschlagen, einige ausgewählte Fälle in Form eines "Musterprozesses" durch alle Instanzen zu führen und hinsichtlich aller anderen - gleichen oder ähnlichen - Ansprüche zunächst zuzuwarten. Das würde zum einen die Arbeit des Gerichtes erleichtern, weil zunächst - anhand von Musterfällen - die Ansprüche der Kläger und Einwendungen der Gegenseite dem Grunde nach geklärt werden können. Zum anderen würde es für beide Streitparteien das Kostenrisiko deutlich senken, ohne die Chancen auf Durchsetzung der Standpunkte zu verschlechtern.
Das Gericht hat dazu folgende Berechnungen dargelegt: Während ohne Beschränkung auf Musterprozesse alleine ein Tag Verhandlung rund 436.000 Euro an Anwaltskosten verursachen würde, würden die Anwaltskosten im Fall der Führung einiger Musterprozesse auf rund 28.000 Euro pro Verhandlungstag absinken. Das wäre wohl ausreichend Honorar, um komplizierte und grundlegende Sach- und Rechtsfragen zu klären.
Daher hat die Klägergemeinschaft der Sparkasse Salzburg wiederholt angeboten, alle anderen Verfahren - außer dem Musterprozess - ruhen zu lassen. Voraussetzung dafür ist freilich, dass die Sparkasse Salzburg ihrerseits darauf verzichtet, wegen des Ruhens Verjährung einzuwenden.